Blutige Küsse und schwarze Rosen
Art dieser Vereinigung bereits mit Nico erlebt und die Intimität dieses besonderen Momentes gespürt. Und mit niemandem außer Nico würde er dies je wieder teilen können.
„Du wirst mich lieben lernen, Elias.“ Sânge sprach leise, für einen Sterblichen unhörbar. „Selbst wenn es dir momentan noch unmöglich erscheint, du wirst mich lieben lernen. Ich habe ein großes Herz, wenn man sich mir öffnet. Ich habe Reichtum, Macht. Und ich bin ein hervorragender Liebhaber. Ich könnte Dinge mit deinem Körper und deinem Geist anstellen, die du dir nicht einmal vorstellen kannst.“ Er stand vom Bett auf und ließ sich am Rand der Eckbadewanne nieder. „Und irgendwann – sehr bald möglicherweise – wirst du nicht von meiner Seite weichen wollen. Ich werde dir alles geben können, was du begehrst; vorausgesetzt, du verdienst dir meine Zuneigung. Ich wäre sogar gewillt, dir das größte Geschenk zu geben, das ein Vampir sich nur wünschen kann – würde dich zu meinesgleichen machen. Einem Energievampir. Du wärst unabhängig vom Blut anderer und nahezu unverwundbar.“
Sânge fuhr mit seinen Fingerspitzen nachdenklich über die Wasseroberfläche, woraufhin Elias automatisch zurückwich. Er wollte sich auch der kleinsten Berührung durch den anderen entziehen.
„Du tätest gut daran, dir Naferias Vertrauen schon jetzt langsam zu erarbeiten. Das Ritual gelingt nämlich am besten, wenn der geopferte Vampir dir blindes Vertrauen entgegen bringt. Vertrauen, welches keinesfalls durch Magie erzwungen werden darf. Da sie jedoch einst für Apollinea bestimmt war, könnte dies ein langwieriger Prozess werden … Vielleicht fällt es zu deinen Gunsten aus, wenn du Naferia über Apollineas Tod hinweg tröstest.“
Ein Anflug blanker Wut durchzuckte Elias. Naferia sollte von Beginn an nie mehr als eine Opfergabe gewesen sein?
„Sie glaubt, sie wäre wie eine Schwester für dich!“, stieß er entrüstet hervor. „Sie glaubt, du liebst sie auf die Weise, wie sie dich liebt! Sie hat dir sogar verziehen, dass du sie verwandelt und ihrer Familie entrissen hast! Sie hat Mitleid mit dir, da du deine Schwester verloren hast!“ Er konnte es nicht fassen und sah die junge, klein gewachsene Vampirin vor sich, deren karamellfarbene runde Augen jedes Mal vor Ehrfurcht und Bewunderung strahlten, wenn sie von ihrem Erschaffer sprach. „Und du ziehst sie bloß auf, um sie zu gegebener Zeit wie ein Tier abzuschlachten? So etwas Abartiges hab –“
Die Worte waren ihm über seine Lippen geeilt, ohne dass er sie hätte kontrollieren können. Aber blieb der Rest von ihnen in Elias’ Halse stecken, sobald Sânge eine offene Hand hob und diese – zusammen mit einem intensiven Blick – auf ihn richtete.
Eine tiefe Benommenheit breitete sich in Elias aus. Er konnte nicht gegen sie ankämpfen, konnte sich ihr nicht entziehen. Er verstand sofort, dass dieser Schleier, der seine Seele umwob und wie betäubendes Gift durch ihn hindurchströmte, Sânges Werk war. Es war eine Macht, wie der Vampir sie bislang nicht an ihm angewandt hatte, denn Elias war bei Sinnen. Er spürte, dass ihm die Kontrolle über seinen Körper genommen wurde. Nur brachte ihm dieses Wissen nichts. Der drückende Käfig zog sich immer enger um ihn, ließ jeden seiner Muskeln erschlaffen, bis er schließlich auch Elias’ Bewusstsein umschloss.
Innerlich schreiend wurde er von einer endlosen Schwärze empfangen. Das Letzte, was er sah, war die Vase in einer verschlossenen Glasvitrine am anderen Ende des Raumes. Sie war die einzige, in der keine roten Rosen standen, sondern pechschwarze. Jene Rosen, die mit Nicos Blut getränkt waren.
Kapitel 21
R ACHEDURST
Eine alles durchdringende Ruhe umgab Elias. Hier unter der Erde war nichts von dem Wind zu hören, der pfeifend um die Häuser zog. Lediglich das sanfte, leise Knistern, das die Satindecke bei jeder seiner Bewegungen erzeugte, war zu vernehmen.
Verträumt strich Elias mit der Hand über die kühle, glatte Hülle, die seine Haut zärtlich umschmiegte. Er lächelte. Mit den ihm geschenkten Sinnen war selbst das Erwachen eine pure Liebkosung – ganz zu schweigen von Nicos Berührungen.
Nicos Berührungen … Wie er sie vermisste … Wie hatten sie nur im Streit auseinandergehen können?
Schwer atmend fuhr Elias im Bett hoch, als Bilder der letzten Geschehnisse wie eine Lawine auf ihn einstürzten. Der Streit. Die Kammer. Die Gefangenen. Apollinea. Ihre Asche. Ihr Herz.
Und sein Herz.
Die Finger an
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