Blutige Spuren
der Rechtsmedizin geben. « Es war die Stimme Wolfgang Lichtenbergs.
» Und was? «
» Nicht viel. Der Baron erbittet sich noch Zeit für weitere Tests, was den Todeszeitpunkt angeht. Sie sind sich bei den Blutgerinnungsfaktoren nicht einig. Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Blut der drei Herren teilweise gemischt hat. «
» Aha. Sie waren also beieinander. «
» Vorsicht, Kai. Es kann sein, dass der Mörder das Blut an seiner Hand und seiner Kleidung hatte und es auf diese Weise auf die anderen übertragen hat. Deshalb ist das mit dem Sortieren der Blutgerinnung noch nicht abgeschlossen. Doch sie sind zuversichtlich, dass sie es bald genau wissen. «
» Und wie ist das mit dem Todeszeitpunkt? Ungefähr? «
» Heute ist Freitag. Dann war es der Mittwochabend. «
» Mittwochabend … «
» Noch was, Kai. Unter allen erdenklichen Vorbehalten: Vermutlich ist Frank Huth, der saubere Zuhälter, als Erster gestorben. «
» Der hatte die schwersten Verletzungen. «
» Ja, daran kann es liegen. Mehr hab’ ich nicht. – Hat Tarek schon ein Messer gefunden? Oder haben das die Wildschweine mitgenommen, und die picknicken jetzt gemütlich auf ’ner Lichtung? «
» Wolfgang, lass das bitte. « Es hatte keinen Zweck, ihn zu fragen, woher er das wusste. » Wie sind die Journalisten drauf bei euch? «
» Wir halten sie hin. Haben eine Pressekonferenz für morgen in Aussicht gestellt. Beatrix will die sogar wirklich wahrnehmen. Erstens zum Zweck der Eigenwerbung, zweitens, weil ein großes Tamtam in dieser Angelegenheit von der Sache mit dem Vizepräsidenten ablenkt. «
» Ach ja – sag mal, wann ist denn eigentlich dieser Bär erlegt worden? «
» Der Baron hat das nicht weiter geprüft, die drei Männerleichen gingen vor. Er ist sich dennoch ziemlich sicher, dass das Tier nicht frisch ausgeweidet worden war, sondern dass die Därme vorher tiefgefroren waren. «
» Öha, wer macht denn so was? «
Wolfgang schwieg.
» Na gut, Wolfgang. Noch was? «
» Wir zwei sollten uns mal direkt unterhalten. Es gibt da noch ein paar Punkte auf … politischer Ebene. «
» Hm. Die befreundete Organisation mit den drei Buchstaben? «
» Auch. «
» Wie eilig? «
» Es reicht, wenn du sofort deinen Wagen nimmst und herkommst. «
» Gut. Ich berichte den anderen von den Neuigkeiten. Tarek macht hier im Wald weiter. Ich werde Isabel noch mal in die Wohnung von Seesand schicken, da muss es sehr eigenartig aussehen. Und Saskia soll sich die beiden anderen Wohnungen vornehmen, vor allem die von Huth im Stresow. «
Das kurze Schweigen Lichtenbergs vergegenwärtigte ihm diesmal, dass der nun nicht mehr sein Mitarbeiter war.
» Wir besprechen das – spute dich, Kai! «
10
Saskia nahm die Waffe aus dem Halfter, prüfte sie, küsste sie, steckte sie wieder ein und verließ den Wagen.
Bevor sie die Wohnung von Frank Huth öffnete, lauschte sie nach Geräuschen. Sie schloss vorsichtig auf, bewegte sich mit nach oben gerichteter Pistole durch den Flur und sicherte die Räume vorschriftsmäßig. Der erste Eindruck deckte sich mit den Schilderungen. Sie ging in ihrer üblichen Reihenfolge vor.
Die Wände, die Tische, die leeren Regale … Sie erwartete nicht, einen überraschenden Gegenstand zu finden, der sie weiterbringen würde. Hätte dieser Pedant etwas zu vertuschen – immerhin liefen sechzehn Ermittlungsverfahren gegen ihn –, er hätte es weggeräumt und desinfiziert. Sie tauschte die Waffe gegen eine Digitalkamera und schoss Fotos von allen Räumen und allem, was sich darin befand. So penibel, wie sie das tat, hätte es gewiss Frank Huth gefallen. Und Sternenberg?
Danach suchte sie langsam die Schränke durch und sah, wo der jetzt tote Zuhälter seine Unterlagen verstaut hatte. Wie zu erwarten war er ein Freund der Aktenordner, Verzeichnisse, Klarsichtfolien und Trennblätter gewesen.
Saskia prüfte zuerst, welche Unterlagen Huth offiziell abgeheftet hatte. Sie wollte einen Überblick. Menschen wie er haben Geheimfächer, dachte sie. Die Frage ist nur, ob er die Geheimfächer in einem Schrank hat, in einer Akte oder in seinem Herzen. Ein Herz ist das beste Organ für Lügen.
Was sind Geheimnisse anderes als Lügen? Jeder vermutet die großen Gefühle im Blutmuskel. Wenn uns das Herz das nächste Organ ist, dann ist die Lüge in ihm untergebracht. Das Wahre, philosophierte Saskia, ist licht und weit und weit weg, das Geheime halten wir bei uns, es wärmt und durchwächst das Herz. Bis zum Infarkt.
Isabel pfiff
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