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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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könnte aber auch anders sein: Haberstein wurde vermutlich entführt. Es gibt eine Entführung, aber keinen Entführer. «
    Tarek verdrehte die Augen und lehnte sich zurück.
    » Heißt? « , fragte Sternenberg.
    » Heißt, dass Huth, Seesand und Gusewski mit der Entführung direkt zu tun gehabt haben könnten. Dafür spricht insbesondere, dass sie nun tot sind. Was ist, wenn der Vizepräsident in irgendeinem Erdloch sitzt und seine Entführer leben nicht mehr? «
    Erneut öffnete sich die Tür, ohne dass angeklopft wurde. Wolfgang Lichtenberg kam langsam herein, begutachtete den Tisch und setzte ein fragendes Gesicht auf.
    Sternenberg setzte ihn kurz vom Stand der Diskussion in Kenntnis. Lichtenberg bestätigte, dass die Suche nach Haberstein fortgesetzt wurde, auch in Brandenburg. Die Bundeswehr setzte Tornado-Flugzeuge mit Wärmebildkameras ein, der Druck des BKA war in diesem Fall hilfreich.
    Sternenberg hatte das Gefühl, dass allein die Anwesenheit Lichtenbergs die Atmosphäre am Tisch versachlichte. Einmal mehr dachte er an den Verlust, den die Beförderung seines langjährigen Mitarbeiters und Vertrauten mit sich brachte.
    » Ich versteh’ nicht « , brummte Lichtenberg, » warum ihr plötzlich euren drei Tenören die Entführung in die Schuhe schiebt. «
    Versachlichung, dachte Sternenberg. Das Faszinierende an Lichtenberg war, dass er zur Versachlichung beitrug, dabei aber selbst gern den höchst Unsachlichen mimte.
    » Na ja … « , setzte Saskia an.
    Aber Lichtenberg schoss nach. » Und der dreifache Mörder hat sich bei Kai gemeldet und von der Entführung gefaselt? «
    » Genau so ist es, Wolfgang « , postulierte Isabel und lehnte sich zurück, als habe sie einen Torpedo abgefeuert, der sein Ziel nicht verfehlen könne.
    Lichtenberg brummelte vor sich hin, drehte eine Zigarette in der Hand und nickte. » Na jut. « Er erhob sich. » Dann ist mir das jetzt klar. Danke für die Info. «
    Isabel rückte schnell mit dem Oberkörper vor. » Wie, was ist dir klar? «
    » Ihr habt mich ins Bild gesetzt, danke. Ich meine, eure Theorie ist mir jetzt klar. Und sie ist schlüssig. Ich muss jetzt wieder … «
    » Wolf, warte mal! « , sagte Sternenberg. » Was meinst du mit schlüssig? So schlüssig ist das für uns selbst nicht. «
    Lichtenberg setzte sich und hielt genüsslich eine kurze, innerliche Siesta. Es hätte noch ein triumphierender Seitenblick auf Isabel gefehlt. » Hier hat jemand Mitwisser umgebracht. Oder besser gesagt: die Wisser. Die drei wussten von der Entführung, weil sie daran beteiligt waren. Euer vierter Mann weiß auch irgendwas, nur hat er dummerweise diejenigen getötet, die wussten, wo Haberstein steckt. Und jetzt versucht er, das Beste daraus zu machen: Geld zu bekommen, ohne zu liefern. Gleichzeitig wird er es sein, der Haberstein sucht. Ich habe dir ja schon erzählt, Kai, dass wir Anhaltspunkte dafür haben. Sogar Fingerabdrücke. Sobald ihr einen Verdächtigen habt, können wir vergleichen. Wenn er Haberstein vor uns findet – und er dürfte bessere Anhaltspunkte haben als wir, weil er die ursprünglichen Entführer vermutlich kannte –, dann macht er daraus eine echte Entführung und Erpressung. Wenn Haberstein tot sein sollte, bekommen wir Kleidung von ihm oder so was in der Art. «
    » Warum hat er mich bei der Telefonseelsorge angerufen? So eine unklare Lösegeldforderung … «
    » Weil er ein Laie ist « , sagte Lichtenberg. » Anders ist es nicht zu erklären. Warum sonst bringt er den ursprünglichen Entführer um, ohne aus ihm die wesentliche Information herauszufoltern? «
    » Affekt « , vermutete Saskia. » Würde passen. Er ist ein impulsiver Mensch, der Fehler macht. So tötet er dann auch im Affekt den Hauptwissensträger. « Sie sah in die fragenden Gesichter und fügte hinzu: » Vielleicht ist der ihm in die Quere gekommen. Darüber war er stinksauer, und dann haben ihn die Gefühle überrumpelt. «
    Tarek grinste Saskia an.
    » Dagegen spricht … « , sagte Isabel, » dass die Dreihirtengeschichte doch ziemlich gut geplant ist – falls wir an der Überlegung festhalten, dass unser Pseudo-Entführer den dreifachen Mord inszeniert hat. Das heißt doch: Er hätte sie alle drei einzeln getötet. Zeitnah. Denn die Todeszeitpunkte liegen dicht beieinander. Er hätte das Blut ein bisschen verwischt, hätte sie in den Grunewald gefahren und sorgfältig drapiert. Dazu Kampfspuren vorgetäuscht. «
    » Wie hat er sie denn dahin gebracht? « , fragte Saskia und bat um

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