Bluthunde
und die Haare lang und schütter. Er hatte was von einem Rocksänger. Aber Struller wusste, dass Lurchi Lambertz zwar optisch recht kühn daherkam, dass er aber darüber hinaus einer der besten Ermittler war, den das Düsseldorfer Polizeipräsidium in Sachen Organisierte Kriminalität zu bieten hatte. Ja, man durfte heilfroh sein, dass Lurchi auf dieser Seite des Gesetzes aktiv war. Meistens.
»Ich hab deine Mail bekommen. Du interessierst dich also für Hunde, Struller?«, fragte Lurchi mit kratziger Stimme.
»Genau genommen für den Teil, in dem sie sich gegenseitig tot beißen«, konkretisierte Struller seine Anfrage.
Lambertz gluckste kehlig. Es klang wie Husten. »Hundekämpfe, Kollege, Hundekämpfe sind schwer im Kommen.«
»Wie diese Bubble-Tea-Läden?«
»Genau. Oder wie Zumbatanzen. Ist eine ziemlich schmutzige Sache. Nicht Zumbatanzen. Die Hundekämpfe. Ich fasse mich kurz.«
»Sei so gut.«
»Hundekämpfe waren zunächst und lange Zeit ein eher seltenes Phänomen. Kommt von der Insel, ist was Irisches. Dort hat diese Art Sport eine lange Tradition. Kleine Gruppen finden sich an geheimen, ständig wechselnden Örtlichkeiten zusammen. Es gibt einen Veranstalter, der lädt ein. Erlesener, enger Kreis, man kennt sich, bleibt unter sich. Bierzeltgarnituren. Die Arena für die Hunde ist schnell aufgebaut. Vier Bretter, fünf Meter lang, bilden ein Quadrat. Das nennt man Pit.«
»Ha. Wie ich«, gluckste Struller.
»Das Innere wird mit Teppich ausgelegt«, fuhr Lurchi fort.
»Wegen der Spuren?«
»Richtig. Dann treten jeweils zwei Hunde gegeneinander an. Es gibt selten mehr als drei, vier Kämpfe. Auf den Sieger wird gewettet. Dem Gewinner winken bis zu 50.000 Euro.«
Struller pfiff.
»Der Kampf geht so lange, bis ein Tier als Sieger feststeht.«
»Das Verlierertier muss nicht zwangsläufig tot sein?«
»Muss nicht. Während des Kampfes und bei allzu großer Überlegenheit werden die Hunde mit einem so genannten Breaking Stick getrennt. Der Schiedsrichter kann den Kampf beenden. Oder hetzt die Tiere wieder aufeinander los.« Lambertz schob eine lange Strähne hinters Ohr. »In der Regel bleibt ein Tier irgendwann so verletzt liegen, dass es aus dem Pit gepflückt wird und einen Gnadenschuss bekommt.«
»Neun Millimeter?«
»Quatsch. Ordentlich mit einem Bolzenschussgerät.«
Struller rümpfte die Nase. »Ordentlich« und »Bolzenschussgerät« waren zwei Begriffe, die bei ihm nicht automatisch übereinander gingen.
»Was passiert mit den toten Tieren?«
»Die werden verbuddelt. Es gibt regelrechte Friedhöfe für diese Killertiere.«
»Und die Gewinner?«
»Je nachdem. Wenn sich ein Tier als Champion bewährt hat, dann kann man damit richtig Kohle machen. Dann wird das Tier gehegt und gepflegt. Diese Tiere werden durch einen professionellen Arzt zusammengeflickt und für den nächsten Kampf wieder hergerichtet. Das sind dann Champions, die in der Szene einen richtigen Ruf haben.«
Struller nickte nachdenklich.
Lurchi seufzte. »Tja, das war wie gesagt früher, als es in der Szene noch human zuging.«
Struller schluckte. Das Humane dieses Vortrages hatte sich ihm nicht richtig erschlossen.
Lurchi zog die Nase hoch. »Heute mischen Osteuropäer mit. Und die sind mit ihren Tieren nicht so zimperlich. Denen fehlt absolut der Sinn für das Sportliche einer solchen Veranstaltung. Für die ist das mehr ein Event. Viel, viel Wodka. Ab und an wird ein Hund aufgeknüpft und schlicht totgeprügelt. Je mehr Blut fließt, desto besser. Widerlich. Da werden die Verlierer nicht vergraben, sondern zu Trainingszwecken teilweise lebendig verfüttert.«
»Was?« Struller blieb die Luft weg.
»Ich hab dir ja gesagt, es wird schmutzig. Das ist richtig krank, Mann.«
Lurchi erläuterte grimmig den Begriff »krank« mit einigen Beispielen. In Strullers Kopf entstanden Bilder. Bilder ganz übler Art. Er brauchte keinen Spiegel um zu wissen, dass er blass geworden war.
»Ich habe verstanden, Lurchi«, stoppte er schließlich seinen Kollegen. »Allerschlimmstes Dreckspack!«
»So kann man die miesen Schweine mit aller Berechtigung nennen.«
»Und wie sieht die Szene hier in Deutschland aus? Und hier in Düsseldorf?«
»Das ist ein hermetisch abgeschlossener Kreis. Ohne V-Mann oder Aussteiger kommst du gar nicht dran. Es gibt Einzelfälle in Ostdeutschland. Vier Jahre Haft ist teilweise dabei rumgekommen. Hier in Düsseldorf ist bisher kein Fall bekannt. Aber ich bin sicher, dass hier auch schon mal was
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