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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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Schloss. Blau-Gelb – die Farben Schwedens.
    Dass das Loft keine Antwort darauf gab, was das Theater denn sollte, überraschte Isabel keineswegs. Sie fand mehrere Computer, Schränke voller Software, Handbücher, einfache elektronische Brillen und sogar einen verkabelten Helm, dessen einstmals weiße Plastikumhüllung angegilbt war.
    » Virtual Reality « , sagte Isabel. » Passt ins Bild. «
    Sie beschloss, zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Wenn sich in der Vielheit keine Antwort fand, musste sie sie im Einzelnen finden.
    Im schwedischen Schloss wollte sie verstehen, was Sebastian Seesand hier getrieben hatte. Doch bevor sie in den Thronraum zurückgekehrt war, bemerkte sie Zettel an der Rückwand der Bildflächen.
    » Na also. «
    Frank Huth war vielseitig tätig gewesen, offensichtlich aber innerhalb einer gewissen Branche. Auf den ersten Stapel gehörten die Lieferungen an Sex-Shops. Sorgsam aufgeführt hatte er, woher er das Material bezogen und wem er es zu welchen Konditionen verkauft hatte. Es sah nach der Gutbürgerlichkeit eines Wäschelieferanten aus.
    Zum zweiten Stapel zählte Saskia alles, was mit Escortservice zu tun hatte. Die Zusammenhänge verstand sie noch nicht ganz. In auffallend vielen Rechnungen waren besondere Dienstleistungen aufgeführt. In wenigen Fällen war die Rede von einer » wie immer sehr distinguierten, gebildeten Begleitung « oder von einem » bewährten Duo humorvoller Damen mit Kenntnissen der italienischen Sprache und Kultur « . Öfter bediente sich der Rechnungsschreiber – Saskia war sich nicht sicher, ob sie von Huth selbst stammten – diverser Kürzel: » A.F. 8.5. « , » C.K. 9.6. und 10.6. « , » Lehrgespräch A.M. und T.K. « , » Geschworene 27.4. « , » F.T. Therapeut. «
    Ein dritter Stapel wies Frank Huth als eine Art Eventmanager aus. Laut Unterlagen hatte er zum Beispiel einen ehemaligen Vorlesungssaal in der Charité angemietet, das Berliner Aquarium für eine nächtliche Party, Räume in der Burg Eltz und in einem Landhaus bei Kiel, das Restaurant im Berliner Fernsehturm und sogar – Saskia kicherte – die Sakristei einer großen Kirche. Evangelisch, aber immerhin. Sogar der Platz vor einer Botschaft am Rande des Tiergartens war dabei. Er wird dort wohl kaum Pornos gedreht haben, dachte sie.
    Vielleicht war es zum Ermittlungsverfahren wegen Zuhälterei nur durch Verleumdung gekommen. Die Menge, sechzehn Verfahren, sprach dagegen, doch sie musste auch diese Möglichkeit in Betracht ziehen.
    Der vierte Stapel hatte nichts Halbseidenes. Es sah nach den Rechnungen eines Psychoanalytikers oder Psychotherapeuten aus. Ausgewiesen waren » Sitzungen « , » Gespräche « , » Supervisionen « und » Beratungen « . Aber was machte Frank Huth zum Therapeuten? Oder erledigte er für einen Therapeuten den Zahlungsverkehr?
    Eine der Rechnungen – und Saskia neigte dazu, sie gedanklich einem fünften Stapel zuzuordnen – wies als Adressaten einen » S. Seesand « aus.
    An der Rückwand der Schlosskulisse klebte eine Art Drehplan. Der Text war breit genug gesetzt, um Raum für Anmerkungen und Änderungen zu lassen, und davon gab es reichlich.
    Die Überschrift » Sonnenkönig – Audienz « war gestrichen, » Schwedischer Hof « mit Kopierstift darübergeschrieben. Auch die ursprünglich große Personenliste war herunterrealisiert, eine Namensliste durchkreuzt worden, daneben stand » 1 x General, 1 x Bittstellerin « .
    Isabel überflog das Szenario und entnahm den wenigen Textzeilen des Generals, dass er verschiedene Kriegsverhalte vortrug und um Entscheidung bat. Antworten eines » Königs « waren nicht notiert, stattdessen waren Pausenzeiten eingetragen. Isabel vermutete, dass der » König « frei sagen konnte, was er wollte. Dann, nahm sie an, musste es jemanden geben, der im Hintergrund Regie führte und Apparaturen bediente.
    Neben dem Drehplan war eine ausgedruckte E-Mail aufgeklebt:
    » P.M. 7. Juli – Sehr geehrter Herr Seesand, nachdem wir auf Hinrichtung verzichten, bitte ich Sie, mir Bittsteller zuzuführen. Ihre – vielleicht unbeabsichtigte – Andeutung weise ich zurück. Ich dachte, wir hätten uns bereits darauf verständigt, dass mir jeglicher schlüpfrige, womöglich masochistische Unterton zuwider ist. Was ich auszuloten beabsichtige, ist meine Fähigkeit, eine Gesellschaft voranzubringen, weise und humanitär in dieser/einer Welt zu wirken. Hinsichtlich der Kostenfrage bitte ich, über die vereinbarten 5000 Euro nicht hinauszugehen.

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