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Blutige Rache

Titel: Blutige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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mal.«
    »Okay.«
     
    Im Wagen fesselte Virgil Sinclair mit Handschellen an den Sicherheitsgurt des Rücksitzes. Sie befanden sich fünf Minuten vom Golfplatz entfernt und fuhren ohne Scheinwerferlicht.
    »Schießen Sie los«, forderte Virgil Sinclair auf, und Jenkins’ Blick wanderte zum Rückspiegel.
     
    Vor langer Zeit, begann Sinclair, als die Studenten glaubten, sie stünden an vorderster Front einer Revolution, als fünfundfünfzigtausend Amerikaner in Vietnam starben, die Ghettos in vielen amerikanischen Großstädten in Flammen aufgingen, Frauen anfingen, ihre Büstenhalter zu verbrennen, und die Hippiebewegung begann, studierte er Amerikanistik an der University of Michigan.
    »Ich liebte dieses Land. Meine Großeltern waren Einwanderer gewesen, mein Vater und alle meine Onkel hatten im Zweiten Weltkrieg gekämpft, und auch ich wollte etwas für Amerika tun. Das wusste mein Geschichtsprofessor und brachte mich mit Leuten von der CIA zusammen. Er meinte, es habe keinen Sinn, nach Vietnam zu gehen und als kleiner Leutnant zu sterben.«
    Also absolvierte Sinclair eine Reihe von Tests, wurde in Langley ausgebildet und kehrte anschließend an seine Alma Mater zurück.
    »Ich war dort, als die Students for a Democratic Society aus der Taufe gehoben wurden; ich kannte alle frühen
Weathermen … Und ich fing an, nach Vietnam zu reisen. Um den Kriegsdienst konnte ich mich mit Hilfe der Agency herumdrücken, und ich lernte eine ganze Menge Vietnamesen kennen, die in ihrem Land allmählich politischen Einfluss gewannen.«
    Bei Kriegsende besaß er Kontakte zu Radikalen in ganz Asien und Europa. Er führte das letzte Interview mit Ulrike Meinhof im April 1976, wenige Wochen, bevor sie sich in ihrer Zelle in Stammheim erhängte.
    »Kenn ich nicht«, sagte Virgil.
    »Tja, damals waren Sie wahrscheinlich noch ein Baby … Ulrike gehörte zur Spitze der Baader-Meinhof-Gruppe und der Rote-Armee-Fraktion, zu der Zeit die vorderste Radikalenfront.«
    »Sie waren also mitten im Geschehen.«
    »Ja. Aber wie alles hatte auch diese Phase ein Ende, und da stand ich nun. Ich hatte den Doktor gemacht und so lange in der akademischen Welt gelebt, dass ich inzwischen vielen Ansichten zustimmte, gegen die ich anfangs gewesen war. Dass der Vietnamkrieg eine Vergeudung von Zeit und Menschenleben sei, zum Beispiel …«
    »Schön und gut«, sagte Virgil. »Aber was ist nun mit diesen Vietnamesen und Mai oder wie sie auch immer heißt?«
    »Immer mit der Ruhe. Ich habe den Leuten von der CIA gesagt, was ich denke, dass ich müde bin und im Grunde meines Herzens ein Liberaler. Sie machten kein großes Trara … Letztlich gab es bei der CIA nämlich eine ganze Menge Liberale. Ich zog mich aus dem Geschäft zurück. Mittlerweile hatte ich mir einen bescheidenen Namen als Verfasser von Artikeln und als Lehrer erworben und besaß nach wie vor Kontakte nach Vietnam - ich hatte eine Vietnamesin geheiratet, die ich von hier kannte. Hin und wieder rief jemand von der CIA an, aber
das war’s dann auch schon. Dann betrank sich Chester Utecht eines Tages sinnlos und erzählte allen, die es hören wollten, von einem Bulldozerdiebstahl in Vietnam.«
    Die Geschichte kam dem vietnamesischen Geheimdienst zu Ohren. Wie es das Schicksal wollte, hatte es der Vater der jungen Frau, die damals in Da Nang vergewaltigt und ermordet worden war, mittlerweile, im Alter von fünfundachtzig Jahren, zum hohen Funktionär an der Schnittstelle zwischen Geheimdienst und Militär gebracht, und er erfuhr von der Sache.
    Er sollte seine Rache haben, darauf einigte man sich, solange dadurch der Handel mit dem Westen nicht gefährdet wurde.
    Zufällig hatte der vietnamesische Geheimdienst auch etwas über eine in Indonesien geplante al-Qaida-Aktion gehört und sich mit der amerikanischen Heimatschutzbehörde in Verbindung gesetzt. Als Gegenleistung für Informationen verlangte er, dass die amerikanischen Geheimdienste bei einer kurzen, ziemlich brutalen Operation in Minnesota wegschauten.
    Alle Männer, die sterben sollten, waren erwiesenermaßen Mörder und Vergewaltiger. Die Menschen hingegen, die bei dem Anschlag von al-Qaida an der Westküste ihr Leben lassen müssten, hätten sich allesamt nichts zuschulden kommen lassen.
    Also einigte man sich auf einen Deal und suchte einen Kontakt zwischen Washington und Hanoi, den man im Notfall leugnen konnte.
    »Sie«, sagte Virgil. Sie befanden sich inzwischen auf der Cretin Avenue, nur noch wenige Häuserblocks vom Golfplatz

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