Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Blutige Fehde: Thriller (German Edition)

Titel: Blutige Fehde: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
warten Sie.«
    Toner riss seinen Arm los und machte die Tür auf. »Reden Sie doch mit Ihren eigenen Leuten und hören Sie mal, was die Ihnen erzählen.«
    »Es geht um Marie McKenna«, sagte Lennon. »Um ihre Tochter. Meine Tochter.«
    Toner erstarrte. »Mein Gott, der sind Sie also. Sie sind der Cop, mit dem Marie sich eingelassen hat.«
    »Genau«, sagte Lennon.
    Über Toners Schulter tauchte die Kellnerin auf, im Schlepptau ein Grüppchen junger Bürotypen. »Ich brauche das Abteil«, sage sie.
    Toner achtete nicht auf sie. »Sie wollen wissen, wo Marie ist?«
    »Ja.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Toner. »Keiner weiß es. Umso besser für sie, wenn sie aus der Sache raus ist. Und für Sie übrigens auch. Hören Sie auf, die Sache wieder aufzuwühlen. Mehr sage ich Ihnen nicht, und das war schon zu viel.«
    »Entschuldigen Sie«, rief die Kellnerin.
    »Nur noch eine Sekunde.« Lennon holte eine Visitenkarte aus der Tasche und drückte sie Toner in die Hand. »Falls Sie mal reden wollen.«
    »Bestimmt nicht«, sagte Toner und gab die Karte zurück. »Lassen Sie die Finger davon. Das ist für alle das Beste.«
    Lennon hob Toners Revers hoch und steckte ihm die Karte in die Brusttasche. »Nur für den Fall«, sagte er.
    Toner sah plötzlich sehr alt aus. »Lassen Sie die Finger davon«, wiederholte er. Er drehte sich um und schwankte zum Ausgang.
    Lennon drückte der Kellnerin eine Fünf-Pfund-Note in die Hand und dankte ihr. Auf dem Weg zur Tür nahm er sich Zeit,damit Toner vorher verschwinden konnte. Als er sich bis hinaus auf die Great Victoria Street drängte, war von dem Anwalt nichts mehr zu sehen. Taxis, Autos und Busse hupten einander an, während sie im Schatten des Europa-Hotels um jeden Zentimeter kämpften.
    Er besann sich wieder auf das, was er sich letzte Nacht vorgenommen hatte, und sah auf die Uhr. Es war erst kurz nach halb sieben. Er hatte vergessen, seiner Schwester eine SMS zu schicken, aber das spielte eigentlich keine Rolle. Höchstwahrscheinlich hatte sowieso niemand vor, seine Mutter an einem Abend in der Woche zu besuchen. Wenn er sich beeilte, konnte er noch vor acht in Newry sein, sich eine Stunde zu ihr setzen und um zehn schon wieder in Belfast sein.
    Lennon lief in Richtung des Parkplatzes auf der Dublin Street und dachte abwechselnd an eine gebrechliche Frau, einen verängstigten Anwalt und ein kleines Mädchen, das seinen Namen nicht kannte.

    Zum dritten Mal in zwanzig Minuten erklärte Lennon seiner Mutter nun schon, wer er war. Zum dritten Mal nickte sie mit einem Anflug des Wiedererkennens im Gesicht. Einen Moment lang nestelte sie an ihrem Morgenmantel herum, dann starrte sie wieder die Wand vor ihrem Bett an.
    Jeder Besuch verlief so wie dieser, eine Abfolge sinnloser Gespräche, unterbrochen von Phasen der Verwirrung. Er kam trotzdem, vielleicht nicht so oft, wie er gesollt hätte, aber oft genug, um bemerkt zu werden. Es war nicht so, dass seine Mutter ihm nicht die Zeit wert war. Vielmehr konnte er es nicht ertragen, sie in dieser Verfassung zu sehen, selbst wenn sie sich schon vor Jahren von ihm losgesagt hatte. Er hatte es gehasst, darauf warten zu müssen, bis ihr Verstand sie verließ, bevor er sie wieder besuchen konnte. Sie war inzwischen kaum mehr als ein Schatten der Frau, die wieein junges Mädchen gekichert hatte, als er und sein Bruder mit ihr auf Hochzeiten und Firmungen getanzt hatten.
    »Die Abende werden schon kürzer«, sagte sie und sah aus dem Fenster in die einsetzende Dunkelheit hinaus. »Ehe man sich versieht, ist Weihnachten. Bei wem wird dieses Jahr Weihnachten gefeiert?«
    »Bei Bronagh«, sagte Lennon. »Es ist doch immer bei Bronagh.«
    Bronagh war die älteste seiner drei Schwestern. Sie war es gewesen, die Lennon vor so vielen Jahren aufgefordert hatte, zu verschwinden und sich nie wieder blicken zu lassen.
    Am Tag vor Liams Beerdigung war Phelim Quinn, der im Stadt- und Kreisrat von Armagh saß, im Haus von Lennons Mutter vorbeigekommen. Er nahm die Mutter beiseite, sprach sein Beileid aus und erinnerte sie noch einmal daran, dass es sinnlos war, mit der Polizei zu reden. Die würde ja sowieso nichts für einen tun. Liam habe für seine Fehler bezahlt und es sei für alle das Beste, ihn einfach zu vergessen und weiterzumachen. Lennons Mutter erklärte Quinn mit ganz ruhiger Stimme, er solle verschwinden. Als Quinn dann den Pfad zum Gartentor hinunterging, lief Lennon ihm nach.
    »Liam war kein Spitzel«, rief er. »Er hat es mir selbst

Weitere Kostenlose Bücher