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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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Trauben.
    »Gestern Abend gepflückt«, rief sie, »von den krumm gezogensten Reben des ganzen Kaiserstuhls. Aber süß sind sie und also hat die Kommission entschieden, dass hier übermorgen gelesen werden darf.«
    Der Champagner schmeckte herrlich. So wunderbar, dass Barbara unwillkürlich zu stöhnen begann und alle guten Tischsitten fahren ließ, indem sie schlürfte und schmatzte, als müsse sie über jeden Schluck ein Protokoll erstellen. Beinahe streng musste sie Riecke kommen, damit die sich auch ein Glas einschenkte: Denn wenn sie schon nicht mitessen wolle, müsse sie wenigstens mittrinken!
    Das Pfännlein mit der Leber, die Riecke in einer sahnig-süßen Portweinsauce mit Rosinen und Nüssen zubereitet hatte, wurde von Barbara auf das Sauberste mit dem Weißbrot aufgestippt. Und vom Feldsalat blieben kaum ein paar Blätter am Schüsselrand kleben. Auch vom Moët war bald kein Tropfen mehr übrig und jetzt war es Riecke, die Barbara zuredete, sich noch an eine zweite Flasche zu wagen. Zur Feier des Tages würde sie auch gebührend mittrinken. Barbara ließ sich nicht ungern überreden. Längst war ihre gute Stimmung zurückgekehrt und selbst wenn dieser Polterabend bislang ohne Bräutigam stattfand, so versprach er dennoch, lustig zu werden.
    Den Auftakt machte ein lautes Klirren, gefolgt von übermütigem Kindergeschrei: »Polterscherben, kein Verderben. Auf das Haus, dann jagen wir die Geister raus!« Barbara hatte kaum den ersten Schrecken überstanden, da trampelte schon eine Horde Kinder die Stiege herauf, wobei jedes einen Steingutteller zu Bruch warf. Unter lautem Gejohle umrundeten sie den Tisch, schrien dabei ihr Verslein und ließen auch nicht von ihrem Treiben ab, als Barbara ein paar Mal mit ihnen um den Tisch gerannt war. Erst nachdem Riecke sie mit einem Kuchen auslöste, den die kleinen Poltergeister hitzig unter sich aufteilten, konnte Barbara nach unten entschwinden, wo die großen Poltergäste warteten.
    Mehrmals zwackte sie sich, ob sie nicht vielleicht doch alles nur träumte. Woher auf einmal all diese Leute? Sie kannte niemanden, aber im Flur ging es zu, als ob Riecke Tage vorher Einladungen ausgesprochen hätte. Fremde Gesichter strömten ins Haus und brachten kleine Geschenke: ein Huhn, einen Laib Brot, eine Schürze, einen Strauß Rosen, einen Bogen Papier, eine Elle weißes Leinen, eine Strohpuppe, einen Korb Äpfel.
    Riecke türmte alles auf einen Dielentisch, schaffte dann einen Leuchter heran und rief: «Hab’ ich nicht gesagt, dass wir heute noch poltern werden? Eure Nachbarn, Barbara! Was glaubt Ihr, warum wohl die Küche neben der Haustür ist!«
    Mit offenem Mund starrte Barbara Riecke an. Diese Überraschung hatte etwas von einem Wunder an sich. Doch schließlich besann sie sich ihres Temperaments, gab der Alten einen Kuss und knickste unter dem Beifall und den Glückwünschen, die auf sie einstürmten. Dann reichte sie dem nächstbesten Mann die Hand. Doch statt mit ihr einen Galopp durch die Diele zu tanzen, wie sie es erwartet hatte, zog sie dieser heftig an sich, wirbelte sie ein paar Mal im Kreis herum und schubste sie einem anderen in die Arme. So ging es reihum, bis Barbara um Erbarmen kreischte. Hatte sie sich doch schon mit den Geistern des Champagners eingelassen, die sich jetzt während des tollen Drehens über alles Maß wohlfühlten.
    Als nächsten Scherz kündigte einer das Geisterbändeln an, doch erst einmal ließ man sich Zeit, bestürmte Barbara mit Fragen, lachte über diesen Polterabend ohne Bräutigam und schilderte ihr alle Vorzüge des Ehestands. Dies taten mehr die Männer als die Frauen, von denen eine scherzte, noch könne sie ja wieder in ihr Kloster zurück und auf Barbaras heftigen Protest auftrumpfte: Sie würde, könne sie noch einmal wählen, die Freuden der Schlafkammer gerne gegen die Freuden einer ruhigen Klosterzelle eintauschen. Barbara traute sich nicht, über diese intime Beichte zu lachen, denn die zukünftige Nachbarin unterstrich ihre Worte mit einer sauertöpfischer Miene. Wahrscheinlich habe sie allerhand von ihrem Liebsten zu ertragen, antwortete sie verlegen, bemüht um ein Wort des Trostes. Eine Antwort, die nichts weniger als falsch war, zumal wenn sie gesehen hätte, wie unverhohlen der Gescholtene ihre Hüften und ihren sich verführerisch im Kerzenlicht wölbenden Busen taxierte.
    Riecke sorgte zwischenzeitlich für das leibliche Wohl, schnitt Tiroler Kaminwurzen auf, die in Girlanden die Wände der Speisekammer

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