Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
zu. »Haltet ihn fest!«
Die beiden stellten sich neben Fegan und hielten jeder einen Arm fest. Fegan wehrte sich nicht. Er blickte starr geradeaus, das Gesicht ausdruckslos.
Der Nomade trat ihn fest in den Unterleib. Fegan knickten die Knie weg, aber O’Kanes Männer zerrten ihn wieder hoch.
»Langsam also«, sagte der Nomade. Er drehte sich wieder zu Bull um, zog sein Messer aus der Tasche und klappte es auf. »Ich könnte ihn zum Beispiel abstechen. Keine schöne Art zu sterben.«
»Ja, das gefällt mir«, sagte Bull. »Aber nicht zu schnell. Lass ihm ein bisschen Zeit, über alles nachzudenken.« Er durchbohrte Fegan mit seinem Blick, dann schürzte er die Lippen. »Lass ihm Zeit, darüber nachzudenken, was er mir angetan hat. Dass er meinen Sohn umgebracht hat und meinen Vetter.« Bull lehnte sich vor, er fand kaum Zeit mehr zum Atmen. »Dass mir wegen ihm in den Bauch geschossen wurde. Dass ich wegen ihm in diesem verfluchten Rollstuhl sitze. Dass er mich hat aussehen lassen wie ein Weichei. Lass ihm Zeit, über all das nachzudenken.«
Schwer atmend sackte Bull zurück in seinen Stuhl. Der Nomade musste an einen verletzten Hund denken, den er einmal als Kind gesehen hatte. Es war ein Streuner gewesen, der von einem Auto angefahren worden war und sich in die Gasse hinter dem Haus seiner Mutter geschleppt hatte. Er hatte die Zähne gefletscht und nach jedem geschnappt, der sich ihm näherte. Schließlich hatte der Nomade eine Schaufel geholt. Nach drei Schlägen war das Geheul verstummt.
»Gegen Sie hatte ich gar nichts«, erklärte Fegan, an Bull gerichtet. »Sie hätten mich in Ruhe lassen können. Sie haben sich das alles selbst zuzuschreiben.«
»Stimmt, ich hätte dich in Ruhe lassen können«, antwortete Bull. »Habe ich aber nicht. Ist mir scheißegal, ob du was gegen mich hattest oder nicht. Ich hatte was gegen dich, und damit basta.Hast du sonst noch was zu sagen, bevor unser Freund hier sich an die Arbeit macht?«
»Nur noch eine Sache.«
Bull legte lächelnd den Kopf schief. »Was jetzt noch?«
»Eins dürfen Sie nicht vergessen: Ich werde Sie töten«, sagte Fegan.
Bull warf den Kopf zurück und lachte schallend auf. »Du lieber Himmel«, rief er. Dann nickte er dem Nomaden zu. »In Ordnung, mach ihn kalt.«
Der Nomade trat so nah an Fegan heran, dass der seinen Schweiß riechen konnte. Er rollte die steife linke Schulter, die ihm immer zu schaffen machte. Das Handgelenk war ebenfalls noch verbunden. Er starrte dem Verrückten in die Augen und suchte nach einem Anzeichen von Furcht. Doch da war nichts, nur ausgeglichene Ruhe. Der Nomade hielt Fegan das Messer ans linke Auge.
»Vielleicht löffele ich dir das da ja aus dem Kopf«, sagte er. »Wie gefällt dir das?«
Fegan reagierte nicht.
Der Nomade drückte Fegan die Klinge unter dem Auge an die Wange, die ersten roten Tröpfchen kamen zum Vorschein. Fegans Augenlid flackerte. Der Nomade zog das Messer bis zum Mund hinunter und hinterließ eine hellrote Spur. Fegan presste den Mund zusammen.
»Ich bin enttäuscht«, sagte der Nomade und lehnte sich mit verschwörerischer Stimme vor. »Immer wieder haben die Leute mir vom großen Gerry Fegan erzählt. Dass er der furchteinflößendste Scheißkerl ist, den Belfast je hervorgebracht hat. Und jetzt schau dich mal an.«
»Hast du sie entführt?«, fragte Fegan und schaute dem Nomaden zum ersten Mal in die Augen. Blut sammelte sich über seinen Lippen.
»Die Frau und das kleine Mädchen?«
»Ja«, sagte Fegan.
»So ist es.«
»Hast du ihnen etwas angetan?«
»Dem kleinen Mädchen geht es gut«, sagte der Nomade. »Die Frau ist allerdings verletzt. Als ich sie das letzte Mal sah, hat sie nicht besonders gut ausgesehen. Ihr gebe ich keine großen Chancen. Tut mir leid.«
Hinter Fegans Augen tat sich etwas, eine Entscheidung wurde gefällt, dann starrte er wieder in die Ferne. »Also los, tu, was du tun willst«, sagte er.
»In Ordnung«, sagte der Nomade und griff nach Fegans Ohr.
91
»Wer sind Sie?«, fragte die Frau.
»Ich bin der mit der Waffe«, antwortete Lennon. »Und wer zum Teufel sind Sie?«
Ihre Augen huschten kurz zur Tür und wieder zurück. »Ich bin Orla O’Kane.«
»Die Tochter von Bull O’Kane?«
Sie nickte.
»Gehört das Haus hier Ihnen?«
Sie nickte.
»Wo sind sie?«
»Wer?«
»Marie und Ellen«, sagte Lennon. Er trat noch einen Schritt näher und zielte auf ihre Stirn. »Versuchen Sie nicht, mich zu verarschen, sonst blase ich Ihnen das Hirn raus,
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