Blutige Stille. Thriller
heikler Punkt. »Es wird nicht leicht sein, sie davon zu überzeugen.«
T.J. sieht mich fest an. »Aber gefährden wir den Jungen nicht?«
»Nein«, erwidere ich.
»Wie können Sie da so sicher sein?«
»Weil nicht er im Haus sein wird, sondern ich.«
***
Zehn Minuten später bin ich auf dem Weg zu den Zooks. Glock hatte angeboten mitzukommen, doch das habe ich abgelehnt. Die Chancen, diese konservative amische Familie zur Mithilfe zu überreden, sind größer, wenn ich allein bin. Aber auch so wird es schwer genug. Meine Herkunft ist dabei nur bedingt hilfreich, zumal ich der Glaubensgemeinschaft nicht mehr angehöre. Ich bin eine Außenstehende, die etwas von den Menschen will, deren Gemeinde sie vor langer Zeit den Rücken gekehrt hat.
Heute Morgen knallt die Sonne von einem strahlend blauen Himmel herab. Ich sehe einen Farmer, der mit zwei Maultieren beim Heuwenden ist, doch habe ich es so eilig, dass ich mich kaum am Duft des frisch geschnittenen Alfalfas berauschen kann. Da wird mir bewusst, dass es auch in meinem Leben eine Zeit ohne Hektik gegeben hat. Wo der Alltag geruhsam und gleichförmig verlief und ich den gleichen Lebensweg wie meine Mutter und Großmutter einschlagen sollte. Das hat sich jedoch alles an dem Tag geändert, an dem ich auf Daniel Lapp geschossen und ihn getötet habe.
Im Vorbeifahren winke ich dem Mann zu und lächele, als er zurückwinkt. Wenig später biege ich auf den Schotterweg zur Zook-Farm und hoffe, dass ich William und Alma überreden kann, mir zu helfen.
Ich parke und bin auf halbem Weg zum Haus, als ich hinter mir meinen Namen höre und mich umdrehe. William und sein jüngster Sohn kommen aus der Scheune. Offensichtlich misten sie gerade die Schweineställe aus, denn ihre Schuhe sind voller Mist.
William begrüßt mich auf Pennsylvaniadeutsch. »
Guder Mariya
.« Guten Morgen.
Ich erwidere seinen Gruß auf gleiche Weise. »Es tut mir leid, dass ich Sie bei der Arbeit stören muss.«
»Isaac und ich wollten gerade zu Mittag essen.«
Unter normalen Umständen würde jeder, der zur Essenszeit in ein amisches Haus kommt, zum Mitessen eingeladen. Die Amischen sind sehr gastfreundlich, und die Frauen bereiten immer große Portionen zu. Doch da ich exkommuniziert bin, lädt er mich nicht ein. Das nehme ich zwar nicht persönlich, doch es ist kein guter Anfang, um mein Anliegen vorzubringen. »Haben Sie und Mrs Zook einen Moment Zeit für mich?« Ich werfe einen Blick auf Isaac. »Ungestört?«
»Wir haben viel Arbeit.«
»Es dauert nicht lange.«
Ohne mich anzusehen, knurrt er missmutig ein Ja und geht mit seinem Sohn voran zum Haus.
Ich folge ihnen durch die Hintertür in die Küche, einen großen Raum, der von einem rechteckigen Tisch mit blauweiß karierter Tischdecke dominiert wird. Es riecht nach Gebratenem und gekochten Tomaten. Es ist sehr warm in diesem Raum, am Ofen steht Alma mit einem Pfannenwender und brät etwas. Sie schenkt mir ein kleines Lächeln. In einem riesigen Topf klappern Einmachgläser in kochendem Wasser, und ich weiß, dass sie seit den frühen Morgenstunden am Herd steht. Obwohl die Fenster offen sind, weht kein Luftzug durch die Küche.»Hallo Katie«, sagt Alma.
Ich lächele, fühle mich deplatziert. »Hallo Alma.«
Der Tisch ist für vier Personen gedeckt. William setzt sich ans Kopfende und murrt: »
Sis unvergleichlich hees dohin
.«
»Nächsten Monat beschwerst du dich, dass es so kalt ist.« Alma stellt einen Teller mit gebratenem Schinken, grünen Bohnen, einer in Scheiben geschnittenen Tomate und einer dick mit Apfelbutter bestrichenen Scheibe Brot vor ihn auf den Tisch.
»Wasch dir die Hände, Isaac«, fordert sie ihren Sohn auf. »Und sag Billy, er soll runterkommen.« Sie sieht mich an. »Katie, möchtest du auch etwas essen?«
William wirft ihr einen düsteren Blick zu.
Sie runzelt die Stirn, stemmt die Hände auf die Hüften. »
Mer sot tem sei Eegne net verlosse; Gott verlosst die Seine nicht
.« Man soll sich von den Seinen nicht abwenden; Gott wendet sich auch nicht von den Seinen ab.
»Sie ist unter Bann gestellt«, knurrt William.
»Sie ist in unserem Haus.«
Fast hätte ich gelächelt, als William seinen Blick auf den Teller senkt und sich stumm fügt. Alma wendet sich mir zu. »Es gibt gebratenen Schinken mit Gemüse und Brot. Möchtest du einen Teller?«
»Ich bin nicht hungrig, aber vielen Dank für das Angebot.« Ich wende mich an William. »Ich bin hier, um euch um Hilfe zu bitten.«
William hebt den
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