Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Bruder.«
Marcia Peaty seufzte. »Es ist kompliziert.«
»Wir haben Zeit.«
39
»Wie ich schon sagte, ich stamme von Abschaum ab«, sagte Marcia Peaty. »Das ist keine Schande, mein Vater, Dr. James Peaty, hat sich aus eigener Kraft hochgearbeitet, was ihm umso mehr zur Ehre gereicht.«
»Im Gegensatz zu seinem Bruder«, sagte ich.
»Zu seinen Brüdern, Plural«, erwiderte sie. »Und einer Schwester. Reyns Dad, Roald, war der Jüngste, sein ganzes Leben immer mal wieder im Gefängnis und hat sich später erschossen. Nach ihm kam Millard, und zwischen ihm und meinem Dad lag Bernadine. Sie starb, nachdem sie eingesperrt worden war.«
»Weswegen eingesperrt?«, fragte Milo.
»Wegen alkoholinduzierter Verrücktheit. Sie war eine gut aussehende Frau, aber sie hat ihr Aussehen nicht auf die beste Weise eingesetzt.« Sie schob ihren Teller von sich. »Ich weiß das alles von meiner Mutter, die Dads Familie hasste, also hat sie vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber im Großen und Ganzen traf wohl zu, was sie sagte, weil Dad es nie abgestritten hat. Mom hat mir Bernadine immer als warnendes Beispiel vorgehalten - mach es nicht so wie dieses ›unmoralische Frauenzimmer‹.«
»Was hat Bernadine gemacht?«, fragte Milo.
»Sie ist mit siebzehn von zu Hause weg und mit einer Freundin, einem anderen wilden Mädchen namens Amelia Stultz, nach Oceanside gegangen. Die beiden haben sich an Matrosen abgearbeitet und Gott weiß an wem noch. Bernadine wurde von einem Typen auf Landurlaub geschwängert, den sie nie wiedersah. Das Baby war ein Junge.«
»Brad«, sagte ich.
Sie nickte. »So kam Brad auf diese Welt. Als Bernadine in die Anstalt gesteckt wurde, war er drei oder vier und wurde nach Kalifornien geschickt, um bei Amelia Stultz zu leben, der es viel besser ergangen war - sie hatte einen Captain der Navy geheiratet, der aus einer reichen Familie stammte.«
Milo sagte: »Amelia war ein unmoralisches Frauenzimmer, hat aber ein fremdes Kind aufgezogen?«
»Meine Mutter hat es mir so erzählt, dass mein Onkel Millard sie erpresst hat, wenn sie ›den Balg nicht nähme‹, würde er ihren reichen Mann über ihre Vergangenheit aufklären.«
»Ein hinterhältiger Bursche, Ihr Onkel«, sagte ich. »Hat er auch für sich was dabei rausgeschlagen?«
»Vielleicht hat Geld den Besitzer gewechselt, ich weiß es nicht.« Marcia Peaty runzelte die Stirn. »Ich bin mir bewusst, dass mein Vater bei dieser Geschichte völlig außen vor bleibt. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob Dad so berechnend hätte sein können.« In ihrer Wange zuckte ein Muskel. »Selbst wenn er Brad hätte helfen wollen, wäre meine Mutter auf keinen Fall damit einverstanden gewesen, ihn bei uns aufzunehmen.«
»Der reiche Captain war Bill Dowd junior.«
»Hancock Park«, sagte sie. »Oberflächlich betrachtet hatte Brad Schwein gehabt. Das Problem war, dass Amelia kein Interesse daran hatte, ihre eigenen Kinder großzuziehen, geschweige denn eines, das man ihr aufgezwungen hatte. Sie hatte sich immer für eine Tänzerin und eine Schauspielerin gehalten. Eine Künstlerin nannte es Mom. Was so viel hieß wie: eine Stripperin in einem dieser Clubs in Tijuana und vielleicht Schlimmeres.«
»Wie hat Amelia sich Captain Dowd geschnappt?«
»Sie sah toll aus«, sagte Marcia Peaty. »Eine blonde Sexbombe, als sie jung war. Vielleicht war es wie in diesem Country-Song, dass Männer Frauen gut finden, die ein bisschen billig sind.«
Oder Familientradition. Albert Beamish hatte gesagt, dass Billy Dowd junior eine »Frau ohne Klasse« geheiratet hätte, ganz wie seine Mutter.
»Amelia nahm Brad in die Familie auf, hat ihn aber nicht großgezogen?«, fragte Milo. »Reden wir von Misshandlung oder Vernachlässigung?«
»Von Misshandlung habe ich nie etwas gehört, es war eher so, dass sie ihn völlig ignoriert hat. Aber das machte sie auch mit ihren eigenen Kindern. Von denen beide Probleme hatten. Haben Sie Nora und Billy Nummer drei kennen gelernt?«
»Jep.«
»Ich hab sie nicht mehr gesehen, seit wir Kinder waren. Wie sind sie jetzt?«
Milo ignorierte die Frage. »Wie kam es dazu, dass Sie sie als Kinder gesehen haben?«
»Dad muss ein schlechtes Gewissen gehabt haben, weil er versuchte, Kontakt mit Brad aufzunehmen, als ich etwa fünf war. Wir fuhren nach L.A. und besuchten sie. Amelia Dowd mochte meinen Dad und fing an, uns zu Geburtstagspartys einzuladen. Mom hat sich darüber aufgeregt, aber in ihrem tiefsten Innern hatte sie nichts dagegen,
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