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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sein Herz hämmerte ihm bis zum Hals, und er meinte, man müsse es sehen wie bei einem Truthahn, wenn er sich ärgert.
    Sie schmiegte sich an ihn, und er hob sie von der Treppe, trug sie hinauf in seine Wohnung, warf mit Fußtritten hinter sich die Türen zu und legte sie aufs Bett. Es war noch ungemacht, so, wie er am Morgen aus ihm gekrochen war … aber wen störte das jetzt?
    »Ich koche uns einen Kaffee«, sagte Lucek und wußte nicht wohin mit seinen Händen. So steckte er sie in die Hosentaschen und stand da wie ein Eckensteher. »Er wird uns guttun.«
    Während er in der Küche wirtschaftete, Wasser aufsetzte, Kaffee mahlte, Geschirr auf ein Tablett schichtete, Zucker nachschüttete und Sahne aus der Büchse in ein Porzellankännchen umfüllte, hörte er nicht, was Valentina im Schlafzimmer tat. Aber als er mit seinem Tablett und der Kanne duftenden Kaffees zurückkam, lag sie ausgezogen im Bett, die Haare gelöst, die Decke bis an den Rand der nackten Schultern gezogen, aber nicht völlig, nur so hoch, daß man noch einen Streifen blanker Haut sah und ahnte, daß sich diese Nacktheit unter der Decke fortsetzte. Auf einem Stuhl, sauber zusammengelegt, lag die Kleidung Valentinas.
    »Ich konnte kein Nachthemd finden«, sagte sie, als sie Luceks Blick auf ihrer nackten Schulter bemerkte. »Hast du nur Schlafanzüge?«
    Betroffen starrte Lucek sie an … und dann glitt die Decke von ihren Schultern, ihre vollen, herrlichen Brüste lagen frei, und das Rot ihrer Monde war so rot wie das Rot der Lippen, und der Körper dehnte sich und glitt aus der Decke und lag glänzend und warm vor ihm, so drängend und offen und voller gelöster Geheimnisse, daß Micha mit sinnlos gestammelten Lauten über sie sank.
    Sie empfing ihn mit offenen Armen und weiten, durch ihn hindurchsehenden fast gläsernen Augen. Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihn an sich.
    Der Kaffee neben dem Bett aber wurde kalt –
    *
    Irgendwann in der Nacht wachte Valentina auf. Micha lag neben ihr, tief und ruhig atmend. Seine rechte Hand lag an der Innenfläche ihres Schenkels, im Schlaf noch festhaltend, was er erobert hatte.
    Vorsichtig hob sie die Hand hoch und legte sie auf Michas Brust. Dann schob sie sich aus dem Bett und tappte, nackt wie sie war, zum Fenster.
    Über den Dächern Prags lag der Mondschein wie Silber. Schuppen gleich glitzerten die Schindeln. Die Türme der Kirchen lebten, die Figuren der Heiligen bewegten sich im bleichen Licht und unterhielten sich über die Jahrhunderte, die unter ihnen vorbeigeflossen waren.
    Die alten, breitkronigen Bäume im verwilderten Park hinter dem Haus rauschten. Es war ein Wind, der vom Osten kam, aus der Weite des Landes, wo die Steppen und Sümpfe liegen, die Gebirge und die majestätischen sibirischen Ströme, die endlosen Wälder der Taiga und die sandgelbe Wüste am Rande der Mongolei.
    Valentina Kysaskaja drückte die Stirn gegen den Fensterrahmen.
    Leb wohl, Mütterchen Rußland, dachte sie. Nun ist es entschieden. Ich werde dich nie wiedersehen. Leb wohl …
    *
    Oberst Tschernowskij wurde in diesen Tagen gemieden wie ein Pestkranker. Es sprach sich schnell herum, daß er jeden anbrüllte, der in sein Zimmer kam, daß er alle Holzköpfe und Vollidioten, Krummschwänze und Teufelsscheißer nannte. Ausdrücke, die im krassen Gegensatz zu seiner gepflegten, eleganten Erscheinung standen. Was nutzte es schon, daß er alles, was entbehrlich war, nach Prag umdirigierte? Aus Polen, Ungarn, Bulgarien, Österreich und Ost-Berlin reisten die sowjetischen Agenten an die Moldau. Als Handelsvertreter, Journalisten, Kurgäste oder Montageingenieure. Die tschechische Geheimpolizei wurde davon nicht unterrichtet. »Das sind genau solche Schweine!« tobte Tschernowskij. »Auf keinen ist mehr Verlaß. Nur sich selbst kann man vertrauen … und auch das wird einem schwergemacht. Strengstes Stillschweigen über diesen Fall! Doch wer mir die Kysaskaja wiederfindet, den schicke ich auf eigene Kosten drei Wochen auf die Krim ins beste Erholungsheim!«
    Es half alles nichts. Valentina blieb verschwunden.
    Die Manöver des Warschauer Paktes rollten ab, in aller Deutlichkeit demonstrierte Sowjetrußland seine Stärke. Marschall Jakubowski tat es mit einer unschuldigen Miene, so, als wenn jemand einen anderen dauernd in den Hintern tritt und scheinheilig fragt: »Na, mein Lieber, warum zucken Sie denn so?«
    Die Reformpolitiker in Prag aber ließen sich nicht stören. Das Tauwetter griff weiter um sich. Die

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