Blutige Küsse und schwarze Rosen
umzubringen!“
Kapitel 22
B ITTE
Mit panischer Wucht klappte Naferia den Buchdeckel zu und schleuderte das Schriftstück von sich.
„Ich muss hier weg!“ Schwer nach Atem ringend hievte sie sich auf die Beine und taumelte zur Tür hinaus, noch ehe Elias reagieren konnte.
Sein Körper war so steif wie in Beton gegossen. Unzählige Gedanken blitzten ihm durch den Kopf und taten sich zu einer undurchschaubaren Flut zusammen. Doch konnte er keinen davon fassen. Erst als Naferia bereits am großen Bogentor war und Anstalten machte, dieses zu öffnen, um in den dahinter gelegenen Korridor zu kommen, fiel die Starre von ihm ab. In wenigen Sätzen war Elias an ihrer Seite und drängte sie behutsam gegen die steinerne Wand, weg von dem versperrten Durchgang.
„Was ist los?“, wollte er mit gezwungen ruhiger Stimme wissen. „Was hast du gelesen?“
„Das waren keine Träume … diese Bilder in meinem Kopf, während ich schlief“, erklärte Naferia. Sie war völlig verängstigt und Tränen glänzten in ihren Augen. „Das waren Sânges Gefühle … seine Erlebnisse … Ich habe sein komplettes Leben gesehen.“ Das Sprechen fiel ihr hörbar schwer, es kostete sie Unmengen an Kraft. „Die Schrift der Nalmiha berichtet davon, dass … Wenn ein gegen seinen Willen gebundener Vampir seinen Gebieter tötet, gehen die gesamten Kräfte des Ermordeten auf ihn über. Sânge war mein Gebieter. Er beherrschte mich voll und ganz – bis auf die wenigen Sekunden im Korridor. Da ließ er von mir ab, wandte all seine Fähigkeiten an dir und Nico an. Und als ich ihn in diesem Moment tötete, wurden seine Macht und sein Wissen auf mich übertragen.“ Mit riesigen, besorgten Augen sah Naferia ihn an. „Begreifst du denn nicht? Ich bin nun ein Energievampir! Und da ich noch nicht weiß, wie ich Sânges Macht kontrolliere, nähre ich mich auch von euch. Dir wird das nicht allzu sehr schaden, Nico hingegen ist sowieso bereits schwach! Je länger wir hier reden …“ Sie ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen, ohne ihm dabei etwas von seiner Bedeutung zu nehmen. „Ich muss raus, verstehst du? Ihr werdet mich südlich der Wohnsiedlung finden. Das ist weit genug, um Nicos Energie nicht mehr an mich nehmen zu können.“
Fest entschlossen sich auf den Weg zu machen, versuchte Naferia, sich aus Elias’ Griff zu befreien.
„Du kannst nicht gehen“, widersprach er bitter und ohne seine Finger zu lockern. Aber er wurde unterbrochen, ehe er fortfahren konnte.
„Ich weiß, dass ich noch nicht alle von Sânges Kräfte kontrollieren kann und quasi wehrlos bin! Darum verschwinde ich ja. Die restlichen Vampire werden mich schon nicht finden und …“ Von einer Sekunde auf die andere verstummte Naferia. Ihr Gesicht wurde kreidebleich. „Der Fluch des Macjuahn …“, flüsterte sie. „Mit dem Mord an Sânge habe ich ihn auf mich gezogen …“
Der gerade noch unter Strom stehende Körper der jungen Frau glitt an der kalten Wand hinab und sank zu Boden, fiel schlaff in sich zusammen.
„Ich werde nie mehr unter blauem Himmel wandeln können, werde nie mehr die Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüren …“
Die Hände vor ihr Gesicht geschlagen, begann Naferia leise zu schluchzen. Doch Zeit, um sie zu trösten, hatte Elias keine. Er musste sich schleunigst einfallen lassen, wie Nico vor Naferias neuen Fähigkeiten geschützt werden konnte, ohne die Vampirin selbst in Gefahr zu bringen.
Voller Anspannung ging er im Geiste mögliche Optionen durch, als sein Blick auf eine niedrige Holztür fiel.
Die Kammer , schoss es Elias durch den Sinn. Allein diese konnte ihnen jetzt noch helfen.
Ohne auf Naferia zu achten, die ihm mit roten Augen hinterher sah, eilte er zurück in das Schlafgemach und hob seinen Freund behutsam aus dem Bett. Nicos Verletzungen zeigten keine weiteren Heilungsfortschritte.
„Was hast du vor?“, fragte Naferia verwundert und wischte sich die Tränen von den Wangen, als Elias ihn durch den Flur in die kleine, dunkle Kammer trug. „Was soll er hier? O großer Gott!“
Kaum dass Naferia ins Innere des überschaubaren Raumes gefolgt war, stolperte sie rücklings fast wieder hinaus, sobald sie die angeketteten, ausgehungerten Menschen entdeckte, von denen einige wenige hinter der Ecke hervorkrochen.
„Laut Sânge ist diese Kammer nach außen hin abgeschirmt vor jeglichen Einflüssen“, erklärte Elias, während er sich an einer Wand fernab der untoten Leiber niederließ und Nico vorsichtig auf
Weitere Kostenlose Bücher