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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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anzulegen.»
    «Sie sind ja äußerst hilfsbereit!», murmelte sie. «Sagen Sie bloß, dass Sie auch vor ihm Angst haben.»
    «Ich hab keine Angst vor ihm, Himmel nochmal!» Hoffman hatte diese besondere Gabe arabischer Frauen vergessen, ihre Fähigkeit, Männer so weit zu provozieren, bis sie taten, was die Frauen von ihnen wollten. Es war ein empörender Trick, aber er funktionierte gewöhnlich, vor allem wenn die fraglichen Männer mit ihnen ins Bett wollten. «Entschuldigen Sie mich einen Moment», sagte er.
    Er ging ins Schlafzimmer und holte sich eine neue Packung Zigaretten, zündete sich eine an, nahm einen Zug, blies den Rauch langsam aus und drückte sie dann aus. Als er zurückkam, hockte Lina erwartungsvoll auf dem Rand der Couch. «Lassen Sie uns zur Polizei gehen, Sam», sagte sie. «Jetzt.»
    «Schön. Womit?»
    «Sie können denen den Brief von Oscar Trading zeigen. Und Sie können ihnen das von der Zwölf-Millionen-Dollar-Überweisung erzählen.»
    «Aber das beweist nichts. Das ist nichts Illegales, Geld an Strohfirmen zu überweisen. Das geschieht jeden Tag. Was würden wir der Polizei dann erzählen?»
    Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden und vorwurfsvollen Blick. Sie war eine Frau in Not, die zu ihm kam, weil sie seine Hilfe brauchte, und er hielt ihr Vorträge über Details. «Sie sind der Mann», sagte sie verschmitzt. «Sie sollten wissen, was zu tun ist.»
    Hoffman lächelte und schüttelte den Kopf. «Lina, hören Sie zu. Um bei der Polizei irgendwas zu bewirken, werden wir Beweise brauchen. Wir müssen beweisen, dass Hammud ein Verbrechen begangen hat. Beweisen, dass er Geld versteckt oder Steuern hinterzieht oder irgendwas. Sonst sagen die uns einfach, dass wir uns verpissen sollen. Und die einzige Person, die diese Beweise beschaffen kann, sind Sie. Es tut mir leid, aber das ist die Wahrheit.»
    Lina dachte lange nach. Die praktischen Probleme der Informationsbeschaffung hatte sie noch nicht bedacht. «Wie könnte ich das anstellen? An die Beweise rankommen, meine ich.»
    «Sie müssten sie aus dem Computer rausholen.»
    «Aber ich habe keinen Zugang mehr zum Netz. Sie haben mir die Berechtigung zur Systemverwaltung entzogen. Es gibt für mich keine Möglichkeit mehr hineinzukommen. Es sei denn, ich kann eine Backdoor finden.»
    «Was ist eine Backdoor?»
    «Eine Art Hintertür im Sicherheitssystem. Normalerweise haben Techniker irgendeine Möglichkeit, an alle Dateien ranzukommen, falls das Programm abstürzt oder Leute ihr Passwort vergessen. Ich hatte immer zu viel Angst, bei Coyote nach einer zu suchen.»
    Sie gestikulierte mit den Händen, während sie die Backdoor beschrieb. Während sie redete, betrachtete Hoffman ihre schlanken Finger. Er wusste, die einzige Chance, sie wiederzusehen, wäre, wenn er sich bereit erklärte, mit ihr zusammenzuarbeiten. «Und was meinen Sie?», fragte er. «Können Sie das System knacken?»
    «Ich glaube schon», sagte sie. «Wenn ich herausbekommen kann, wie ich reinkomme, ohne erwischt zu werden.» Hoffman nickte. Er ging zum Fenster. Eine Schlange schwarzer Taxis bewegte sich langsam die North Audley Street hinauf. Er betrachtete sie, während er sich überlegte, was er noch sagen könnte. Sie berührte seinen Arm und hielt ihn fest. Es war der denkbar sanfteste und am wenigsten sexuelle Kontakt zwischen zwei Körpern, aber er veränderte auf subtile Weise den Ton ihrer Unterhaltung.
    «Und Sie helfen mir, Sam, wenn ich’s mache?»
    Hoffman nickte. Er konnte sich schließlich nicht gut weigern, ihr zu helfen, nur weil er sie anziehend fand. «Ja», sagte er sanft. «Natürlich helfe ich Ihnen.»
    Die Anspannung und das Stürmische waren aus ihrem Gesicht gewichen. Jetzt war einfach nur noch ein Ausdruck der Erleichterung zu sehen, als sei es ihr gerade gelungen, ein schweres Paket aus ihren Armen in die eines anderen zu legen. Sie berührte seine Wange. «Danke», sagte sie.
    Als er ihre Hand an seinem Gesicht spürte, wollte Hoffman sie in die Arme nehmen und sie den kurzen Weg ins Schlafzimmer führen. Aber sie war jetzt gewissermaßen seine Klientin. Er überlegte sich, was er sagen sollte. «Seien Sie vorsichtig», flüsterte er.
    Aber sie lächelte bloß. Dies war kein Tag zum Vorsichtigsein. «Ich muss jetzt gehen», sagte sie. Als sie zur Tür hinausging, warf sie Hoffman eine Kusshand zu. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er zu wissen, auf was sie beide zusteuerten, und fand, dass es alles einen Sinn ergab.

15
    Am nächsten

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