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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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die Kanne.
    » Mit dem Auto « , sagte Isabel und blickte zu Tarek.
    Der hob die Schultern. » Ja, kann sein. Die Wege sind voller Autospuren, und sie führen oft genug in den Wald hinein, auch in die Jagen, die wir überprüft haben. Und die Spuren, die wir sonst noch haben, könnten … Vielleicht stammen sie nicht nur von flüchtenden Messeropfern, sondern von jemandem, der Leichen im Wald verteilt hat. Fragt mich jetzt bloß nicht nach der Tiefe von Spuren, die auf so was hindeuten würden … «
    » Das tut ja keiner « , sprach Lichtenberg tonlos.
    Sternenberg fand, es klang ziemlich unverschämt.
    Nachdem er zugesehen hatte, wie Saskia ungefragt Kaffee in seine Tasse goss, sagte Sternenberg: » Ich fasse zusammen: Der Mann war Gast im Dreihirtenhaus. Vielleicht einmal, zufällig, als ich mit Saskia dort war, vielleicht aber auch öfter – vielleicht traf er sich dort mit Huth, Seesand und Gusewski. Das müssen wir herausbekommen. Es könnte sein, dass die drei die Legende der drei Hirten von der Hohen Wacht nicht kannten. Aber unser Mann kannte sie. Und noch mehr: Er wollte, dass wir sie auch kennen. «
    Saskia, die die Tasse zum Mund führen wollte, hielt mitten in der Bewegung inne und sah ihn fragend an.
    » Er hat die drei auf eine Weise umgebracht, die sozusagen auch noch durch eine Legende verbürgt ist. Erinnert euch: Zuerst dachten wir an einen Amokläufer, jedenfalls an einen Täter, der drei Menschen getötet hat. Dann haten wir die Idee, die drei hätten sich gegenseitig abgeschlachtet. Und dabei kamen wir uns ganz besonders schlau vor. Er wusste, selbst wenn wir gut recherchieren, kommen wir nur darauf, dass sie sich als ›drei Hirten‹ kannten und trafen. Allerdings machte er denselben Denkfehler wie wir am Anfang: Er meinte, es wäre logisch, wenn die drei das gleiche Schicksal erlitten wie die Hirten. Aber wenn sie die Legende kannten, hätten sie eigentlich dagegen immun sein müssen, sich auf diese Weise abzumurksen. «
    Alle nickten.
    Außer Wolfgang Lichtenberg. » Spekulation « , urteilte er.
    » Klar « , versetzte Sternenberg. » Aber ist doch schlüssig, oder? «
    Lichtenberg, fern jeder Versuchung, Kollegen unnötig zu motivieren, sagte: » Ihr habt kein Motiv für den dreifachen Mord. Wenn ihr den Mann finden solltet, erzählt er: Ich habe niemanden entführt. Er hat recht. Und das war’s dann. «

23
    Zwischen zwei Särgen kniete Barbara. Vorsichtig und leise versuchte sie, einen von ihnen, der einen weniger wuchtigen Eindruck machte, zu öffnen. Doch der Deckel saß fest. Es schien eine Sicherung zu geben, und sie hatte das System noch nicht verstanden.
    Jemand entriegelte das vordere Tor und schob es auf. Barbara duckte sich und wagte nicht, hinter einem der Särge hervorzublicken. Sie hörte, dass ein Fahrzeug in die niedrige Halle hineinrollte. Eine Wagentür wurde aufgestoßen, Männer stiegen aus und bewegten sich fort. Das Tor schien nicht wieder geschlossen worden zu sein.
    Nachdem sie nichts mehr hörte, riskierte sie einen Blick. Wie vermutet war das Auto ein Leichenwagen. Soweit sie sehen konnte, enthielt er zwei Särge, aber der größte Teil des hinteren Fensters bestand aus Milchglas, sodass sie nicht die ganze Ladefläche überblickte.
    Barbara war krankgeschrieben. Niemand in ihrem Dezernat wusste, dass sie in einer Kreuzberger Fabrikhalle hinter Särgen hockte. Ihre Familie ging davon aus, dass sie im Dienst sei, also gab es von keiner Seite Nachfragen.
    Zuerst war sie in den Köllnischen Park gegangen und hatte bei der Fütterung der Bären im Zwinger zugesehen. Die Tiere bekamen Äpfel zugeworfen. Einer der Bären schnappte die Früchte mit der Schnauze, der andere legte sie auf den Boden und zerteilte sie mit den Krallen seiner Tatzen.
    Der Bärenzwinger bestand aus zwei kleinen Gehegen, die durch ein Gebäude verbunden waren, in dem es weitere Käfige gab, wo sich aber auch die Tierpfleger aufhalten konnten. Die Bären wurden in die Käfige gesperrt oder in eines der Gehege gelassen, wenn die Pfleger das andere Gehege reinigen wollten oder wenn sie Leckereien in abgeschnittene Äste oder kleine Bäume hängten, so wie an diesem Tag Orangen. Die Tiere sollten sich, wenn sie schon keinen Auslauf hatten, wenigstens etwas anstrengen, um an ihre Nahrung heranzukommen.
    Barbara war bis lange nach der Fütterung geblieben. Sie verwickelte eine Pflegerin in ein Gespräch. Dabei unterhielten sie sich über den Missbrauch, der mit Tieren getrieben wurde, illegalen

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