Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
trugen, waren nun einige rote Punkte eingezeichnet. Und Karel Pilny war sich fast sicher, daß der Wald hier bei Radotin auch einen solchen roten Punkt bekommen hatte.
    Lucek war wie ein Tier, das sich zum Sprung kauert. »Wo führt dieser Weg hin? Weißt du es zufällig?«
    »Ich weiß es sogar genau. Er führt in den Wald, wird schmaler und endet in einem Holzpfad, auf dem die Holzfäller mit Treckern oder Pferden die Stämme bis zu den Lastwagen ziehen.«
    »Da ist doch etwas faul«, sagte Lucek leise.
    Pilny nickte. Er gab mehr Gas, und der kleine Skoda schoß über den sandigen Weg wie ein raketengetriebenes Fahrzeug. Lucek mußte sich festklammern, um nicht im Wagen herumgeschleudert zu werden.
    »Was soll das?« schrie er dabei. »Willst du uns umbringen?«
    »Genau das will ich verhindern!« schrie Pilny zurück. Es war ihm, als falle ein Schleier von einem Bild. Nun erkannte er es klar: Was so harmlos ausgesehen hatte, war der Beginn einer Tragödie gewesen. Der gute, freundliche Onkel hatte Miroslava verhaftet. Wenn Pilnys Gedächtnis ihn nicht täuschte, mußten hier in den Wäldern zwei Spezialabteilungen ihre Lager haben … eine sowjetische Abhörgruppe und ein kleiner Trupp mit Spezialwagen, den die Agenten mit B I bezeichneten. »Das ist eine Abteilung des militärischen Abwehr- und Spionagedienstes«, hatte der Leiter der militärpolitischen Abteilung im Funkhaus erklärt. »Ich nehme an, daß dort alle politischen Meldungen aus dem ganzen Manövergebiet zusammenlaufen und ausgewertet werden.«
    »Willst du ihn überholen?« schrie Lucek und hielt sich am Armaturenbrett fest.
    »Ja, genau das!« Pilny umklammerte das Lenkrad. »Miroslava hat keinen Onkel aus Preßburg!« brüllte er Lucek zu. »Der Onkel kommt aus Moskau!«
    »Moskau?« Lucek war einen Wimpernschlag lang sprachlos, dann verstand er. Er fuhr herum und wurde gegen die Tür geschleudert. »Erst Irena – jetzt Miroslava?«
    »Aber gründlicher. Im Wald liegt eine sowjetische Spionagegruppe. Festhalten, Micha! Wenn ich ihn überholt habe, stelle ich mich quer … und dann mußt du raus! Verstanden?«
    »Verstanden!«
    Lucek kauerte sich zusammen wie ein Raubtier. Einer Kugel gleich, die ein Riese weggeschleudert hat, sauste der kleine blaßblaue Wagen an dem schweren dunklen Auto vorbei, überschüttete es mit Staub und schleuderte dann quer über die Straße. Hier blieb Pilny stehen, während Lucek mit einem wilden Satz in die Staubwolke sprang.
    Der kleine, freundliche Mann hatte verwundert zur Seite geblickt, als die rasende kleine Straßenwanze an ihm vorbeischepperte. Er wollte noch eine Bemerkung machen, wie etwa: »So etwas sollte man verbieten!«, aber da mußte er schon bremsen, trat mit Gewalt auf das Pedal und fiel fast über sein Lenkrad. Hinter ihm prallte Valentina gegen den Vordersitz und rutschte zwischen die Polster auf den Wagenboden.
    »Idiot!« brüllte der kleine Mann, riß die Tür auf und sprang auf den Weg. Er hüpfte genau in die vorgestreckte Faust Luceks, und wer Micha Lucek kennt, weiß, daß er durchaus kein Schwächling und seine Faust mit Dampf geladen ist, vor allem, wenn das aufgeregte Herz dahintersteckt.
    Der kleine Mann machte einen hohen Satz in die Luft, fuchtelte mit den Armen um sich, aber das waren schon reine Reflexbewegungen … dann fiel er zurück auf den Weg, knickte in den Knien ein und lehnte sich gegen den Wagen. Noch einmal schlug Lucek zu, genau gezielt, und da war auch schon Pilny neben ihm, schob den kleinen Mann quer über den Kühler des Autos und durchsuchte seine Taschen.
    Aus dem Wagen kroch Valentina. Das Haar hing ihr übers Gesicht, und das war gut so, denn so sah niemand ihre entsetzten Augen.
    »Du –« stammelte sie, als Lucek sie vom Wagen wegriß und an sich preßte. Und hier, in dieser Sekunde tiefster Erschütterung, verlor er alle Scheu und küßte Valentina, streichelte sie, vergrub sein Gesicht an ihren Brüsten und atmete den Duft ihres Körpers ein, von dem er bisher nur geträumt hatte. Ihre zitternde Haut, die Glätte ihres Brustansatzes, dazwischen ihr Haar, ihre flüsternde Stimme, die Hände, die seinen Kopf streichelten … »Sie werden dir nichts tun …« stotterte Lucek. »Ich werde dich verstecken. O Gott, ich schlag ihn tot, diesen Kerl!«
    »Er ist vom Geheimdienst!« rief Pilny. Er hatte die Taschen des Ohnmächtigen untersucht und die Erkennungsmarke gefunden. Der Mann war ein Tscheche, der für die Sowjets arbeitete.
    Jetzt ist alles vorbei, dachte

Weitere Kostenlose Bücher