Blutgeld
Rede inzwischen beendet und wartete darauf, dass Hoffman irgendwas sagte.
«Sie wollen mir helfen?», fragte er, wobei er sie immer noch anstarrte.
«Ja. Ich möchte Ihnen helfen, genug Informationen über Mr. Hammud zu sammeln, damit Sie zur Polizei gehen können und endlich irgendwas gegen ihn unternommen wird.»
«Aber er ist gefährlich, wie Sie selbst gesagt haben.»
«Natürlich. Darum geht’s doch, oder? Man darf nicht zulassen, dass er so weitermacht.»
«Richtig. Aber Sie müssen nicht unbedingt diejenige sein, die den Abzug drückt. Ehrlich gesagt, es macht mich nervös, dass Sie überhaupt hier sind. Es könnte uns jemand beobachten.»
«Aber ich will Ihnen helfen, Mr. Hoffman. Verstehen Sie? Sie zwingen mich nicht, das zu tun. Ich will es selbst.»
«Das ist völlig unmöglich, es sei denn, Sie hören endlich auf, mich Mr. Hoffman zu nennen. Ich heiße Sam. So, vielleicht sollten Sie mir zuerst einmal erklären, was in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert ist.»
«Ja, in Ordnung.» Sie holte tief Luft. «Es ist Folgendes passiert: Mr. Hammud hat sich heute Morgen sehr viel Mühe gegeben, mir Angst zu machen, aber der Schuss ist nach hinten losgegangen. Es hat mich nur wütend gemacht. Ich habe es satt, mich ständig zu ducken; ich will mich endlich wehren: Deswegen bin ich zu Ihnen gekommen.»
Hoffman schloss für einen Moment die Augen, um über das, was sie gerade gesagt hatte, nachzudenken, aber er musste zugeben, dass er immer noch nichts verstand. «Versuchen wir’s nochmal. Was hat Hammud heute Morgen genau gesagt, um Ihnen Angst zu machen?»
«Mehrere Sachen. Zuerst hat er gesagt, ich sei befördert worden und ab sofort Chefin der Werbeabteilung, aber tatsächlich hat er mich aus der Buchhaltung entfernt, damit ich keinen Zugang mehr zu den geheimen Informationen habe. Dann hat er mich davor gewarnt, die Firma zu verlassen, und mir die Geschichte von jemandem aufgetischt, der hässliche Dinge über den Irak geschrieben hat und auf schreckliche Art und Weise umgebracht worden ist, und dass er seine Feinde hier in London genauso vernichten würde. Er meinte, dass illoyales Verhalten von jemandem wie mir – einer Irakerin – unverzeihlich sei. Und schließlich hat er mir gesagt, dass meine Tante in Bagdad vom Geheimdienst umgebracht worden ist, weil sie mir Briefe geschrieben hat.»
«Und da sind Sie wütend geworden?»
«Ja. Aber es hatte sich schon seit einiger Zeit in mir aufgestaut. Ich kann nicht ständig wegrennen. Ich muss irgendwas unternehmen.»
«Warum kündigen Sie nicht einfach?» Das schien für Hoffman das Naheliegendste zu sein.
«Weil das zu riskant ist, zumindest im Moment. Sie haben doch gesehen, was er mit Mr. Pinta gemacht hat. Wenn Sie die Polizei dazu bringen können, gegen Hammud vorzugehen, dann werde ich kündigen. Wenn ich jetzt gehe, wird er Jagd auf mich machen.»
«Wieso? Ich meine, wieso sollte ihn das kratzen, wenn eine EDV -Spezialistin kündigt? Er kann eine neue einstellen.»
«Weil …», setzte sie an und stockte. Ihre Stimme war auf einmal so dünn und trocken wie ein Wüstenwind. «Weil ich zu viel weiß.»
Hoffman schloss die Augen. Er griff in die Brusttasche seines T-Shirts nach einer Zigarette, aber die Packung war leer. Er öffnete wieder die Augen und sah sie an. «Wie viel wissen Sie? Ich glaube, Sie haben mir noch gar nicht erzählt, was genau Sie bei Coyote Investment machen.»
Lina blickte zur Decke über ihr, als suche sie nach versteckten Abhörgeräten. «Kann man hier reden?»
«Hier so gut wie überall.»
«Okay. Ich war Systemadministratorin. Bis heute. Ich habe alle Vorgänge der Buchhaltungsabteilung geprüft.»
«Sie hatten zu allem Zugang?» Er klopfte seine Tasche wieder nach einer Zigarette ab.
«Ja und nein. Ich hatte eine Vollmacht für das gesamte Netzwerk, aber ich hatte die Anweisung, unter keinen Umständen Mr. Hammuds persönliche Dateien einzusehen. Die denken, ich habe die Anweisung missachtet und herumgeschnüffelt. Deswegen sind sie so sauer.»
«Und, haben Sie herumgeschnüffelt?»
«Nein, ich habe einmal aus Versehen einen Blick in Mr. Hammuds Benutzerbereich geworfen. Aber ich habe im Verlauf der letzten drei Jahre genug gesehen, um zu wissen, worum es bei diesem Unternehmen eigentlich geht.»
«Und, worum geht es?»
«Um das Waschen von Geld. Es kam aus Quellen, die mir immer verborgen blieben. Es ist in verschiedenen Anlagen und Joint Ventures investiert worden, die legal aussehen
Weitere Kostenlose Bücher