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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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wirklich brauchen solltest. «
    » Ich habe Bedenken, Kai. Du musst mir wenigstens sagen, um welches Kapitalverbrechen es geht. Und was du mit der Befreiung von der Schweigepflicht erreichen willst. «
    » Ein Mensch könnte umgebracht werden, wenn ich nicht eingreife. « Sternenberg meinte den Polizeivizepräsidenten. Was er erreichen wollte, war ihm selbst noch nicht klar. » Einen Beweis kann ich dir erst geben, wenn wir die Leiche haben. «
    » Na, hoffentlich nicht. «
    » Also … «
    » Gut. Aber du hältst mich auf dem Laufenden! Und wenn der Vorstand tagt … «
    » … bin ich da. Ja. Ich danke dir. «
    » Moment, ich habe noch nicht ja gesagt. «
    » Jochen. Meine Geduld ist begrenzt. «
    Der Druck wirkte. Kai Sternenberg war darüber nicht besonders glücklich, aber das Ziel war erreicht.
    Sternenberg traf Isabel im unteren Loft Sebastian Seesands.
    » Ähm, Kai, ich will dich nicht unterbrechen, aber … du musst dir keine Sorgen mehr machen. Das H+ im Kalender von Dodo hat sich als Termin beim Hals-Nasen-Ohren-Arzt entpuppt. Er ist heute Morgen zum Dienst erschienen und hat sich tausendmal entschuldigt, sogar schriftlich. Er bestand darauf. Ich habe das Schreiben angenommen, habe es dann aber weggeworfen. Macht sich nicht gut in den Personalunterlagen. Aber ist doch gut, dass es nichts Ernstes ist, ne? Sag mal, Kai, du siehst nicht gut aus. Was is’n? «
    Er erzählte ihr vom Auftritt seiner Tochter Anja. Inmitten der Kulissen, in denen Tarek hin und her lief, hörte sie ihm zu.
    » Und was wäre so schlimm? Ich meine, wenn ihr Juden wärt? «
    Er sah sie an. » Eigentlich nichts. Aber wenn du vierzig Jahre lang glaubst, etwas zu sein, und dann erfährst du, dass du etwas anderes bist – das ist die eigentliche Erschütterung. Aber das ist im Moment zweitrangig. Mir geht es um Anja und ihr Gefühl, ich hätte sie ein Leben lang belogen. «
    » Hast du mit ihr gesprochen, seit eurem … Streit? «
    » Ganz kurz, gestern Abend. Da hat sie schon geschlafen. «
    » Ruf sie an. «
    » Wir haben das, glaube ich, gestern Abend halbwegs … «
    » Ruf sie an. Bitte. Am besten jetzt. «
    Er merkte, er hatte keine Chance.
    Es war ein kurzes Telefonat mit Anja. Sie sei bei Freunden, brauche etwas Abstand. Auf seinen Scherz, wie es mit dem Studieren in Hamburg sei, schließlich sei Montag, ging sie nicht ein. Sie wirkte kühl, aber sie war einverstanden, sich mit ihm am Dienstag zu treffen.
    » Hast du mich im Fernsehen gesehen? « , fragte er zum Abschluss.
    » Nein. Aber Mama hat’s gesehen. «
    » Hast du mit ihr gesprochen, über diese Sache, dass wir Juden …? Was meint sie? «
    » Frag sie doch. «
    » Hm. Hast recht. Ist auch unwichtig. «
    » Dad … Sie hat dich im Fernsehen gesehen und fand dich telegen. Und von meiner Recherche über unsere Familie habe ich ihr nichts gesagt. Vielleicht liege ich ja falsch. «
    Tarek führte ihn zu dem Szenario, das sie gerade durchgingen. Isabel stand vor der zu einem Halbrund gebogenen Bildwand, auf deren Innenseite Pflanzen abgebildet waren. Vor der Wand standen Blumentöpfe, allerdings war das Grün in ihnen verwelkt.
    » Kai, sieh dir dieses Bild an « , sagte Isabel.
    » Was meinst du? Ein Palmenhaus. Ein orientalisches Palmenhaus. Sieht realistisch aus. « Er trat näher. » Gemalt. Aber gut. «
    » Weißt du, wer’s gemalt hat? « , fragte Tarek.
    » Was meinst du, Tarek? «
    » Adam Gusewski. Wir wissen jetzt, warum er die Bilder von Carl Blechen nachgemalt hat. «
    » Ja? Und? «
    » Na, das hier hat er nachgemalt « , erklärte Tarek. » Das Original des Palmenhauses ist ein Gemälde von Blechen. Stand auf der Pfaueninsel, hier in Berlin. Gebaut von Schinkel, ist aber 1880 abgebrannt. Nebenbei gesagt: Carl Blechen arbeitete auch als Kulissenmaler. Wie Gusewski. «
    » Und wozu diente das hier? «
    » Philosophie « , sagte Isabel.
    Tarek winkte ab: » Isabels Theorie. «
    » Was meinst du mit ›Philosophie‹, Isabel? «
    » Bei den meisten anderen Szenarien geht es darum, dass jemand eine Machtposition innehat und die Macht ausübt. Kriege beginnen, Kriege beenden, Todesurteile aussprechen, Menschen begnadigen … Was so die Machtphantasien sind. Übrigens scheinen fast nur Männer dabei gewesen zu sein. Das Ding hier … « – sie wies auf das Palmenhaus –, » das hat ein anderes Exposé. Jemand wollte einen philosophischen Dialog mit einem bekannten Philosophen. «
    » … der in Wirklichkeit nicht mehr lebt? « , fragte Sternenberg.
    » Oder nicht

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