Blutige Rache: Wegners schwerste Fälle (German Edition)
schaffen.
Erst Minuten, nachdem der Lehrer lustlos in die Klasse gestapft kam, beruhigte sich die Meute zögerlich und gab damit dem Pädagogen Gelegenheit für ein paar freundliche Worte.
»Morgen!«
»Morgen«, brummelten vereinzelte Schüler müde zurück.
»Wer Musik erwartet hat, der kann gerne leise vor sich hinsummen, während ich euch etwas über die Weltmeere erzähle.«
Stummes nicken schwappte dem Lehrer als Antwort entgegen.
Ein Mädchen aus der ersten Reihe meldete sich eifrig. »Herr Graf! Wir haben seit zwei Wochen den deutschen Tagebau als Thema.«
»Schön! Dann könnt ihr zu gegebener Zeit damit weitermachen. Wir sprechen heute über die Weltmeere.«
Noch bevor der Lehrer sich zur Tafel umdrehen konnte, klopfte es entschlossen an die Tür. Nach einem kurzen »Herein!« traten drei Männer mit finsteren Mienen ins Klassenzimmer, von denen einer der Schulleiter war. Solche überraschenden Besuche hatten selten etwas Gutes zu bedeuten und brachten in der Regel nur weitere Probleme mit sich.
»Wir müssen einen Ihrer Schüler entführen«, begann der Schulleiter ohne Begrüßung und ließ den Kollegen Graf mit hängenden Schultern hinter seinem Pult einfach stehen. Die beiden anderen Männer standen unverändert steif an der offenen Tür und musterten die Schüler kritisch.
»Sind Sie Bullen?«, erkundigte sich einer der Jungen grinsend und ließ seine Blicke durch die Klasse kreisen, um damit die Bewunderung seiner Mitschüler aufzufangen.
»Wieso?«, fragte der Ältere giftig. »Hast du was verbrochen, Bürschchen?«
Das Grinsen gefror und der vorher so aufsässige Junge schaute nur noch betreten zu Boden.
»Ich brauche Felix Klein!«, rief der Schulleiter durch den Raum und unterband dadurch sofort weitere Scharmützel.
Totenstill wurde es von einem Augenblick zum anderen. Alle Augen richteten sich auf einen Mitschüler, der allein an einem Zweiertisch saß und keineswegs überrascht zu sein schien. Jetzt erhob sich der schmalschultrige Junge langsam, nahm seine Schultasche und folgte den Männern wortlos aus dem Raum hinaus. Noch bevor sich die Tür hinter der der kleinen Gruppe schloss, brach ein wahrer Orkan im Klassenzimmer los, der erst am Haupteingang verstummen wollte.
Endlich vor der Tür angekommen, schüttelten Wegner und Hauser dem Schulleiter zum Abschied die Hand. Dieser schien mehr als froh zu sein und entfernte sich eiligen Schrittes in Richtung Sekretariat. Wegner schaute Felix eine ganze Weile wortlos in die Augen. Zu seiner Verwunderung hielt der Junge seinem Blick eisern stand und wirkte fast enttäuscht, als der Hauptkommissar jetzt an seinen Gürtel griff, um ein paar Handschellen hervorzuholen. »Auf die können wir hoffentlich verzichten, oder?«
Felix zuckte mit den Schultern und schaute zur Turnhalle hinüber. »Ist mir egal! Machen Sie, was Sie wollen. Obwohl ...«, er überlegte einen Moment lang, »... legen Sie mir die Dinger doch an. Dann kann wenigstens jeder sehen, dass Sie den Mörder gefunden haben.« Der Junge deutete auf das Gebäude, dessen Fenster komplett von neugierigen Gesichtern gefüllt waren. Wegner machte ein paar ausladende Bewegungen und vertrieb damit zumindest einen Teil der Schaulustigen, die sich widerwillig verzogen. »Wir fahren zum Revier«, begann er in relativ sanftem Ton. »Dort wartet schon ein Betreuer auf dich und wenn nötig, rufen wir auch einen Anwalt dazu.«
2
Es dauerte nur Sekunden, bis der Computer hochgefahren und voll einsatzbereit war. Ein vergleichbares Gerät fand man heutzutage bestenfalls in wissenschaftlichen Einrichtungen, in denen es auf besonders hohe Rechenleistung ankam. Die Verbindung zum Internet war ebenso schnell hergestellt und Robert Falke beobachtete fasziniert, wie das Signal seine Reise rund um den Erdball antrat. Von seinem Rechner aus beginnend, landete es zunächst auf dem Server der Zentralbibliothek von Kairo. Von dort aus machte es sich auf die Reise nach Indien, um anschließend ins nördliche Kanada aufzubrechen, wo ihm zwei Computer eines Rechenzentrums auf Wunsch gehorsam folgten. Am Ende der langen Reise steuerte er, über ein gutes Dutzend von Umwegen, einen Server, der sich im fernen Weißrussland befand. Von dort aus betrieb er eine Internetseite, die sich schon seit Monaten steigender Beliebtheit erfreute: »Blutige-Rache«.
Es gibt Domain-Endungen die Betreiber solcher Seiten vor jeglichem Zugriff ermittelnder Behörden schützen und somit absolute Anonymität
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