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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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Dutzend Gäste waren geladen, die es zu verköstigen galt. Barbara hatte mit Riecke deshalb auf einfache Gerichte gesetzt. Jeder sollte sich nehmen können, wann und wie es ihm beliebte. Es gab geräucherte Forellenfilets auf Apfelringen, Leberspätzlesuppe und Maultaschen in klarer Brühe. Suppe und Maultaschen wurden in zwei riesigen Steingutterrinen warmgehalten, die jeweils in einer mit glühender Holzkohle gefüllten Form standen. Als Nachspeise gab es kalte Germknödel mit Heidelbeerkompott. Wer es herzhafter mochte, konnte sich an süßsauren Kürbis und Gewürzgurken halten. Natürlich fehlte es nicht an Tiroler Kaminwurzen, Käse und Brot. Aufgebaut war alles auf der Galerie im ersten Stock, wo an der Wand auch die Fasnachtsdekoration angenagelt war, dämonisch grinsende Holzlarven, zwischen einem mit roten Bändern umflochtenen Reisigbesen. Von der Decke hingen zwei mit Löwen, Bären, Eichenlaub und anderen Ornamenten bemalte Leinengewänder herab, die jedem, der sich an Schüsseln, Teller oder Terrinen zu schaffen machte, unheimlich im Rücken raschelten.
    Auf ganz andere Art berauscht war Barbara, denn der Plan von Silvester war aufgegangen. Niemand hatte die Einladung zu ihrer Wein- und Mousseuxpräsentation abgesagt. Noch immer war sie aufgekratzt von den Glückwünschen und begeisterten Kommentaren bei der Verkostung ihres Mousseux. Auf die Hälfte ihres Bestands hatte sie Bestellungen entgegennehmen können, ebenso auf mehrere Dutzend Flaschen ihres Elblings und Weißburgunders. Dass sie beim Elbling beispiellos hart auf die Qualität sah, zahlte sich aus. Zu einem ruhigen und duftigen Wein hatte sie ihn ausbauen können, schlank und leicht, ein Wein, der vergessen machte, dass er die Sorte der armen Leute war. Ihr zweites Meisterstück nach dem Mousseux, wie einstimmig gelobt wurde. Und die Preise waren gut. Mit ein bisschen Glück könnte sie dieses Jahr soviel verdienen, dass sie den Rest von Cees’ Vermögen würde auf die Seite legen können. Endlich stand sie auf eigenen Füßen! Und brauchte nicht mehr auf das Amsterdamer Guthaben hoffen, an das Bernward auch bei einem versprochenen Drittel nicht herankam.
    Auf seinem Schoß sitzend sonnte sich Barbara in ihrem Triumph. Vor aller Augen turtelte sie mit ihrem Justitiar, dessen Miene vor Wonne und Verliebtheit nur so strahlte. Seit einem Jahr hielt sie ihn sich als Freund und Liebhaber, wobei sie ihn, aus verständlichen Gründen, öfters besuchte als er sie. Riecke machte zwar jedes Mal, wenn sie nach Freiburg fuhr, ein verbissenes Gesicht, aber noch nie hatte die Haushälterin ihr einen direkten Vorwurf gemacht. Jetzt hatte sie sich damit abgefunden und schaute diskret zur Seite, wenn ihre Madame ein Küsschen wechselte.
    »Bernward wird sicher noch seliger sein als wir nach Ihrem Mousseux, Barbara«, scherzte ein abgezehrt aussehender, mit schwarzem Rock und weißer Weste angezogener Gast. Kurz vorher von einem Hustenanfall geschüttelt, hatten seine pfeifenden Lungen die ganze Tonleiter des Asthmas zum Besten gegeben, vom ernsten, tiefen Orgelton bis zum spitzen Krächzen junger Hähne. »Ich gestehe gern, dass ich mit Ihnen auf dem Schoß und einem Glas Ihres Zaubertranks in der Hand, hundert solcher Hustenanfälle auf mich nehmen würde.«
    »Und wie viel davon würden auf den Mousseux fallen?«, fragte Barbara launisch. »Doch wohl hoffentlich mehr als die Hälfte! Sonst müsste ich annehmen, er wäre nur eine austauschbare Dreingabe.«
    Es kitzelte sie, Komplimente zu provozieren. Sich mit Lob und Bestätigung zu schmücken erschien ihr heute erlaubt. Kriegsleuten wurden nach gewonnenen Schlachten ja auch Orden angeheftet! Dass sie mit dieser direkten Art leicht zu durchschauen war, nahm sie in Kauf. Und der adlernasige Asthmatiker, wie Bernward Jurist, gehörte nicht zu denen, die auf den Kopf gefallen waren.
    »Oh, die Madame!«, rief er und lachte heiser. »Auch wenn ich so aussehe, als wär’ ich ein ausgeglühter Kavalier, der es nicht lassen kann, seine Pirouetten zu zirkeln, ich sag’s frei: Ihrer Jugend, Barbara, opferte ich mit Sicherheit achtundachtzig Huster!«
    »Wenigstens bekennt Ihr Euch als echter Mann«, antwortete Barbara und setzte eine schmollende Miene auf.
    »Ganz recht!«, erwiderte der hagere Jurist. »Ihr wisst doch: Alte Mäuse fressen auch gern frischen Speck.«
    »Das klingt beinahe, als wäre ich gemeint, Jens«, sagte Bernward gekränkt, während Barbara hellauf lachte. »Hast zu mir rübergeschielt. Doch

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