Blutige Fehde: Thriller (German Edition)
und ein Husten. Ein Knarren, als ein Körper sich von der Matratze erhob, auf dem Teppich das Tappen von Füßen in Socken.
Das Licht im Badezimmer ging an, und der Nomade kniff die Augen zusammen. Hinter der offenen Tür hörte er, wie der Toilettendeckel hochgeklappt wurde und Toner den Reißverschluss aufmachte. Sollte das arme Würstchen doch ruhig noch zu Ende pissen und seinen Schwanz wegpacken, bevor er in Aktion trat.
»Komm schon, komm schon, komm schon«, flüsterte Toner sich selbst zu, dann wurden seine Anstrengungen mit plätscherndem Wasser belohnt. Er seufzte, der Laut wurde von den Badezimmerkacheln zurückgeworfen. Der Nomade roch ein säuerliches Gemisch aus Alkohol und Tabak. Er hörte das letzte Tröpfeln, dann das Rascheln von Stoff, das Zuziehen des Reißverschlusses und die Toilettenspülung.
Dann eine Pause, gefolgt von: »Was zum Teufel …?«
Behutsam und leise schob der Nomade die Tür zurück.
Patsy Toner starrte auf die randvoll mit Wasser gefüllte Badewanne hinab. Seine betrunkenen Augen blinzelten, so als würde er die Sache bestimmt gleich verstehen, wenn er sich nur noch ein bisschen mehr anstrengte. Dann wandte er den Kopf und sah den Nomaden, der ihn beobachtete.
»Nein«, flüsterte Patsy Toner so leise, dass er fast von dem sich wieder füllenden Spülkasten übertönt wurde.
Der Nomade überließ sich seiner Wut und seinem Hass, die ihn anspornten und blitzschnell machten. Toner fand kaum Zeit, die Hände zu heben und wenigstens Luft für einen Schrei zu holen. Der aber entfuhr ihm nicht mehr, sondern erstickte in seiner Kehle, als der Nomade Toners Stirn gegen den Spiegel über der Wanne schlug und auf dem zersprungenen Glas einen blutigen Stern hinterließ. Glitzernde Glassplitter fielen ins Wasser und tanzten in roten Schlieren.
Toners Beine sackten weg, und der Nomade ließ den Anwalt kopfüber ins Wasser fallen. Mit einer Hand packte er den Anwalt im Nacken, mit der anderen umklammerte er dessen Handgelenk.
Eine Weile geschah nichts weiter, als dass feine blutrote Schlieren sich im spritzenden Wasser verteilten und rasch auflösten.
Dann zuckte Toner ruckartig.
Dann wehrte Toner sich.
Dann schrie Toner unter Wasser.
37
»Bonjou, Gerry«, sagte Pyè.
Fegan legte seinen halb aufgegessenen Toast zurück auf den Teller. Pyè rutschte neben ihm in die Nische. Der Fahrer der Doyles besetzte einen Hocker am Tresen. Es war noch früh. Nur zwei andere Gäste aßen noch im Diner. An einem Tisch döste eine Kellnerin vor sich hin.
»Du böser Mann.« Pyè drohte Fegan mit dem Finger. »Ganz böser Mann. Ou moun fou, verrückter Scheißkerl. Doyles mir erzählen die ganze teuflische Mist, du machen. Du malad, in Kopf.« Pyè tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
Fegan wischte sich mit einer Serviette den Mund ab. »Und was jetzt?«
»Du kommen mit mir«, erklärte Pyè. »Zu Doyles. Die warten in machin la.« Er deutete mit dem Daumen auf einen Wagen mit abgedunkelten Scheiben, der draußen mit laufendem Motor stand.
Pyè rutschte aus der Nische und legte Fegan die Hand auf die Schulter. »Komm, Gerry.«
Fegan legte die Serviette auf den Teller und schob ihn weg. »Ich töte dich, wenn ich muss«, sagte er.
Pyè lächelte. »Vielleicht«, antwortete er. »Vielleicht nicht. Komm.«
Fegan folgte ihm zum Wagen, der Fahrer kam ihnen nach. Pyèblieb stehen und legte Fegan eine Hand auf die Brust. Dann ließ er seine Hände über Fegans Körper gleiten und tastete ihn unter den Armen und auf dem Rücken ab.
»Ich bin unbewaffnet«, sagte Fegan. Er hatte die Waffe, derer er sich in dem Hinterhof seines Hauses bemächtigt hatte, im Motel gelassen.
»Mir immer kontrollieren«, erklärte Pyè.
Er bückte sich und ließ seine Hände über Fegans Beine gleiten, dann durchsuchte er seine Taschen. Er fand zuerst ein Portemonnaie und dann das Mobiltelefon.
»Nicht«, sagte Fegan.
»Was nicht?«
»Mein Telefon wegnehmen«, sagte Fegan. »Das brauche ich.«
Pyè lachte. »Du brauchen nie, Gerry.«
»Was?«
»Du brauchen gar nix.« Pyè warf das Telefon auf die Erde. Es hüpfte ein paarmal klackernd auf und ab.
»Nein«, sagte Fegan.
Pyè hob einen Fuß und wollte auf das Telefon treten. Fegan ballte die Fäuste, die Knöchel traten spitz hervor, und versetzte ihm einen Schlag auf den Adamsapfel. Pyè prallte gegen den Wagen und sackte mit weit aufgerissenen Augen zu Boden.
»Ich sagte nein.«
Blinzelnd und keuchend versuchte Pyè sich hochzurappeln. Eine
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