Blutheide
verführerisches Liebesspiel mit der neuen Kollegin seines Zwillingsbruders, dem er sich gerade wieder etwas annäherte, gehörte da im Augenblick sicher nicht dazu. Auch wenn es verlockend war …
Bene klappte das Handy entschieden wieder zu, ohne eine Antwort auf die merkwürdige SMS zu schicken – darüber wollte er später nachdenken – und warf es in Richtung Sofa. Noch bevor es auf dem Kissen landete, klingelte es erneut. Bene verzog das Gesicht. Ihm stand auf einmal nicht mehr der Sinn nach Telefonieren. Erst einmal musste er sich wieder ordnen. Und außerdem, wenn es Katharina war, dann hatte er noch keine adäquate Antwort für sie parat, und im Zweifelsfall könnte es auch sein Chef sein, mit der Aufforderung, seinen Dienst früher anzutreten, worauf er erst recht keine Lust hatte. Und selbst wenn es Ben war, auch mit ihm wollte er jetzt doch nicht sprechen. Nicht im Moment. Gerade vor ein paar Minuten hatte er noch gewusst, was er hätte sagen wollen, doch auf einmal war sein Kopf wie leergefegt. Er würde das Gespräch einfach aufschieben. Nicht lange, aber er brauchte zumindest noch ein bisschen Bedenkzeit. Also beschloss er, erst gar nicht ranzugehen. Das Klingeln verstummte. Geht doch, dachte Bene und ging in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Während er mit einem Glas Wasser zurück ins Wohnzimmer kam, klingelte es erneut. Und diesmal hörte es nicht auf. Genervt griff er das Handy vom Sofa, um wenigstens nachzusehen, wer ihn da so dringend sprechen wollte. Es war Ben. Wenn man an den Teufel denkt, schoss es Bene durch den Kopf, fand sich dann aber ungerecht. Wenn hier einer der Teufel war, dann er. Okay, dann sollte es jetzt wohl so sein, auch wenn es ihm nicht in den Kram passte. Je eher daran, desto eher davon, dachte er und nahm das Gespräch an.
12.51 Uhr
Als Ben und Tobi wieder ins Büro zurückgekommen waren, hatte sich Bens Befürchtung bestätigt: Katharina war nicht dort. Auf der Fahrt vom Verlag zum Präsidium hatte er noch einmal die letzten Stunden Revue passieren lassen. Je länger er über Saalbach nachgedacht hatte, desto mehr war ihm klar geworden, wie genau Katharinas erarbeitetes Profil auf den Journalisten passte. Er hatte es vorhin im Verlagshaus noch nicht wahrhaben wollen. Saalbach war ein Mann, der durchaus als brutal zu bezeichnen war. Zumindest als Junge hatte es Rehder so empfunden. Er war einmal zufällig dazu gekommen, als Toffi unten an der Ilmenau einem lebenden Kaninchen voller Konzentration, ja, wenn Ben heute daran zurückdachte, mit einer Akribie, die ihresgleichen suchte, die Krallen einzeln gezogen hatte. Rehder stellten sich noch heute bei der Erinnerung daran die Nackenhaare hoch. Er hatte Toffi damals gemeinsam mit seinem Freund Alex verscheucht, nachdem er ihm das vor Angst und Schmerz starre Kaninchen abgenommen hatte. Obwohl sie das Tier gleich zum Arzt gebracht hatten, war ihm nicht mehr zu helfen gewesen. Später hatte Ben noch weitere Schauergeschichten von anderen gehört, die allesamt gemein hatten, dass Toffi mit Vergnügen Tiere quälte und dies geplant anging. Akribisch geplant hatte auch ihr Täter … Der Kommissar wusste aufgrund seiner Erfahrung, dass aus brutalen Kindern in der Regel brutale Erwachsene wurden, doch dies allein zeugte noch nicht für ihren Serientäter. Allerdings war Toffi auch im Alter des Mannes, den sie suchten. Katharina hatte das Alter zwischen 30 und 50 angesiedelt. Toffi lag etwa in der Mitte davon. Und Toffi war, wie im Täterprofil von der Kommissarin beschrieben, unscheinbar, war es immer schon gewesen. Wenn er sich nicht gerade aufgespielt hatte um im Mittelpunkt zu stehen – und das hatte er oft bereits als Schüler getan, hatte ihn niemand bemerkt. Auch heute noch nahm man den Journalisten nicht immer gleich wahr, wie Ben es an manchen Tatorten zu seinem häufigen Bedauern selbst erlebt hatte. Wie Katharina es über den Täter gesagt hatte, führte Cristofer Saalbach ein geregeltes Leben, war studiert, hatte einen guten Job, konnte aber aus diesem nicht hervorstechen, weil er es nie in die Liga der Top-Journalisten geschafft hatte. Was hatte Katharina noch gesagt? Ach ja, dass der Täter nichts dem Zufall überließ und mit diesem auch schlecht umgehen könnte. Konnte es sein, dass Katharina ihm ungewollt auf die Schliche gekommen war und Toffi dann Rot gesehen hatte? Wohin war er mit Katharina in seinem Auto gefahren? Um Informationen herauszurücken, hätte sich Toffi niemals solche Mühe gemacht,
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