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Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Inbegriff eines Pechvogels. Irgendwie waren sie Freunde geworden, obwohl er sich jetzt im Rückblick wirklich fragte, warum.
    Wendy stolperte von einer Scheißbeziehung in die nächste,allein fünf waren es gewesen, seit er sie kannte, und alle endeten unweigerlich mit Verletzung und Bitterkeit. Auch Lennon hatte es einmal bei ihr versucht, aber sie hatte ihm erklärt, seine Sorte kenne sie und von einem Egoisten wie ihm lasse sie sich nicht benutzen und dann ausspucken. Sie sagte solche Sachen stets mit einem Lächeln, aber hinter der Witzelei kochte bloßer Zorn.
    Als Wendy Lennon die Anfrage für ein Interview weiterleitete, hatte er nicht die geringste Ahnung, dass dies sein ganzes Leben ändern würde. Er entdeckte etwas in Marie, erkannte ihre Entwurzelung, die ihn an seine eigene Situation erinnerte. Aber weder er noch Marie hatten vorgehabt, sich ineinander zu verlieben. In Anbetracht ihrer Familie – schließlich war sie eine McKenna und damit die Nichte von Michael McKenna – hätte er sich so weit wie möglich von ihr fernhalten sollen. Ihre Beziehung zerriss dann auch prompt noch Maries letztes Band zu ihrer Familie, und Lennons Kollegen ließen keine Gelegenheit aus, ihm die Sache immer wieder aufs Brot zu schmieren. Eigentlich war er kurz davor gewesen, zum Geheimdienst versetzt zu werden, aber im letzten Moment war er dann doch zur Kriminalpolizei beordert worden. Sie hatten ihm nie erklärt, warum, aber er wusste es auch so. Nicht nur war er ein katholischer Polizist zu einer Zeit, als so etwas immer noch eine Seltenheit war, außerdem hatte er auch noch etwas mit der Nichte von Michael McKenna. Er wusste nicht, was schlimmer war: die Drohungen der Republikaner, die ihm mit der Post Kugeln und Einladungen zum Jahresgedenken seines Todes schickten, oder die feindseligen Blicke und das Schweigen, mit dem er es auf der Arbeit zu tun bekam.
    Kaum waren sie zusammengezogen, fing Marie an, von Kindern zu sprechen. Und immer abends, wenn sie in der Dunkelheit beisammen lagen. Sie denke nur laut, sagte sie. Nur Gerede, nicht ernst gemeint.
    Aber ob ernst gemeint oder nicht, es flößte ihm eine Heidenangst ein. Nicht so sehr der Gedanke an schlaflose Nächte und das Korsett, in dem er sich dann befinden würde, machte ihn nervös, sondern die Gewissheit, dass er das Kind früher oder später im Stich lassen würde. Er versuchte es Marie zu sagen, ihr zu erklären, dass seine größte Befürchtung in seiner eigenen Schwäche lag, aber er fand nie die richtigen Worte. Jedes Gespräch endete damit, dass sie ihm die kalte Schulter zeigte, während er sich selbst für seine unbeholfene Wortwahl schalt.
    Nach einer Weile sprachen sie nicht mehr darüber. Ihre steingrauen Augen wurden noch kälter, die Lippen noch dünner und ihr Lachen so trocken, dass es sich anhörte wie Schmirgelpapier auf Holz. Eigentlich hätten sie die Beziehung damals beenden sollen, aber keiner von beiden brachte den Mut auf.

    Lennon riss so ruckartig den Kopf hoch, dass er an die Kopfstütze des Audis stieß. Hatte er etwa geschlafen? Sein Kopf fühlte sich schwer an. Er sah auf die Uhr. Gleich fünf. Wann hatte er zum letzten Mal nach der Zeit gesehen? Vielleicht vor einer Stunde.
    »Mein Gott«, stöhnte er.
    Er drehte den Zündschlüssel und hörte, wie der Dieselmotor ratternd ansprang. Er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen.
    Auf dem Bürgersteig näherte sich ein Mann. Mitte dreißig, schätzte Lennon. Harte Gesichtszüge, mehr vom Leben gezeichnet als vom Alter. Sein rechtes Augenlid war rot und geschwollen. Der linke Arm hing schlaff herunter. Im Vorbeigehen nickte er Lennon zu.
    Durch den Spiegel beobachtete Lennon den Rücken des Mannes, bis der zwischen den geparkten Autos verschwand. Lennon machte die Tür des Audis auf und stieg aus. Es schaute die Eglantine Avenue auf und ab.
    Keine Spur von dem Kerl.
    Lennon setzte sich wieder in den Audi, sein Mund war wie ausgetrocknet. Er hätte jetzt gern noch ein Glas Stella gehabt und vielleicht ein bisschen Gesellschaft.

27
    Mit gesenktem Kopf lief der Nomade durch die Seitenstraße. Er wagte einen flüchtigen Blick über die Schulter. Niemand folgte ihm. Sein Mercedes stand eine Straße weiter nördlich, in einer Parallelstraße der Eglantine Avenue. Den Namen wusste er nicht. Belfast fing an, ihm auf die Nerven zu gehen mit seinen ewigen roten Backsteinhäusern und den vollkommen zugeparkten Straßen. Und den Leuten, die neuerdings alle so selbstgefällig lächelten, seit

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