Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
Ihnen kommt.«
»In Ordnung«, sagte der Nomade.
Orla unterbrach die Verbindung und warf das Telefon auf ihr schmales Bett. Sie drückte die Zigarette aus und sah auf ihre Armbanduhr. Der Kolostomiebeutel ihres Vaters musste gewechseltwerden, und sie wollte nicht, dass eine der beiden Krankenschwestern das machte. Stattdessen musste Orla selbst den Fäkalienbeutel vom Stoma lösen, der künstlichen Körperöffnung im Bauch ihres Vaters. Dann warf sie den Beutel weg und brachte einen frischen an. Bei den ersten Malen, wo sie es hatte erledigen müssen, hatte sie geweint. Inzwischen ignorierte sie den Gestank einfach und brachte die Sache hinter sich.
Über zwei schmale Treppen gelangte sie in den ersten Stock. Sie überquerte die Galerie mit Blick auf den Eingang und klopfte an die Tür ihres Vaters.
»Wer ist da?«
»Ich bin es«, antwortete sie.
»Komm rein.«
In seiner Stimme lag eine Ungeduld, die ihr nicht behagte. Sie öffnete die Tür und trat ein, dann blieb sie zwischen Tür und Bett stehen.
»Steh nicht so blöd da und glotz«, herrschte Bull O’Kane sie an. »Komm lieber her und hilf mir.«
Es saß auf der Bettkante, zu seinen Füßen ein Knäuel aus Laken und Decken mit orangefarbenen und roten Flecken. Eine Plastikschüssel lag umgestürzt auf dem Fußboden, daneben ein Trinkbecher. Das Tablett stand angelehnt am Nachtschränkchen.
Orla ging zu ihm hin. »Mein Gott, Da, warum hast du denn nicht eine von den Schwestern gerufen?«
»Weil ich nicht will, dass die ständig um mich herumschwirren. Hilf mir einfach, okay?«
Sie kniete sich hin, nahm das Tablett und stellte die Schüssel und den Becher darauf. Hier unten, so nahe bei ihm, war der Geruch besonders schlimm. Aus einer Schachtel auf dem Nachtschränkchen zupfte sie eine Handvoll Papiertaschentücher und betupfte damit die Pfützen von Suppe und Orangensaft.
»Manchmal musst du dir aber nun mal von den Schwesternhelfen lassen«, sagte sie. »Dafür werden sie schließlich bezahlt. Ich kann nicht ständig da sein und hinter dir herräumen.«
»Ich will sie nicht in meiner Nähe haben«, nörgelte Bull. »Wenn ich mich nicht mal mehr auf meine eigene Tochter verlassen kann, Himmel, auf wen soll ich mich denn dann noch verlassen?«
Ihr heißer, blanker Zorn machte sich Luft, noch bevor sie sich bezähmen konnte. »Dann sei eben gefälligst ein bisschen vorsichtiger, zum Teufel. Du …«
Der Schlag ließ sie zur Seite kippen, sie landete auf der Schulter. Ihr Ohr brannte, irgendwo in seinem Inneren hörte sie einen hohen, sirrenden Ton. Sie blieb liegen, bis sie ihren Atem wieder unter Kontrolle hatte.
Der alte Mann starrte abwesend vor sich hin. »Herr im Himmel, meine eigene Tochter.«
Orla kniete sich hin, knüllte die Papiertaschentücher zusammen und legte sie aufs Tablett. Dann stand sie auf, trug das Tablett zur Tür und verließ das Zimmer. Ihr Ohr klingelte, Tränen waren ihr in die Augen geschossen. Sie warf das Tablett an die Wand und sah zu, wie die letzten Tropfen Suppe und Orangensaft die Tapete bespritzten und das Plastik auf den Boden schepperte.
25
Die Männer der Doyles liefen auseinander, sobald sie die Sirenen kommen hörten. Fegan hatte alles, was er brauchte, in einer Sporttasche und lief bereits auf der Hester Street nach Westen, als hinter ihm die blauen und roten Lichter an den Hauswänden flackerten. Auf der Forsyth Street wandte er sich nach Süden und marschierte so lange weiter, bis er die Anlegestelle der Fähre erreicht hatte. Er und die Pendler, die nach ihrer Nachtschicht auf dem Nachhauseweg waren, ignorierten einander, während das Boot über die Bucht nach Staten Island glitt. Er hastete von Bord und ging zu Fuß weiter. Einmal brach er unterwegs wegen seiner Visionen von kinderfressendem Feuer und Rauch zusammen. Er schrie in die Morgendämmerung hinein, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte und schweißüberströmt seinen Weg fortsetzte.
Fegan war sich noch nicht sicher genug, um es sich selbst einzugestehen, aber tief in seinem Innern wusste er, dass er auf dem Weg nach Hause war. Auf dem Telefon in seiner Tasche klebte zwischen den Tasten getrocknetes Blut, und das Display war zersprungen, aber es funktionierte noch. Oft hatte er davon geträumt, dass es einmal klingeln würde. Er wusste selbst nicht, ob das Signal bei ihm eher Entsetzen oder Erleichterung auslösen würde, aber er hatte eine Vorahnung, dass die Antwort auf diese Frage nicht mehr in weiter Ferne lag.
26
Lennon stellte
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