Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
hoch, durchquerte das winzige Büro und riss die Tür auf. Sie knallte gegen die Wand, sprengte eine Gipsscheibe heraus und kam nachfedernd zur Ruhe.
Meine Ohren dröhnten noch, als er Sekunden später den Kopf hereinsteckte. »Wo kann ich eins von diesen Aminosäuren-Mixgetränken finden, von denen man klüger wird?«
»Die funktionieren nicht«, sagte ich.
»Vielen Dank für deinen Beitrag.«
30
Die Eingangstür von Erica Weiss’ Anwaltskanzlei war aus brasilianischem Rosenholz, das für Gitarrenrücken hätte verwendet werden sollen. Sechsundzwanzig Partner waren in feinen Zinnbuchstaben aufgelistet. Weiss stand ziemlich weit oben.
Sie ließ mich zwanzig Minuten warten, kam aber persönlich heraus, um mich zu begrüßen. Ende dreißig, silberhaarig, eine klassische Schönheit in anthrazitfarbenem Armani und Korallenschmuck.
»Das mit der Verspätung tut mir leid, Doktor. Ich war bereit, zu Ihnen zu kommen.«
»Kein Problem.«
»Kaffee?«
»Schwarz wäre schön.«
»Plätzchen? Einer unserer Rechtsassistenten hat heute Morgen ein paar mit Schokoladenstreuseln hingezaubert. Cliff ist ein toller Konditor.«
»Nein danke.«
»Schwarzer Kaffee kommt sofort.« Sie überquerte eine Fläche mit weichem, marineblauem Teppichboden bis zu einem Eingangsbereich aus Hartholz. Ihr Abgang war ein Kastagnettensolo von Bleistiftabsätzen.
Ihr Büro war ein heller, kühler Eckraum im siebten Stock eines Hochhauses am Wilshire Boulevard, direkt östlich der Rossmore in Hancock Park. Mit grauem Filz bespannte Wände, neue Art-déco-Möbel aus Macassar-Ebenholz, ein Sessel aus Chrom und schwarzem Leder, der optisch zu ihrem Computermonitor passte. Examensurkunde von Stanford an einer Stelle, wo sie nicht übersehen werden konnte.
Um einen sargförmigen Konferenztisch aus Rosenholz waren vier schwarze Clubsessel auf Rädern gestellt worden. Ich nahm den am Kopfende. Vielleicht war er für Erica Weiss bestimmt; das konnte sie mir gegebenenfalls sagen.
Eine Wand aus Glas im Osten präsentierte einen Blick auf Koreatown und den Glanz der Innenstadt in der Ferne. Im Westen - und daher nicht zu sehen - lag Nora Dowds Haus am McCadden.
Weiss kehrte mit einem blauen Becher zurück, der den Namen und das Logo der Kanzlei in Blattgold trug. Das Emblem war ein Helm über einem Kranz, der mit einem lateinischen Text gefüllt war. Irgendetwas über Ehre und Loyalität. Der Kaffee war stark und bitter.
Sie musterte kurz den Sessel, in dem ich Platz genommen hatte, und ließ sich ohne Kommentar zu meiner Rechten nieder. Eine Filipina, die die Stenographiermaschine eines Gerichtsschreibers trug, betrat den Raum, gefolgt von einem jungen Mann mit einem Igelschnitt in einem locker sitzenden grünen Anzug, den Weiss als Cliff vorstellte. »Er wird Ihren Eid bezeugen. Sind Sie bereit, Dr. Delaware?«
»Klar.«
Sie setzte eine Lesebrille auf und las in einer Akte, während ich Kaffee trank. Dann wurde die Brille abgenommen, ihr Gesicht wurde angespannt, und das Blau in ihren Augen wurde zu Stahl.
»Zuallererst«, sagte sie, und der Unterschied in ihrer Stimme veranlasste mich, meinen Becher abzustellen. Sie konzentrierte sich auf einen Punkt oben auf meinem Kopf, als ob dort irgendetwas Merkwürdiges gewachsen wäre. Sie zeigte mit dem Finger auf mich und verwandelte »Doktor« in etwas Abstoßendes.
In der nächsten halben Stunde blockte ich Fragen ab, die alle in einem scharfen Ton und triefend vor Unterstellungen vorgebracht wurden. Dutzende Fragen, von denen viele Patrick Hausers Standpunkt einnahmen. Ohne Pause; Erica Weiss schien in der Lage zu sein, zu sprechen, ohne Luft zu holen.
Genauso plötzlich sagte sie: »Das war’s.« Mit einem breiten Lächeln. »Tut mir leid, wenn ich etwas kurz angebunden war, Dr. Delaware, aber ich betrachte Zeugenaussagen unter Eid als Probe, und ich ziehe es vor, wenn meine Zeugen auf den Prozess vorbereitet sind.«
»Glauben Sie, dass es dazu kommt?«
»Ich würde dagegen wetten, aber ich wette nicht mehr.« Sie zog eine Manschette zurück und musterte eine mit Saphiren besetzte Lady Rolex. »Sie sind in jedem Fall bereit. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich habe einen Termin.«
Eine Fahrt von zehn Minuten bis zum McCadden Place.
Immer noch kein Range Rover, aber die Zufahrt war nicht leer. Ein babyblaues Cadillac-Cabriolet Baujahr 1959 von der Größe einer Jacht belegte den Platz mit Beschlag. Glänzende Räder mit Sportfelgen, das weiße Verdeck zurückgeschlagen,
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