Blutgesang (Nighthunter 2) Ein Vampir-Roman (German Edition)
Krawatten, einige Leder und nur wenige Jeans und T-Shirts. Ihre Gesichter waren hell, viele trugen Sonnenbrillen, Ray Bean, Dior oder Cavalli, manche waren weißhaarig, andere kahlköpfig. Man hätte meinen können, mitten in eine Aufsichtsratsitzung geplatzt zu sein. Eine Sitzung von Menschen mit Augenproblemen. Gepflegte Männer, in einem abgezirkelten Halbreis hinter Morgos Daargon, der komplett in Schwarz gekleidet war, inklusive langem Mantel und schwarzer runder Brille. Sein schmales Gesicht wirkte edel und seine Haare hatte er zu einem Zopf gebunden, sodass er fast wie eine größere sportlichere Ausgabe des Modeschöpfers Lagerfeld aussah. Zwei, nein drei Frauen gab es auch, sie alle wirkten sportlich und unauffällig.
Neonröhren beleuchteten die Szenerie nur ungenügend und über den Boden wallte Nebel, als habe ein Special Effects-Spezialist eine Trockeneismaschine eingesetzt.
Die Vampire warfen lange Schatten, die wie in einer Fritz Lang-Verfilmung an den Holzwänden hochragten und sich über sie zu beugen schienen.
Inszeniert!
Ein anderes Wort fiel Caroline dazu nicht ein und erschrocken wurde sie gewahr, dass Frederic der Einzige in der Halle war, der nicht nur wie ein Vampir aussah, sondern sich auch, wie einer verhielt.
Nosferatu
Armand
Dragul
… Frederic!
Daargon machte eine sanfte Handbewegung und winkte Caroline und Frederic näher. Der Vampir neben ihr bewegte sich geschmeidig und vorsichtig. Caroline kannte das, doch noch nie hatte sie ihren Liebsten in einer so angespannten Verfassung erlebt. Frederic Densmore war jederzeit bereit, zu töten, und das zeigte er auch, er war wie der Pfeil auf einer gespannten Sehne und würde dem ersten angreifenden Vampir den Kopf abreißen, bevor dieser es auch nur erahnte.
»Ich wundere mich, dass du die Menschenfrau mitbringst, Frederic Densmore. Man sagt zwar, sie sei eine ausgezeichnete Kämpferin, aber gegen unsere geballte Macht hat sie keine Chance und läuft in ihren sicheren Tod«, sagte Daargon mit leiser angenehmer Stimme. »Wo sind die Eltern von Maurice? Ohne sie werden wir nur halb so viel Spaß haben.«
Die Männer und Frauen hinter ihm standen reglos.
Frederic sagte: »Du gibst mir Maurice und wir lassen euch laufen.«
»Tapfer, verdammt tapfer«, sagte Daargon. »Zwei gegen fünfzig. Alles nur wegen dieses Kerls, der sich in die Hosen schiss, als die Bomben fielen.«
Maurice bewegte sich nicht. Er hielt seine Augen geschlossen und seine zusammengepressten Lippen zitterten.
»Maurice«, flüsterte Caroline. »Maurice, ich bin’s. Caro. Erinnerst du dich? An mich und an Moa und Dad? Und daran, wie wir …«
»Schweig!«, befahl Daargon. »Ich habe mich eine halbe Ewigkeit auf unser Wiedersehen gefreut. Leider scheint die Voodoopriesterin, die mich verfluchte, heute ihren freien Tag zu haben, nicht wahr? Ich hätte ihr gerne die Kehle aufgerissen.«
»Warum hast du uns die Unsterblichkeit geschenkt, wenn …«, fragte Caroline und wurde harsch unterbrochen.
»Nicht ich schenkte sie euch, sondern der Fluch. Ihr habt ihn, ohne es zu wissen, von mir genommen, und diese Geste der Dankbarkeit hat euch bis heute überleben lassen. Das bedeutet nicht, dass wir Freunde sind und ich vergessen habe, was ihr mit mir versucht habt. Und was ihr mit eurer Zeit angestellt habt. Anstatt sie zu genießen, euch zu bereichern und in Saus und Braus zu leben, seid ihr durch die Welt gezogen und habt uns Vampire gejagt und getötet.«
Unruhe kam auf.
Die Vampire bewegten sich.
Sie murrten und die Spannungen im Raum verstärkten sich.
Caroline argwöhnte, dass sie lediglich der Ouvertüre zu einem monströseren Akt beiwohnte.
Daargon sagte: »Nun ist es so weit. Wir stehen kurz davor, ein für alle Mal die Macht zu übernehmen und Maurice sorgte dafür, dass ihr unsere Gäste seid. Die berühmten Nachtjäger. Vier Leute, darunter ein Bruder, ein elender Verräter. Da, wo wir beginnen, werdet ihr enden.«
Hinter Caroline und Frederic öffnete sich die Tür zur Lagerhalle und zwei Schatten wurden hineingestoßen. Sie fielen vornüber auf die Knie.
Es waren Ludwig und Lilou.
11
Maurice Lengton wurde am 22. Januar 1901 geboren. Es war der Todestag der britischen Queen Victoria, somit würde man seinen Geburtstag nie vergessen.
Er wuchs als Kind seiner Eltern Lilou DeSoussa und Ludwig Lengton auf. Dass seine Mutter schwarz war und einen französischen Nachnamen hatte, war für den kleinen Maurice so selbstverständlich, wie er stets zu essen
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