Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
Nachtkleid aufs Bett. »Ihr werdet sie nötig haben.«
»Cees«, rief Barbara, »Ihr sprecht wie ein Kavalier im Theater!« Und dann, kokett im Ton, ihm einen Handkuss zuwerfend: »Ah, je comprends , ich verstehe, mon cher chevalier! Er will sehen die ganze Toilette. Von Anfang an. Aber er darf es nicht. Er muss üben sich in Geduld , oui, oui. «
»Er wird leiden, bitterlich«, ging Cees auf ihren Ton ein, ließ dabei die Schultern hängen und schaute wie ein geprügelter Hund.
»Oh, das soll er nicht«, tat Barbara bekümmert. »Er bekommt dafür ein ´übsches Ding. Une vierge en bleu de ciel! Eine Jungfrau in himmelblau!«
»Oui? « kieckste Cees und machte einen Trippelschritt. » Oh, oui? Mm, quelle image! Quelle noce! Mh, welch Bild! Ich vergehe! Was für eine Nacht!«
Pathetisch mimte Cees den Entzückten, rang die Hände, verdrehte die Augen und entschwand schließlich mit zahlreichen Kratzfüßen rücklings durch die Tür. Barbara lauschte, ob er auch gewiss die Stiege hinunterging, dann sprang sie mit einem Satz aus dem Bett.
Beschwingt stürzte sie sich in diesen Tag. Heiter hatte er angefangen, und, so hatte sie fest beschlossen, heiter würde er zu Ende gehen. Schließlich war sie ab heute frei. Der demütigende Empfang von gestern Abend konnte getrost als letztes trübes Ereignis der Nonnenjahre abgetan werden.
6
Das Brautkleid verwandelte Barbara in eine stattliche Patriziertochter. Über das nicht zu große Panier bauschte sich eine Roberonde, ein luftiger und knisternder Traum aus feingewebten Unterröcken mit glänzendem himmelblauem Seidenüberzug. Von Riecke mit Sorgfalt, aber ohne Erbarmen geschnürt, so dass Barbara eine ziemliche Zeit glaubte, bei der nächsten Bewegung in Ohnmacht zu fallen. In schamhafte Verwirrung brachte sie die tief ausgeschnittene Korsage, in der ihr Busen unübersehbar paradierte. Aber alle Scham nützte nichts. Riecke schwatzte wie eine Hofschranze und mit der selbstverständlichsten Miene der Welt machte sie sich daran, die allen Blicken preisgegebene Pracht mit Schminke und Puder zu betupfen.
Gelbe und rote Seidenbänder waren der einzige Aufputz, der gleichzeitig dazu diente, die spitzenbesetzten Ärmel zu raffen. Mit gelbem Satin waren die breitgestöckelten Halbschuhe überzogen, dem gleichen Gelb wie die Ärmelbänder und das seidene, mit einer Perlenreihe bestickte Halstuch. Eine eigens bestellte Friseuse flocht das Haar zu einem Kranz mit kleinen Locken und alle Farben vereinte der breitgeflochtene Haarreif, der im Schwarz ihres Haars wie ein Diadem leuchtete.
Cees riss es aus seinem Sessel, als Riecke mit seiner Braut in die Stube trat. Barbara sah so edel und hoheitlich aus, dass ein Hofmaler sie nur mit einem Juwelendiadem hätte malen müssen, um der Welt das Bildnis einer Königin zu schenken.
»Man wird mich beneiden«, sagte er, während er niederkniete und Barbara einen Kuss auf die Fingerspitzen hauchte. »Ich wollte, Helena und alle Griechen Agamemnons stünden jetzt hier. Damit sie sähen, dass es nur lohnte, um dich, meine Königin, einen Krieg zu führen.«
»Das nenne ich ein Kompliment. Als ob dir’s ein Briefsteller ins Ohr geflüstert hätte. Aber es ist wahr, Barbara. Ein Blick von Ihnen beschwingt wie eine Flasche Champagner. Zwei Blicke vergnügen zur Seligkeit und alles was drüber geht, verzehrt einen zum Häuflein Asche.«
»Oh, die Herren Kavaliere. Gedrechselte Worte, aber hölzerner Anstand«, tadelte Riecke und forderte Cees damit auf, seiner Braut endlich den Freund und Hochzeitslader vorzustellen.
Cees verstand den Wink und verbeugte sich förmlich: »Barbara, verzeih mir. Ich habe das Vergnügen, dir meinen besten Freund vorzustellen. Bernward Gutrechter, unser Hochzeitslader, seines Zeichens Justitiar in Freiburg.«
» Nomen est omen , Barbara«, sagte Bernward. »Was kann einer, der so heißt, schon anderes tun. Ob der Name allerdings hält, was er verspricht, wird mir erst unser Herrgott eröffnen.«
Justitiar Bernward war nicht der einzige, der Barbara eine Sekunde länger als nötig in den Ausschnitt schielte, bevor er die ihm dargebotene Hand küsste. Zu befangen, um etwas zu erwidern, brachte Barbara nur ein Lächeln zustande. Wusste sie doch in diesem Aufzug nicht mehr, wie sie sich verhalten sollte. Denn sollte sie jetzt, ihrem Äußeren angemessen, die Patrizierfrau spielen oder durfte sie weiterhin als Barbara, das Winzermädchen aus dem Schulschwesternstift, auftreten? Dazu gesellte sich das Erschrecken
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