Blutige Küsse und schwarze Rosen
lag, unzugänglich. Doch früher oder später würde einer der Zirkelmitglieder Sânges und Apollineas Fehlen bemerken, sich auf die Suche nach ihnen begeben und dabei zumindest die Überreste eines der Vampire in den unterirdischen Korridoren finden.
Was für ein Chaos dann ausbrach, wollte und konnte sich Elias nicht einmal vorstellen. Er wusste nur, dass Nico, Naferia und er bis dahin verschwunden sein mussten. Andernfalls wäre ihr gemeinsames Ende äußerst vorhersehbar.
Über diesen Gedanken schaudernd, setzte Elias sich an Naferias Bettseite und nahm ihr das Shirt von der Stirn, welches er aus dem offen stehenden Schrank geholt und mit kaltem Wasser befeuchtet hatte. Der Stoff war nun glühend heiß – wie schon die vorherigen Male, die er ihr damit Gesicht und Dekolleté gekühlt hatte. Es war, als loderten in ihrem Körper sengende Flammen, die er von außen nicht löschen konnte.
Größere Sorgen aber machte sich Elias um seinen Freund. Er hatte ihn in diesem Zustand nicht dazu bringen können, Blut zu sich zu nehmen. Weder hatte Nico auf Elias’ noch auf das abgefüllte Blut aus der Holzkommode reagiert, aus der Elias zuvor Sânge hatte Blut holen sehen. Die gesamte innere Staufläche war mit Vorräten zugestellt gewesen. Wie viele Menschen hierfür hatten herhalten müssen, wollte sich Elias gar nicht vorstellen.
Voller Angst musterte er Nico. Selbst wenn seine Brandwunden allmählich und sehr langsam zu heilen begannen, so wusste Elias nicht, ob er je vollkommen genesen würde. Nico hatte etwas durchlebt, das für einen verfluchten Vampir normalerweise den sicheren Tod bedeutete. Und das hätte es auch für ihn, wäre Naferia nicht zur richtigen Zeit vor Ort gewesen. Elias würde ihr auf ewig dankbar sein.
„Hunger …“
Erschrocken fuhr Elias zusammen, als das gehauchte Wort die Stille durchschnitt.
„Ich brauche … Essen …“
Mit flatternden, schwachen Lidern sah Naferia zu ihm auf. Sie wirkte ausgemergelt und um Jahre gealtert.
Alarmiert und erleichtert zugleich schnappte sich Elias das bereitgestellte Blut und kniete sich neben das Bett an Naferias Seite. Er schob eine Hand unter den fiebrigen Nacken, um sie leicht aufzurichten und ihr dabei zu helfen, die erste Flasche Schluck um Schluck zu leeren.
Doch als die Vampirin wieder in das weiche Kissen zurücksank, schien sie nicht minder kraftlos zu sein.
„Da stimmt was nicht“, klagte sie verzweifelt. „Das sättigt ja gar nicht … Ich brauche mehr.“
„Es ist genug da“, beruhigte Elias und wollte gerade den Verschluss der nächsten Flasche öffnen, als Naferia ihn daran hinderte.
„Nicht mehr davon “, meinte sie beinahe quengelig. „Erklärte ich nicht eben, dass das …?“
Inmitten des Satzes brach sie ab und blickte Elias verwundert an. Ohne etwas zu sagen, hob Naferia ihre vor Schwäche zittrige Hand und ließ sie wenige Zentimeter über seiner Haut wandern – zunächst zögernd, dann aber sicherer. Sie schwebte über Elias’ Arme, seinen Hals … berührte ihn dabei nicht.
„Spürst du das?“, wisperte sie und ihre Augen wurden immer größer, immer wacher und verblüffter. „Die Wärme, die du ausstrahlst? Diese wahnsinnig wohltuende Wärme …?“
Verwirrt beobachtete Elias die feingliedrige Hand, die seinen Körper entlangfuhr, ohne ihn dabei auch nur zu streifen. Er begriff nicht, wie Naferia, deren Haut selbst eine ungewöhnliche Hitze aussandte, etwas dergleichen spüren konnte. Im Vergleich zu ihr musste er eigentlich eiskalt sein.
„Das muss das Blut sein, das du zu dir genommen hast“, schloss er. „Es brauchte vermutlich bloß seine Zeit, bis es wirken konnte. Sicher breitet sich jetzt die Kraft in dir aus.“
Die Vampirin nickte nachdenklich und gab ihm schließlich recht.
„Ja, so muss es wohl sein. Mir geht es schon viel besser. Endlich.“ Vorsichtig, als sei sie noch nicht sicher, wie zu rasche Bewegungen sich auf sie auswirken würden, setzte sich Naferia auf. „Ich hatte erschreckende Träume. Da waren überall Flammen … Sie drangen in mich, von allen Seiten. Und mit jeder Feuerzunge, die sich in mich brannte, brannten sich gleichzeitig Bilder in meinen Kopf. Wie Erinnerungen, nur nicht meine eigenen. Ich sah so viele Dinge. Furchtbare wie schöne.“ Sie strich sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Vielleicht wollte mir der Herr etwas damit sagen?“
„Der Herr?“ Elias sah sie überrascht an.
„Ja. Schließlich hat er mir die geistige und körperliche
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