Blutige Küsse und schwarze Rosen
geliebt hatte, wie Naferia es erzählte, dann würde diese Provokation ihn jegliche Kontrolle über sich und seinen Zorn verlieren lassen. „Und nun beschaffst du dir mit Naferia Ersatz. Dabei kannst du selbst sie nur halten, indem du ihre Sinne vernebelst. Sie spricht von dir wie von einem Gott. Nur tut sie das nicht aus freien Stücken. Du musst diese Liebe erzwingen, denn sogar deine eigene Schwester konnte dich nicht lieben.“
Ruckartig wandte sich Sânge von der Badewanne ab, die sich allmählich mit dampfend heißem Wasser füllte. Seine Augen blitzten wütend und die Luft um ihn herum schien zu vibrieren, als er langsam auf Elias zukam.
Die Lider fest zusammengepresst, drückte Elias seinen Körper instinktiv gegen den harten Schrank in seinem Rücken. Er hatte immer geglaubt, sterben wäre leicht; hatte geglaubt, der Schock, das Adrenalin und eine alles übermannende Ohnmacht ließen den Sterbenden mehr oder minder sanft aus der ihm bekannten Welt gleiten. Aber Elias war vollkommen bei sich. Er hörte das Herz hinter seinen Rippen surren und wusste, dass jeder Schlag der letzte sein konnte. Er spürte jeden Tropfen des kalten Angstschweißes, der ihm die Schläfen hinab rann. Und er sah die wenigen Menschen vor sich, die er je wahrhaftig und unendlich geliebt hatte. Hoffentlich würden sie ihn irgendwann verstehen können. Hoffentlich würden sie einander Halt geben, sollte Nico je nach Hause zurückkehren. Ohne ihn.
Panik fuhr durch Elias’ am Boden zusammengekauerten Körper, als er Sânge direkt vor sich wahrnahm. Er kniete nieder, stemmte sich mit den Händen links und rechts von Elias’ Kopf ab und führte die Lippen an sein Ohr.
„Netter Versuch.“ In den gefauchten Worten schwang ein spöttischer Tonfall mit. „Ja, beinahe sogar ehrenhaft. Nur, glaubst du wirklich, ich durchschaue den Plan eines mir offen zugänglichen Geistes nicht? Sieh mich an und höre gut zu.“
Finger legten sich in einem festen Griff um Elias’ Hals und er sah auf, direkt in das Gesicht seines Gegenübers. Es lächelte friedlich, schaute seelenruhig zu ihm herunter, während Sânge Elias immer weiter den Atem raubte. Sein Kehlkopf drohte zu zerbersten. Sein Kopf wummerte. Vor seinen Augen flimmerte alles.
„Solltest du mir nicht freiwillig gehorchen, werde ich dich nicht nur, genau wie Naferia, wie ein Haustier ohne eigenen Willen halten und benutzen, nein, ich lasse auch deinen Nico allzu gerne für deine Frechheit leiden. Einzig die Tatsache, dass du mir gefällst, könnte dich vor diesem ewig anhaltenden Schicksal bewahren. Ebenso könnte ich vielleicht irgendwann gewillt sein, Nicos Qualen mit dem Tod ein Ende zu setzen, solltest du artig sein.“
Sânge zog den Griff zurück und Elias schnappte röchelnd nach Luft.
„Hoffentlich haben wir einander verstanden“, ergänzte er harsch und erhob sich. „Denn ich wiederhole mich sehr ungern.“ Mit einem Kopfnicken wies er in Richtung der Badewanne. „Geh jetzt. Die Wanne ist voll.“
Elias rührte sich nicht. Alles in ihm schrie gegen die Aufforderung an. Er wollte ihr nicht Folge leisten, wollte sich Sânge widersetzen. Doch waren dessen Worte mehr als deutlich gewesen.
Die verschmutzte Kleidung von seinem geschändeten Körper abgeschält, ließ Elias sich langsam in das dampfende Wasser sinken, das sich mehr und mehr aschgrau färbte. Die Hitze empfing ihn gnadenlos und weckte Krämpfe in seinen verspannten Muskeln. Aber sobald das Wasser die Wunde an seiner Brust umspülte und diese begann, unerträglich zu brennen, waren diese vergessen. Keuchend vor Schmerz setzte er sich wieder auf und sah an sich herab. Die Blessur, die Apollinea ihm zugefügt hatte, hatte sich noch nicht vollständig geschlossen. Sie war durch das Wasser erneut aufgeplatzt.
„Dir wurde eine äußerst tiefe Verletzung beigebracht. Und das unmittelbar am Herzen.“ Sânge ruhte auf dem Bett und beobachtete ihn aufmerksam. „Bis das abgefüllte Menschenblut sie vollständig verheilen lässt, dauert es noch ein wenig … Natürlich könnte ich dir mein kostbares Blut anbieten.“ Er krempelte den Ärmel seines Hemdes hoch. „Es würde dich stärken, ohne dich mit Macjuahns Fluch zu belegen. Du brauchst nur darum zu bitten.“
„Ich will dein Blut nicht“, entgegnete Elias schroff und schwappte mit der Hand vorsichtig etwas Wasser über seine verwundete Haut, um sie von der Asche und den Verkrustungen zu säubern. Niemals würde er von ihm trinken. Nicht von Sânge. Er hatte die
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