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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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Stärke gegeben, um mich zu wehren. Allein aus diesem Grund leben wir noch, ist dir das denn nicht klar? Sânge hatte Macht genug, uns allesamt umzubringen. Und er hätte es zweifellos geschafft, wenn er nicht den Groll des Allerhöchsten auf sich gezogen hätte. Denn obwohl ich mich nach meiner Verwandlung zum Vampir von meinem Glauben abgewandt hatte, liebt mich der Herr nach wie vor. Anders als Sânge.“ Naferia brachte diesen Namen nur schwer über ihre Lippen. Sie hielt kurz inne, ehe sie fortfahren konnte. „Ich kann nicht fassen, dass all seine Liebe gelogen war. Und ich kann erst recht nicht fassen, dass er mich die Treue zu meinem wahren Gott hat vergessen lassen … Das gehört aber der Vergangenheit an! Ich weiß jetzt wieder, wer ich bin. Ich habe jetzt wieder meinen eigenen Willen.“
    Energisch erhob sie sich aus dem Bett, blickte sich in dem großen Raum um und schritt darin umher. Ihr war der Schwächeanfall längst nicht mehr anzusehen. Naferia wirkte stärker denn je.
    Anders als Elias. In seinen Gliedern machte sich eine Müdigkeit erkennbar, die er in seiner Sorge um Nico und Naferia bis gerade eben nicht bemerkt hatte. Nun jedoch war sie nicht mehr zu leugnen. Sie zog ihn mit unsichtbaren Armen auf die frei gewordene Betthälfte, direkt an Nicos Seite.
    Während Naferia jeden Winkel des Schlafzimmers inspizierte, trank Elias eine Flasche Blut und betrachtete kummervoll seinen Freund.
    Noch immer prangten Wunden und kleine Pusteln überall auf seiner Haut, die einfach nicht verheilen wollten. Die Stelle um Nicos Augenbrauenpiercing schien bis auf die Knochen verbrannt zu sein. Und selbst sein von Kleidung bedeckter Körper hatte die Wucht der Sonnenstrahlen abbekommen. Er leuchtete orangerot durch den dünnen Shirtstoff.
    „Wage es nicht, mich zu verlassen.“ Elias sprach unter Tränen. Lange und mühsam hatte er sie zurückhalten können. Dabei schmerzte ihn die bloße Vorstellung, dass er Nico verlieren könnte. „Wenn ich nur wüsste, was dir fehlt. Wie ich dir helfen kann.“
    „Möglicherweise lässt sich das ja herausfinden“, ertönte es vom anderen Ende des Zimmers.
    Die Beine zum Schneidersitz gefaltet, saß Naferia auf dem Boden und blätterte in einem dicken Buch, dessen verzierter Einband sowie einige Seiten auffallend beschädigt waren. Ein Buch, das Elias auf der Stelle wiedererkannte. Es war die Schrift der Nalmiha.
    „Hier ist die Rede von Flüchen und Bannen“, fuhr sie fort. „Und noch weiter hinten geht es um Rituale und … Magie, die so schwarz ist, dass ich ihre Macht selbst über das Pergament spüren kann.“ Ein sichtbares Grauen schüttelte die Vampirin. „Diese Seiten sind besudelt. Sie sind äußerst mächtig. Mächtig und von Grund auf schlecht.“
    „Einen Moment … Warte mal …“ Elias stolperte fast über seine eigenen Füße, als er sich vom Bett aufrappelte und neben ihr niederließ. „Du kannst das lesen?“
    Ein verdutzter Seitenblick wurde ihm zuteil, als Naferia antwortete.
    „Sei nicht albern. Zugegeben, die Schrift der Nalmiha ist sehr alt und ihre Sprache somit gewöhnungsbedürftig. Aber wer, wie ich, die Bibel verschlungen hat, wird mit diesem Werk keine allzu großen Schwierigkeiten haben.“
    Allmählich an seinem eigenen Verstand zweifelnd, starrte Elias auf die Zeilen, aus denen Sânge am Tag ihrer Ankunft so ehrfürchtig zitiert hatte. Doch auch heute konnte er nichts mit den kyrillischen Schriftzeichen anfangen. Anders als Naferia, die die Absätze leise murmelnd vortrug und dabei immer größere Augen bekam. Es dauerte einige Sekunden, bis Elias endlich begriff, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, in welcher Sprache sie da las. Und er entschied, dass diese Information zunächst zweitrangig war. Nicht nur, weil die Zeit ihnen davon rann, sondern ebenfalls, weil er nicht wusste, wie viel er Naferia nach ihrer erst kürzlichen Odyssee zumuten sollte.
    Ohnehin rückte der Grund für ihr unerklärliches Können einen Atemzug später weit in den Hintergrund.
    Die Hände vor den Mund geschlagen, stieß Naferia einen gepressten Schrei aus, der Elias den Atem stocken ließ. Ein Blick in die aufgerissenen Augen zeigte die Panik in ihrem Inneren.
    „Ich bin der Grund, weshalb Nico nicht aufwacht!“ Naferia keuchte bestürzt auf und drängte ihren bebenden, am Boden kauernden Körper fest gegen die Wand, als wolle sie den Abstand zwischen sich und Nico um jeden möglichen Millimeter erweitern. „Ich bin dabei, ihn

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