Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
zu einer feinen Feier in einem großen Haus zu gehen. Sie hat mich allerdings vor Billy Nummer drei gewarnt. Sie sagte, er sei zurückgeblieben, man müsse damit rechnen, dass er sich nicht unter Kontrolle hat.«
»Hat er sich je beängstigend benommen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er machte nur einen stillen und schüchternen Eindruck. Er war offensichtlich nicht normal, aber er hat mich nie belästigt. Nora war meistens irgendwie weggetreten, sie lief herum und führte Selbstgespräche. Mom sagte: ›Sieh dir Amelia an, sie hat reich geheiratet und führt das süße Leben, aber ihre Kinder sind geistesgestört.‹ Ich möchte nicht, dass es so klingt, als wäre Mom eine unausstehliche Person, sie hatte nur nichts für Dads Verwandte und diejenigen übrig, die mit ihnen zu tun hatten. Sein ganzes Leben hat Onkel Millard nichts gemacht, als Geld von uns zu schnorren, und mit Roald war es auch kein Zuckerschlecken, bevor er starb. Außerdem war es immer mit einem Kompliment für mich verbunden, wenn Mom so redete. ›Geld ist nichts, mein Schatz. Deine Kinder sind dein wahres Erbe, und deshalb bin ich eine wohlhabende Frau.‹«
»Können wir mit Ihrer Mom sprechen?«, fragte Milo.
»Sie ist gestorben. Vor vier Jahren, an Krebs. Sie war eine der Ladys, die man an den Münzautomaten sieht. Im Rollstuhl sitzend, rauchend und Fünf-Cent-Stücke einwerfend.«
»Brad führt den Namen Dowd«, sagte ich. »Ist er förmlich adoptiert worden?«
»Weiß ich nicht. Vielleicht hat Amelia ihn den Namen benutzen lassen, um unangenehme Fragen zu vermeiden.«
»Oder sie war keine solche Hexe«, sagte Milo.
»Kann sein«, erwiderte Marcia Peaty. »Mom konnte intolerant sein.«
»Captain Dowd hatte nichts gegen ein anderes Kind?«, fragte ich.
»Captain Dowd war kein wirklich harter Bursche. Ganz im Gegenteil. Alles, was Amelia haben wollte, hat sie bekommen.«
»Hat Ihre Mutter irgendetwas davon gesagt, was in psychologischer Hinsicht von Brad zu halten war?«
»Ihr Name für ihn war ›der Unruhestifter‹, und sie hat mich auch vor ihm gewarnt. Sie hat gesagt, im Gegensatz zu Billy wäre er schlau, aber immer am Lügen und Stehlen. Amelia schickte ihn mehrere Male in Internate und auf Militärakademien.«
Persimonen und mehr. Albert Beamish hatte Brads Verhalten richtig eingeschätzt, aber die Herkunft des Jungen hatte er nie aufgedeckt.
Villen, Country Clubs, gemietete Elefanten zu Geburtstagspartys. Eine Mutter, die in Wirklichkeit keine war. Die sich für eine Künstlerin hielt.
»Hat Amelia Dowd ihr Interesse am Theater irgendwie umgeleitet?«, fragte ich.
»Was meinen Sie damit?«
»All diese Darsteller-Träume, die nicht in die Tat umgesetzt wurden. Manchmal leben Eltern durch ihre Kinder.«
»Ob sie eine Mom war, die an Bühneneingängen rumlungerte? Brad hat mir erzählt, sie hätte versucht, die Kinder im Fernsehen unterzubringen. Als Gruppe - Gesang mit Tanzeinlagen. Er sagte, er könne eine Melodie halten, aber die anderen wären nicht in der Lage, Tonhöhen zu unterscheiden.«
Die mit Fotos bedeckte Wand des PlayHouse erschien vor meinem geistigen Auge. Unter den berühmten Gesichtern war eine Band gewesen, die ich nicht kannte.
Ein Quartett von Jugendlichen mit Mopp-Frisuren … die Kolor Krew. »Wie hieß die Gruppe?«
»Hat er nie gesagt.«
»Wann hat das alles stattgefunden?«
»Mal sehen … Brad war etwa vierzehn, als er mir davon erzählte, also muss es ziemlich genau um diese Zeit gewesen sein. Er lachte darüber, aber er klang bitter. Er hat gesagt, Amelia habe sie zu Talentsuchern geschleppt, habe Fototermine für sie organisiert und ihnen Gitarren und Trommeln gekauft, die sie nie spielen gelernt hätten, habe sie Gesangsstunden nehmen lassen, die sinnlos gewesen seien. Selbst davor hätte sie versucht, Nora und Billy Nummer drei Auftritte als Schauspieler zu beschaffen.«
»Brad nicht?«
»Er hat mir erzählt, Amelia hätte ihn nur in die Band aufgenommen, weil die anderen zwei hoffnungslose Fälle gewesen wären.«
»Hat er sie so genannt?«, fragte ich. »Amelia?«
Sie dachte nach. »Ich habe nie gehört, dass er sie ›Mom‹ nannte.«
»Hatten Nora und Billy jeder für sich irgendeinen Erfolg?«
»Ich glaube, Nora hat ein paar lächerliche Jobs als Model bekommen, Kaufhauskram, Kinderklamotten. Bill Nummer drei hat nichts bekommen. Er war nicht schlau genug.«
»Brad hat Ihnen das alles erzählt«, sagte Milo. »Haben Sie sich oft mit ihm unterhalten?«
»Nur während
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