Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
bin. Kein Komplimentenschreiner. Außerdem macht alles der Ton. Da braucht’s nicht immer auch noch’s Wort.«
»Ich gehör’ halt schon zur Familie«, versuchte Barbara die Wogen zu glätten. »Caspar zumindest glaubt’s. Und auf meine neugierige Frage habe ich eine hübsche Antwort bekommen. Die wiegt alle Höflichkeiten auf.«
»Ihr seid nicht so schnell außer Fassung zu bringen«, lachte Maria auf. »Meinen Polterer könntet Ihr aber gerne ein bisschen erziehen.«
»Mir scheint, dir ist’s Morgen schon jetzt ins Hirn gestiegen. Willst heut Abend feiern?« Jacob rief es Maria höhnisch hinterher, die in die Küche gegangen war. »Ihr müsst wissen«, wandte er sich Barbara zu, »morgen ist ihr Fünfundvierzigster.«
»Und ich weiß nichts davon?« Barbara eilte in die Küche, und damit hatte Caspar das Kanapee für sich. Aber nicht lange. Ein scharfes Wort Jacobs und knurrend schlich er aus dem Zimmer. Maria winkte ab, als Barbara sie auf ihren Geburtstag ansprach. Es wär’ doch so unwichtig. Feiern würde sie ihn am liebsten allein. Aber ohne ein paar Weibsbilder aus dem Dorf, Kuchen, einem Fässchen Wein und einer kräftigen Vesper ginge es leider nicht ab.
»Weil’s immer so war, weil’s alle tun, und weil man der Nachbarin nicht nachstehn darf. Sonst heißt’s, man stehe mit einem Fuß im Schuldturm. Doppelte Arbeit haben und dreifach Geld ausgeben müssen, so ist’s mit den Geburtstagen.«
»Dann macht es ja nichts, wenn ich mir in Eurem Namen für diesen Abend eine Einladung ausspreche!«, rief Barbara übermütig. »Bis Mitternacht! Dass ich mit Euch auf Euer Wohl anstoßen kann! Un moment, s’il vous plaît . Ich hol’ uns die Bouteillen!«
»An mir soll’s nicht liegen«, entgegnete Maria überrascht. »Ist dies auch kein Scherz? Ihr könnt freilich auf dem Kanapee schlafen.« Maria schaute Barbara mit leuchtenden Augen an. Seit dem Tod ihres Ludwig hatte ihr niemand mehr eine solche Freude gemacht.
»Mögt Ihr denn Linsen?«, rief sie Barbara, die schon losgelaufen war, über den Hof nach. »Ach Madame … Barbara!«
25
Dann würde er jetzt gute Nacht sagen. Die Madame wisse ja, wie anstrengend es sei, mit der schweren Hacke die Rebstecken einzuschlagen. Jacob erhob sich schwerfällig, und ein müdes Lächeln huschte über sein Gesicht. Ohne Maria einen Blick zu gönnen, nickte er Barbara zu, die ihm auf diese Ankündigung unbeteiligt-freundlich in die Augen schaute, aber einen erleichterten Seufzer nicht unterdrücken konnte. Eine nervöse unerquickliche Stunde lang hatten sie sich beim Abendessen in der Küche gegenübergesessen, ihr Maria zur Seite, ihm Jenne.
Jacob hatte wenig gesprächig sein Linsengericht gelöffelt und sich nur ab und zu nach Barbaras Haushälterin erkundigt. Was diese ihr abends koche, wenn sie nach einem anstrengenden Tag in den Reben heimkehre, und ob es dann gut sei, und was sie dann lieber trinke, Bier oder Wein. Freilich werde sie wohl Besseres kriegen als er heute, Schmackhafteres als diesen Linseneintopf mit Speck, den er schon gestern vorgesetzt bekommen habe. Wenigstens hätte Jenne heute frisches Bier geholt! Ein feineres Leben hätte er sich auch vorstellen können. Die Frau, die er abgekriegt habe, sei aber nun mal eine Rebbäuerin. Zu einer aus dem Kaufmannsstand habe es nicht gelangt, sicher, weil er zu unhübsch gewesen sei. Außer ihm hatte nur Jenne kurz gelacht. Maria dagegen mit schmalen, verbissenen Augen geguckt, aus denen tiefe Ablehnung loderte. Nein, es war keine glückliche Ehe, die die Schnitzers führten.
Nach einem Moment des Schweigens, in den Jenne laut hineinseufzte, erhob sich Maria mit einem leisen »Endlich« und stapelte die Teller aufeinander. Im ersten Stock konnte man Jacob geräuschvoll husten hören. Das Zeichen, dass er sich die Pfeife angesteckt hätte, erklärte Jenne. Dann komme er gewiss nicht mehr herunter. Denn er würde, weil er sie im Liegen rauche, immer dabei einschlafen. Nach Mitternacht freilich täte er wieder aufwachen und sich dann ausziehen. Irgendwann werde das Haus abbrennen. Ob man sie heute Abend noch brauche? Wenn nicht, wolle sie in die Schankstube. Zum Schulbasti, der dort heute wieder vorlese. Maria hatte nichts einzuwenden, doch vorher musste Jenne noch den Ofen anheizen und den Beistelltisch neben dem Kanapee decken.
Buchweizenkuchen passe ausgezeichnet zum Ruländer, meinte Barbara, bevor sie aus der Küche schlenderte. Damit sie nachher auf dem Kanapee nicht friere, drückte Maria ihr
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