Blutige Stille. Thriller
Sie schon zusammen?«
»Seit ungefähr sechs Monaten.«
»Hat einer von Ihnen beiden noch andere Beziehungen?«
»Wir sind monogam.«
»Dann ist es also eine feste Beziehung«, bemerke ich.
»Ja, das würde ich so sagen.«
»Hat er Sie jemals betrogen?«
Ihr Gesichtsausdruck kühlt ab auf unter null. »Steckt er in irgendwelchen Schwierigkeiten?«
»Keineswegs. Ich muss lediglich ein paar Dinge abklären.«
»Ihre Fragen sind sehr persönlich.«
»Dafür entschuldige ich mich.« Ich halte inne. »Kennt er ein Mädchen namens Mary Plank?«
»
Was?
« Sie sieht mich ungläubig an. »Das tote Amisch-Mädchen? Ist das Ihr Ernst?«
Ich nicke. »Hat er je ihren Namen erwähnt?«
»Ich glaube nicht einmal, dass er die Planks kannte.« Sie hält inne, wobei ein dunkler Schatten über ihr Gesicht huscht, den ich nicht deuten kann. »Oder etwa doch?«
Eine seltsame Frage aus dem Mund einer Frau, die gerade noch behauptet hat, eine enge Beziehung mit Scott Barbereaux zu haben. Was die Frage aufwirft, ob er vielleicht ein Problem mit der Monogamie hat.
»Möglicherweise hat er sie in dem Laden kennengelernt, wo sie gearbeitet hat«, erkläre ich.
Ihre Augen weiten sich, aber anders als zuvor – als hätte sie in meiner Antwort eine verborgene Bedeutung entdeckt. Da wird mir klar, dass Glenda Patterson trotz ihrer Schönheit, ihres beruflichen Erfolgs und des schönen Zuhauses eine eifersüchtige Frau ist.
»Kennengelernt?«, wiederholt sie. »Wie meinen Sie das? Wie kennengelernt?«
»Soviel mir bekannt ist, lieferte er Kaffee an den Laden.«
»Ach so.« Sie sieht mich an, als hätte ich ihr einen bösen Streich gespielt, auf den sie reingefallen ist. »Das scheinen mir aber jetzt keine Routinefragen zu sein, Chief Burkholder.«
»Ich überprüfe lediglich ein Alibi.«
»Das haben Sie ja jetzt getan. Er war bei mir. In meinem Bett. Die ganze Nacht.« Sie zeigt mit dem leeren Weinglas zur Tür. »Es ist schon spät.«
»Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.« Ich stehe auf und gehe zur Tür.
Sie folgt mir bis in den Flur. Ich mache die Tür auf und trete hinaus. »Einen schönen Abend noch«, sage ich.
Ohne eine Erwiderung schlägt Glenda Patterson die Tür hinter mir zu.
***
Mein Haus stammt aus den 1960er Jahren und steht auf einem recht großen Grundstück am Stadtrand von Painters Mill. Das Gebäude selbst ist eher klein, mit drei Zimmern, Küche, Bad, Holzfußboden und Originalkacheln. Im vorderen Garten steht ein großer Ahornbaum wie eine Wache, der hintere Garten ist schattig und voller Nussbäume. Der Rasen muss gemäht werden, und die Fensterläden könnten einen neuen Anstrich vertragen. Doch es ist mein Zuhause, meine Zuflucht, und ich bin froh, jetzt hier zu sein.
Ich parke in der Einfahrt, schließe die Haustür auf und gehe hinein, werde vom Duft der Kerzen, dem gestrigen Müll und der Erinnerung an Tomasetti begrüßt. Auf dem Weg ins Schlafzimmer mache ich das Licht an und wechsele dort in meine Trainingshose und ein T-Shirt. In der Küche überlege ich, ihn anzurufen, doch ich will nicht als bedürftige Frau erscheinen und greife stattdessen zur Wodkaflasche.
Wie bei vielen Polizisten, die ich kenne, funktioniert mein Verstand am besten nach ein paar Drinks. Das rede ich mir zumindest ein. Heute Nacht kreisen meine Gedanken um die Planks, um Mary und den Komplizen, an dessen Existenz kein Zweifel mehr besteht. Wahrscheinlich spaziert der Scheißkerl selbstgefällig in der Stadt umher, weil er ungestraft davongekommen ist. Diese Vorstellung ist wie Salz in einer Wunde, und ich werde nicht damit fertig. Denn so sicher, wie ich hier stehe und überlege, mich zu betrinken, wird er eines Tages wieder töten.
Ich nehme ein Wasserglas aus dem Hängeschrank, hole den Wodka aus dem Kühlschrank und schenke mir drei Fingerbreit ein, trinke ihn auf ex. Leicht berauscht gehe ich ins Wohnzimmer, wo neben der Tür der Plastikbehälter mit der Aufschrift
T. Long Selbstmord
auf mich wartet. Mir steht wirklich nicht der Sinn danach, die restlichen vier CD s anzusehen, doch ich habe keine andere Wahl.
Ich trage die Kiste in mein Arbeitszimmer, und während der Computer hochfährt, gehe ich zurück und hole die Flasche Wodka. Ohne die Hilfe des Alkohols, der mein Hirn sanft umnebelt, ertrage ich die Videos nicht. Ich lege die erste CD ein, setze mich auf den Schreibtischstuhl und klicke auf Play.
Die Bilder, die ich hassen gelernt habe, füllen den Bildschirm. Ich sehe die Menschen von
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