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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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Karpaten geweht werden, zu uns, nach Transsylvanien.«
    Richard zeigte zu dem Bauwerk hoch. »Um nicht von jedem neuen Ansturm fortgeweht zu werden, erbauten die Menschen solche Festungen. Sie dienten als Klöster, als Lebensraum und als Kirchen. Sie dienten allen möglichen Orden als Zuflucht und Heimstätte, christlichen und heidnischen – und selbstverständlich auch Fortrius Jüngern.«
    »Willst du damit sagen, im Innern des Klosters stoßen wir wieder auf diese Masse von Untoten, wie schon in Schottland?«
    »Nein.« Er hielt sein Reittier zurück, das nicht länger stehen bleiben wollte. »Die Gefangenen im Hadrianswall heißen zu Unrecht Jünger Fortrius. Sie sind bloß ein Sklavenheer, das der Fürst jederzeit rufen oder zu Schatten zerfallen lassen kann. Dort oben aber lebt der wahre Orden, die Ritterschaft, die Fortrius Gesetz befolgt.«
    »Ist er … Ist er jetzt auch dort oben?«

    »Er ist überall und nirgends. Er ist so alt, dass seine Erscheinungsform nicht mehr den Gesetzen der Materie folgt. Von meinem Vater habe ich gelernt, dass der Fürst von Zeit zu Zeit unter seinen Rittern auftaucht, um neue Befehle zu geben, Machtansprüche zu schlichten und um das Blutfest zu feiern.« Auf ihren fragenden Blick fuhr er fort: »Nicht alle Jünger Fortrius sind Vampire, aber alle Vampire haben sich seinem Willen unterzuordnen. Denn es gibt kein Gesetz über ihm.«
    »Das heißt, dein Vater, der mächtige Vampir Valerian Kóranyi, ist bloß ein … Angestellter Fortrius?«
    »Sein oberster Gefolgsmann«, nickte Richard. »Allerdings …« Ihn fröstelte, er steckte die Hände in die Kuttenärmel. »Einmal habe ich ein Gespräch zwischen Teddie und meinem Vater belauscht, in dem Valerian von einem Machtkampf sprach.«
    »Ein Machtkampf?« Sams Muli wollte an einem Gestrüpp knabbern, unwillig trieb sie das Tier wieder an Richard heran.
    »Wir Vampire …« Er suchte nach den rechten Worten. »Wir vermehren uns ähnlich wie Viren: Ein Virus befällt einen gesunden Menschen, saugt seine Lebenskräfte auf und der Befallene steckt weitere Menschen an. Vampire infizieren die Menschen durch ihren Biss und …«
    »Jaja, das ist doch nichts Neues.« Ungeduldig riss sie am Zügel.
    »Warte.« Er beugte sich zu ihr. »Mein Vater sagte damals zu Teddie: Fortriu will die Macht der Parasiten brechen. Er will die Kraft der Vampire benutzen, um ein neues Geschlecht zu schaffen und das Alte verschwinden zu lassen. «
    »Ein neues Geschlecht?« Sie rieb ihre rot gefrorene Nase. »Wozu sollte ein neues Geschlecht von Untoten gut sein?«
    »Mehr konnte ich nicht verstehen. Aber du kannst dir vorstellen, dass mein Vater sich nicht kampflos zum alten Eisen
werfen lässt. Wie und wo es zur Auseinandersetzung kommen wird, weiß ich nicht.«
    »Na schön.« Sie lenkte es auf das geöffnete Tor zu. »Die Rivalitäten der Oberbosse gehen uns nichts an. Wir haben unseren eigenen Kampf zu bestehen.« Sie trat dem Muli in die Flanken; es setzte zu einem gemütlichen Trab an. Mit gemischten Gefühlen folgte Richard der Reiterin.

42
    S am und Richard erreichten die Zugbrücke, ohne einem einzigen Lebewesen zu begegnen. Gleichzeitig fühlte Sam auf Schritt und Tritt, dass sie beobachtet wurden. Auf knarrendem Untergrund überquerten sie den Graben, der nicht wie erwartet mit Wasser gefüllt war, sondern in eine schwarze Tiefe führte. Sam sah das hochgezogene Gitter mit seinen Spitzen über ihrem Kopf; die Mauer, die es beschützte, war mehrere Meter dick. Die Einfahrt war gepflastert. Das nächste Tor bestand aus Eisen; als Sam nur noch wenige Meter entfernt war, schwangen die Flügel auf. So werden Ehrengäste empfangen, dachte sie und versuchte, den merkwürdigen Übermut zu bekämpfen, der sie befiel. Beim dritten Tor wurde sie aufs Heftigste an ihren Traum erinnert, denn die Befestigung war mit Menschenschädeln bestückt. Sie erreichten einen Innenhof. Hier hörte die Bepflasterung auf, verwelktes Gras durchbrach die Schneedecke. Sam wunderte sich, dass im frischen Schnee nicht ein einziger Fußabdruck zu sehen war; die Hufe ihres Maultiers bahnten die ersten Tritte. Sie drehte sich um.
    »Die schlafen wohl noch alle?«

    Richards Gesicht war auffallend blass; nervös schaute er sich um. An drei Seiten begrenzten Mauern den Hof, kleine Türen und Fenster waren darin eingelassen, Treppen und Balustraden führten daran entlang. Das Ganze wirkte wie ein altertümliches Motel mit sehr vielen Zimmern.
    »Hier sind also die Gästezimmer.«

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