Blutheide
als der Kollege ihn sah. »Gut geschlafen?«
»Na ja, geht so, ehrlich gesagt, zu wenig.« Tobis Antwort kam spontan und locker, Ben hatte nicht das Gefühl, dass er etwas verheimlichte.
»Tobi hör zu – unser poetischer Psychopath hat gestern Nacht erneut zugeschlagen, wir haben eine weitere Leiche«, kam Ben nun direkt aufs Thema zu sprechen. »Im Hotel Heideglanz, und diesmal direkt dort, in einem der Zimmer.«
»Was? Letzte Nacht? Bei … ich meine … im Hotel Heideglanz?« Tobi wirkte förmlich geschockt. Persönlich erschrocken. »Und wer ist das Opfer? Doch nicht jemand von den Angestellten, oder?«
Tobis Blick kam Ben merkwürdig vor. Ängstlich irgendwie.
»Nein. Es war ein Hotelgast. Eine alte Frau, Paulina Petersen, das haben die Kollegen bereits heute Nacht gecheckt. Sie wohnte hier in Lüneburg in einer der Sozialbauten in Kaltenmoor, keine Angehörigen. Es scheint so, als habe ihr jemand eine Nacht im Heideglanz spendiert. Möglicherweise der Täter selbst. Das Zimmer wurde vorab per Kreditkarte übers Internet gebucht und bezahlt. Das hab’ ich selbst noch heut Nacht klären können. Falls es tatsächlich der Täter selbst war, nehme ich an, dass die Kreditkarte geklaut ist, das müssen wir aber erst noch klären. Auf jeden Fall muss der Kreditkartenbesitzer überprüft werden«, klärte Ben ihn auf. »Ich hab’ auch noch in der Nacht die Befragung der Hotelangestellten vorgenommen, die im Hotel anwesend waren. Einige wohnen dort ja auch. Von ihnen hat niemand etwas Ungewöhnliches bemerkt. Zwar scheinen sich alle möglichen Angestellten über Paulina Petersen gewundert zu haben, weil sie irgendwie kein typischer Heideglanz-Gast war, aber das ist es auch schon. Das Befragen des übrigen Personals und der Hotelgäste findet heute Morgen statt. Ich hab veranlasst, dass niemand abreisen darf, bevor wir ihn nicht überprüft haben. Dafür brauch ich allerdings erst noch die Genehmigung von Mausi. Wir benötigen dringend ein paar Leute, die die Befragung übernehmen, aber ich möchte niemanden von der Suche nach Laura abziehen.« Der Kommissar machte eine kleine Pause, dann sagte er in leiserem Ton: »Tobi, ich hab dich in der Nacht vor dem Hotel gesehen …«
Tobias sah erschrocken auf. »Chef, bitte, du glaubst doch nicht etwa …?«
»Ich glaube gar nichts, ich weiß nur, dass ich dich in der Nähe eines Tatorts gesehen habe, mitten in der Nacht, und dass ich dafür eine Erklärung erwarte.« Ben sah Tobi abwartend an.
»Ich … ich hab … ach, was soll’s: Ich hab da was mit einem Mädchen laufen, einem Mädchen aus dem Hotel. Jana Helm. Ich glaube, du kennst sie durch die Vernehmung wegen der Wasserleiche. Sie war es, die die Leiche entdeckt hat. Außerdem hast du sie bestimmt heute Nacht auch befragt.«
Tobi schaute betreten zu Boden, während er auf die Antwort seines Chefs wartete. Ben musste beinahe schmunzeln angesichts der ungewohnten Sprachlosigkeit seines sonst so schlagfertigen Kollegen, doch das war jetzt nicht angebracht. Aber er glaubte ihm, und es war ihm Erklärung genug.
»Ist okay, Tobi. Deine Privatgeschichten gehen mich nichts an. In diesem Fall hättest du es mir allerdings sagen sollen, da deine … Freundin – wenn auch nur als Zeugin – in einen laufenden Fall verwickelt ist. Dann hätten wir uns beide jetzt dieses unangenehme Gespräch ersparen können.« Ben versuchte, halbwegs streng zu gucken, merkte aber, dass seinem Gegenüber die Situation auch so schon unangenehm genug war.
»Ich weiß, Chef. Aber das mit Jana … na ja, das ist nichts wirklich Festes. Jedenfalls noch nicht, das ist ja ganz frisch, sozusagen. Und bei den ganzen Ereignissen in den letzten Tagen, da ist das irgendwie untergegangen.« Tobi sah seinen Chef nun wieder direkt an. »Sorry, kommt nicht wieder vor.«
»Okay, Tobi, damit ist das für mich im Prinzip vom Tisch. Allerdings muss ich dich dann jetzt trotzdem befragen. Das bedeutet nämlich, dass du zur Tatzeit im Hotel gewesen bist, und ich muss wissen, ob du irgendetwas beobachtet hast, was dir vielleicht heute Nacht gar nicht bewusst war, uns jetzt aber helfen könnte. Und Frau Helm wird auch noch einmal von mir hören. Sie hat mir nämlich, wenn ich mich richtig erinnere, aufgetischt, dass sie ruhig und selig in ihrem Bett geschlafen hat. Allein!«
»Klar, also ich meine, klar, dass du mich befragen musst. Aber da war nichts. Ich hab mich mit Jana getroffen, nachdem sie ihren Dienst in der Bar beendet hatte. Sie hat mir noch
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