Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
Vom Netzwerk:
Macht hat mich hergebracht?
    ----- Es-ist-die-Macht-deines-Blutes ----- hörte Sam.
    Es war keine Stimme, die zu ihr sprach, sondern der säuselnde Wind im Gewölbe, jener Wind, der ihr schon auf ihrer Reise begegnet war.
    »Was weißt du über mein Blut?«, rief sie.
    ----- Alles ----- antwortete der Wind. ----- Dein-Blut-verleihtdir-Einzigartigkeit -----
    Während dieser Worte wurde Sam auf den Altar niedergelegt. Der Schmerz, der sie wie Dolchstöße durchraste, wich einem dumpfen Pochen und Drängen. Ihr war, als strebte ihr
Körper überall auseinander, als zerrten Ungetüme an ihren Gliedmaßen. Die Ritter begannen, sie zu entkleiden.
    »Ich will nicht, ich will das nicht!« Sie versuchte, die Gesichter der Ritter zu sehen, entdeckte im Halbdunkel aber nichts als Augenhöhlen.
    ----- Du-bist-bereit ----- flüsterte der Wind. ----- Du-wirstnun-gebären -----
    »Es ist zu früh!« Sie wand sich hin und her. »Mir bleiben noch Wochen, bevor ich das Kind … Ich bin nicht bereit!« Samantha blickte nach oben. So wie in ihrem Traum erwartete sie, auf der Kanzel die düster strahlende Figur, jene von Dunkelheit erleuchtete Gestalt zu sehen, die niemand anders sein konnte als Fortriu. Doch die Höhe des Kirchengewölbes war leer.
    »Ihr wollt mir das Kind rauben!« Sie bäumte sich auf. »Wollt es mir entreißen und mich zugrunde richten!«
    ----- Neeeeein ----- säuselte der Wind. ----- Das-Kind-istvon-besonderer-Art-Es-braucht-seine-Mutter -----
    »Es ist ein verfluchter Vampir!«, schrie Sam, sie vermochte nicht mehr klar zu denken. Der Schmerz, ihre eigenen Schreie, die unausgesetzte Bedrohung – was passierte mit ihrem gepeinigten Körper? Wer sprach zu ihr, wer wollte das Unausdenkbare von ihr?
    »Bist du … Fortriu?«, keuchte das Mädchen.
    Statt einer Antwort tauchten am Fuße des Steines, auf dem sie hingebreitet lag, zwei Mönche auf. Der kleinere hielt eine Schale, den ausgehöhlten Diamanten, worin die schwere Flüssigkeit schwankte. Der größere senkte einen verdorrten Palmzweig darüber und tauchte ihn in den roten Extrakt. Dann ist es also entschieden, dachte Sam, dann muss es so sein. Sie salben mich und tun all das mit mir, was ich im Traum vorhersah.

    »Noch nicht!«, gellte es durch das Kirchengewölbe. »Wartet! Erst muss sie verstehen!«
    Es war nicht mehr der Wind, der zu ihr sprach. Das war eine männliche Stimme, vertraut, zugleich abschreckend und kalt. Der Mönch mit dem Palmzweig hielt inne, auch der andere zog die Schale zurück, abwartend schauten sie auf denjenigen, dessen Schritte eilig näher kamen. Vor Sam stand ein Mann, ganz in Schwarz, nicht groß, doch von jener magischen Präsenz, die Samantha bereits bei ihrer ersten Begegnung bemerkt hatte. Sein blauschwarzes Haar war an den Schläfen ergraut, seine gespannte Haltung erinnerte an ein Raubtier. Er trug etwas auf dem Arm, das von seinem Mantel verdeckt wurde.
    »Nun ist deine ganze Familie um dich versammelt«, sagte Valerian Kóranyi.
    »Du bist nicht meine Famile!«, keuchte Sam mit letzter Kraft. »Verunglimpfe die Menschen nicht, die mir mein Leben lang Gutes taten!«
    Weiter kam sie nicht. Der Vampir schlug den Mantel zurück, darunter kam eine Frau mit langem Haar zum Vorschein, die Person, die Samantha von allen Menschen am besten kannte: Es war ihre eigene Mutter.
    »Siehst du nun, dass du nichts zu befürchten hast?« Neugierig musterte Valerian das Mädchen auf dem Stein, dem für Momente jede Kontrolle entglitt. Würden die Überraschung, der Schock sie töten?
    »Mama.« Es war ein geflüstertes Nichtverstehen. »Mama …« Nackt und bloß, wie bei ihrer Geburt, lag Sam da und versuchte zu begreifen. Louise befand sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Ihr Gesicht war stark eingefallen, das Haar hing strähnig herab.
    »Mama«, wiederholte Sam ein ums andere Mal.

    »Das Familienleben eines Vampirs verläuft während der vielen Jahrhunderte ziemlich eintönig.« Valerian stellte Louise auf ihre Füße, musste sie aber stützen, so schwach war sie. »Immer die gleichen fahlen Gesichter und keiner aus der Verwandtschaft kann jemals sterben.« Er legte den Kopf schief. »Da überkommt einen von Zeit zu Zeit der Wunsch, frisches Blut um sich zu haben. In solchen Phasen gönne ich mir die Freude einer jungen Verliebtheit. Nicht wahr, Louise, meine stolze schottische Blume?«
    Die Angesprochene reagierte nicht, starrte nur auf den Opferstein und wirkte ganz verloren. Als Sam die Augen ihrer Mutter suchte, gewann sie

Weitere Kostenlose Bücher