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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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war aber neugierig, was sie mir noch alles zu erzählen hatte.
    »Aber er hat mal die Reifen von dem reichen Knacker aufgestochen. Vom Vater des Kindes von dieser Person. Ich war selbst dabei. Er ist völlig ausgetickt. So was haben Sie noch nicht erlebt. Immer wieder hat er mit dem Messer zugestochen. Und dann war es von einem auf den anderen Moment vorbei. Er beruhigte sich wieder und ging ganz normal nach Hause, als wäre nichts gewesen. Ich sagte noch zu Kees: ›Das geht eines Tages böse aus.‹ Und genau das ist ja dann auch passiert. Na ja, jeder bekommt, was er verdient, was?«
    Und du bekommst noch mal Lungenkrebs, dachte ich.
    Sie starrte aus dem Fenster. »Danach konnte ich nächtelang nicht schlafen, nächtelang.«
    »Wie schrecklich.«
    »Um das Mädchen tut es mir leid. Ein süßes Kind, manchmal hat es mir zugewinkt. Aber na ja, bei so einer Mutter …«
    »Glauben Sie, dass Ray und Rosita was miteinander hatten?«
    »Wer weiß das schon. Schauen Sie, Ray wohnte bereits hier, bevor sie einzog. Er hatte zu niemandem Kontakt, nur zu seiner Mutter. Die kam manchmal vorbei.«
    Eine merkwürdige Vorstellung, dass meine Mutter in dieser Straße gewesen war. Dass sie ein ganzes Leben geführt hatte, von dem mein Vater und ich nichts gewusst hatten. Wie einsam sie sich dabei gefühlt haben musste!
    »Und als dann diese Person einzog und anfing, mit dem Hintern zu wackeln, ist Ray natürlich völlig darauf abgefahren. Man hat sie eine Zeit lang oft zusammen gesehen. Aber ob sie’s getan haben? Wissen Sie, sie haben nie Händchen
gehalten oder so. Sie haben auch nicht beieinander übernachtet, nicht dass ich wüsste … Ich hab mir die beiden nie zusammen vorstellen können. Nie. Ein komisches Pärchen.«
     
    Gerrie versprach mir, dass ich jederzeit wiederkommen könne, wenn ich noch etwas wissen wolle. Ich bedankte mich herzlich und sah zu, dass ich wegkam. »Schauen Sie ruhig noch beim alten Cor vorbei«, drängte sie mich. »Der weiß bestimmt auch etwas.«
    Begierig sog ich die frische Luft ein und überquerte die Straße. Ich klingelte bei Rays Nachbarn, aber es machte mir niemand auf.
    Als ich mich umdrehte, stand Gerrie immer noch da und starrte mich an. Sie machte eine fragende Geste. Es wäre unhöflich gewesen, nicht zu reagieren. Ich winkte ihr zu und war froh, dass sie nicht in meiner Straße wohnte.
     
    Ich war schon längst wieder im Büro, als ich den Umschlag entdeckte. Ich suchte in meiner Tasche nach den Schlüsseln und sah ihn plötzlich zwischen einer Packung Feuchttücher und meinem Notizblock hervorschauen.
    Ich erwartete keine Wunder, sondern dachte an den Bettelbrief einer zweifelhaften Institution, die sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, eine aktuelle Adresskartei einzukaufen. Aber der Brief begann nicht mit den Worten: »Werden Sie zum glücklichen Gewinner einer Million Euro, wenn Sie jetzt in Teakholz investieren.«
    Es war ein sorgfältig formuliertes Schreiben, das jede Menge komplizierter Begriffe enthielt, wie sie gern von Notaren verwendet werden. Sein Inhalt ließ sich etwa folgendermaßen zusammenfassen: Rosita war Alleinerbin eines Großonkels
in England und wurde gebeten, sich bei der Kanzlei zu melden.
    Das allein hatte noch nichts zu bedeuten. Die Chance, dass ihr der Großonkel Schulden vermacht hatte, war genauso groß wie die Aussicht auf ein dickes Erbe. Ich machte meinen Computer wieder an und googelte den Namen des Großonkels: Rikkert Angeli. Keine Einträge.
    Ich sah auf die Uhr. In einer Viertelstunde schloss die Kinderkrippe, und ich brauchte bestimmt zehn Minuten bis dahin. Mist. Burley & Burley würden bis morgen warten müssen.

34
    In einer Jogginghose und einem fleckigen Pulli machte mir Rosita auf. Sie sah blass aus und hatte dunkle Ringe unter den Augen, die mir vorher gar nicht aufgefallen waren. Bevor Annas Vater zu Besuch gekommen war, hatte sie besser ausgesehen. Er durfte zu ihr, wann er wollte - aber sich um sie kümmern? Von wegen!
    »Hat es geklappt mit Anna? Was habt ihr gemacht?«
    »Warum lässt du Victor jedes Mal rein?«
    »Ray, bitte. Nicht jetzt.« Sie zog Anna die Jacke aus und hängte sie an die Garderobe. »Erzähl mal, habt ihr die Enten gefüttert?«
    Anna bejahte. Als Nächstes wollte sie fernsehen.
    »Und dann nimmst du ihn auch noch mit nach oben. Warum?«, fragte ich, während wir im Wohnzimmer standen und Rosita einen Zeichentrickfilm für Anna aussuchte. »Warum? Durfte er an deine Mumu? Ist es das?«
    Rosita zündete

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