Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutheide

Blutheide

Titel: Blutheide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.Hanke und C. Kröger
Vom Netzwerk:
festgebissen, aber sie wusste nicht, ob sie vielleicht voreilige Schlüsse zog. Auf jeden Fall musste sie mit Ben darüber sprechen. So schnell wie möglich!
16.53 Uhr
    Bene sah auf seine Uhr. Wenn er pünktlich um 17.00 Uhr seine Abendschicht antreten wollte, musste er sich beeilen. Er setzte sich in Bewegung und lief die wenigen Ecken zum Hotel Heideglanz im Laufschritt. Hier und da kamen ihm schlendernde Passanten entgegen, denen er geschickt auswich. Kurz vor dem Hotel verlangsamte er sein Tempo wieder. Er hatte keine Lust, dass ihn zufällig einer der anderen Hotelangestellten oder gar der Direktor so abgehetzt ankommen sah – nach wie vor war es Bene sehr wichtig, sich einen zuverlässigen Ruf bei seinem neuen Arbeitgeber aufzubauen, und Pünktlichkeit und damit verbunden die weise Voraussicht, rechtzeitig von zu Hause loszugehen, gehörten für ihn dazu. Nur an der konsequenten Umsetzung musste er wohl noch etwas arbeiten. Vor dem Eingang des Hotels wurde Bene aber doch wieder nervös: Eine ältere Frau, die trotz des Wetters ein Kopftuch trug, mühte sich mit ihrem mächtigen Koffer ab und versperrte ihm den Hoteleingang. Als sie Bene Hilfe suchend ansah, blitzte etwas in ihren Augen auf, sie sagte jedoch nichts. Ihrer Kleidung nach sah sie zwar nicht wie ein typischer Hotelgast aus, doch sie wollte zweifelsfrei hinein. Da der Portier weit und breit nicht zu sehen war, nahm Bene kurz entschlossen die Sache selbst in die Hand. Mit einem großen Schritt war er bei der Frau, hob den Koffer an, der so schwer war, als ob sie ihr ganzes Hab und Gut darin verstaut hätte, und marschierte mit einem Seufzer ins Foyer. Die Frau folgte ihm mit gesenktem Kopf und murmelte etwas wie: »Danke. Solche Menschen findet man selten.«
    Bene hörte kaum hin. Er hatte es eilig. Schnell ging er mitsamt dem Koffer an die Rezeption und stellte ihn dort ab. Als er mit einem zu der Frau gewandten kurzen Nicken an seinen Bartresen verschwinden wollte, hielt ihn die Kollegin vom Empfang mit den Worten »Wart mal kurz« auf. Sie beugte sich nach unten und hievte ein großes Paket hervor.
    »Hier, das ist gerade für dich abgegeben worden«, gab sie etwas mürrisch von sich, musterte ihn leicht provozierend und setzte hinzu: »Ist übrigens nicht üblich, dass wir für euch irgendwelche privaten Sendungen in Empfang nehmen, nur dass das gleich klar ist! Was ist denn da überhaupt drin? Hast du dir bei eBay ein neues Outfit ersteigert?«
    Bene nahm das Paket schweigend entgegen und verkniff sich einen bissigen Kommentar. Sah er vielleicht so aus, als würde er gebrauchte Klamotten von fremden Leuten bestellen? Egal, sollte die Tante vom Empfang denken, was sie wollte. Sie war sowieso nicht sein Typ. Er würde sich auch nicht provozieren lassen und vielleicht noch seinen Job riskieren. Diesmal nicht. Mit dem Paket im Arm ging er endlich an die Bar, verstaute es dort in einer Ecke, band sich seine lange, dunkelrote Schürze um, checkte den Bestand und traf die üblichen Vorbereitungen. Die ersten zwei Stunden hatte er heute allein Dienst, aber zurzeit war die Bar gähnend leer. Vermutlich würden sich die ersten Gäste bei dem herrlichen Wetter erst in einer Stunde, pünktlich zur Happy Hour, einfinden.

    Bene nutzte die Zeit, um das Paket zu öffnen, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, was darin sein konnte. Zu seiner Verwunderung waren auch weder ein konkreter Absender noch eine Briefmarke auf dem Paket, es stand nur ›B. R.‹ drauf. Mehr nicht. ›B. R.‹ konnten auch die Initialen anderer sein, doch die Kollegin vom Empfang hatte ja deutlich gesagt, dass das Paket für ihn abgegeben worden war. Also dann … Bene riss das Packpapier ab und öffnete den großen Karton, der sich darunter verbarg. Zum Vorschein kam ein knallbunter Schulranzen – pink, mit vielen schnörkeligen Verzierungen. So einer, wie Bene ihn schon auf dem Rücken kleiner Mädchen gesehen hatte, wenn er in den letzten Tagen durch die Stadt gelaufen war. Aber wer, um Himmels willen, schickte ihm einen Schulranzen? Sollte das ein dummer Scherz sein? Bene war drauf und dran, das sperrige bunte Ding einfach draußen in die große Mülltonne zu schmeißen, als ihm auffiel, dass der Ranzen nicht neu, sondern gebraucht aussah. Er war noch gut in Schuss, aber an manchen Ecken war er abgestoßen, und ein paar Flecken waren auch drauf. Vielleicht lag hier einfach eine Verwechslung vor, und das Paket war für eine ganz andere Person bestimmt. Leicht genervt öffnete

Weitere Kostenlose Bücher