Blutige Spuren
zeitversetzt? «
Nach einigen weiteren Fragen bat Sternenberg Saskia, die Liste noch einmal langsam vorzulesen. Das Team ging Punkt für Punkt durch, welche der Fragen sich durch mehr Information beantworten ließe. Das galt vor allem für die Frage, ob es weitere Opfer gäbe. Auch der Todeszeitpunkt würde sich durch die Rechtsmedizin genau bestimmen lassen, ebenso die Frage, ob die Wunden auf einheitliche Weise, also von derselben Person und von derselben Waffe, verursacht worden waren.
Wolfgang Lichtenberg hatte den Aschenbecher vor sich hingestellt und umfasste ihn, als wolle er sich an einem Topf Glühwein wärmen. » Was hatten die drei im Wald zu suchen? Das ist für mich die Kernfrage. «
Saskia runzelte die Stirn, schrieb gleichwohl auch das auf.
» Das stimmt « , pflichtete Barbara ihm bei, und wieder gab es eine kleine Gewöhnungspause. » Wenn man weiß, ob es zum Beispiel einfache Spaziergänger waren, hat man einen Anhaltspunkt für das Tatmotiv. Man kann zumindest einige andere Motive ausschließen. «
Lichtenberg zeigte sich von der Unterstützung unbeeindruckt.
Tarek erläuterte näher: » Im Fall Sebastian Seesands können wir einen Spaziergang ausschließen. Dazu war er schlicht zu unpassend gekleidet. «
» Haben wir eigentlich schon was zum Blut? « , erkundigte sich Sternenberg. » Abgesehen vom jeweiligen Eigenblut der Opfer? «
» Labor « , sagte Isabel. » Noch nichts von einem Täter. «
Saskia meldete sich andeutungsweise: » Vielleicht hat ein Opfer auch Blut von einem anderen Opfer an der Kleidung. Wenn es einen Kampf der Opfer mit mehreren Tätern gegeben hat zum Beispiel, oder wenn einer dem anderen helfen wollte. «
Sternenberg nickte. » Gut. Noch was? Können wir ein bisschen Druck bei der Rechtsmedizin machen? «
» Das mache ich « , gab Lichtenberg bekannt. » Ich werde … « Er deutete mit dem Finger auf die Tür, womit er klarlegte, dass er sich wieder an die neue Aufgabe der Büroleitung machen würde.
» Bisher haben wir keine Angehörigen auftreiben können « , erwähnte Isabel. » Das sollten wir nachholen. Dann bringen wir vermutlich in Erfahrung, was die drei Männer im Wald gemacht haben. Und ob sie sich kennen. «
Sternenberg überlegte. » Ja klar, wir machen die übliche Routine. Doch irgendetwas stört mich. Ich möchte deshalb, dass wir noch einmal in den Grunewald fahren. Wir müssen uns an Ort und Stelle deutlich machen, in welcher Entfernung zueinander die Opfer lagen und in welche Richtungen sie sich vorher bewegt hatten. Möglichenfalls hilft es uns, wenn wir das bei Tageslicht noch mal sehen. Okay? «
Tarek stand auf.
» Moment « , pfiff Sternenberg ihn zurück. » Haben wir etwas über Carl Blechen herausgefunden, den Maler? «
Tarek setzte sich wieder und öffnete eine Mappe mit Internetausdrucken. » Nicht viel. In der kurzen Zeit. Was willst du wissen? Geboren im Jahr der Französischen Revolution in Cottbus. Gestorben in Berlin anno 1840. Gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Romantik. Manche nennen ihn einen frühen Impressionisten. Das Größte war für ihn offenbar eine Italienreise. Da muss er die meisten Anregungen bekommen haben. Witzig finde ich, dass er italienische Fabriken gemalt hat, die in Wirklichkeit gestunken und geraucht haben, auf seinen Bildern sah die ganze Szenerie allerdings dann ganz anheimelnd aus. Aber wenn du mich fragst, ob uns das weiterbringt – ich finde nicht, dass wir Adam Gusewski und seine Sammel- und Malleidenschaft dadurch besser verstehen. «
An Saskia und Barbara gewandt erklärte Sternenberg: » Gusewski ist der Mann, der in Kreuzberg von Sozialhilfe gelebt hat. Ein Sammler von Postkarten und Drucken des Malers Carl Blechen. Außerdem hat er einige Bilder von ihm kopiert, mit einfachen Mitteln. Wir haben überlegt, ob uns das einen Hinweis auf ihn als eines der Opfer oder auf den Täter geben könnte. Ansonsten hat die Wohnung bei der ersten Inaugenscheinnahme nichts hergegeben. – Ach übrigens «, und er wandte sich wieder an die ganze Runde, » ich habe ein weiteres Motiv von Blechen gesehen, einen Waldweg bei Spandau. Immerhin zeigt es einen Wald, wenn auch nicht den Grunewald, und man sieht darauf eine Frau. Jedoch – auch dieses Bild kann ich nicht zuordnen. «
9
Sternenberg fuhr mit Isabel, Tarek, Saskia und Barbara an den Leichenfundort im Grunewald. Mehrmals mussten sie anhalten und sich ausweisen. Immer wieder gab es Grüppchen neugieriger Wanderer, die von
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