Blutige Verführung 5 (German Edition)
auch noch andere Clans gegen uns aufhetzen. Das haben wir allein deiner Dummheit zu verdanken." Vittorio saß mit gesenktem Kopf neben mir, er wagte nicht, sich zu verteidigen. Ich spürte, wie er vibrierte, denn schließlich fühlte er sich im Recht, er hatte mich beschützt. Orlando wandte sich jetzt an mich:
"Dir ist offensichtlich nichts passiert!", sagte er.
"Doch ab sofort müssen wir die Sicherheitsvorkehrungen für Dich noch verstärken. Du wirst jetzt in ein abgelegenes Dorf gebracht, dort gibt es einen alten Palazzo. Das ist zwar nicht besonders bequem, aber ich hoffe, es ist sicherer als an der Küste. Dein Vater ist außer sich vor Wut."
"Vittorio hatte keine andere Wahl, als die drei zu töten.", versuchte ich zaghaft, ihn zu verteidigen. Doch Orlando antwortete zornig:
"Dagegen hätte auch nichts gesprochen, wenn er sie nicht regelrecht zu Tode gebissen hätte, das macht die Sache erst richtig brisant. Messerstechereien unter Jugendlichen passieren in dieser Gegend häufig, aber Vampirbisse sind eben ein deutliches Zeichen, wer hier getötet hat." Ich verteidigte Vittorio nicht weiter, denn dann wäre mein Biss in den Hals des Mädchens vielleicht auch noch zur Sprache gekommen.
Wir wurden auf der Rückbank des Autos kräftig durchgeschüttelt, denn der Fahrer war von der Hauptstraße abgebogen und fuhr in hügeliges Gelände. Es ging beständig bergauf und bergab. Ich hielt mich an meinem Sicherheitsgurt fest, um nicht immer wieder gegen Vittorio geschleudert zu werden. Im Auto herrschte angespannte Stimmung.
Nach längerer Fahrt bog der Wagen plötzlich durch einen Torbogen auf einen großen Hof ein. Er war vom Mondlicht hell erleuchtet. Wir fuhren auf einen alten Palazzo zu, dessen Fassade halb verfallen schien. Er wirkte unbewohnt.
Wir stiegen aus und Orlando klopfte mit einem altmodischen Messingtürklopfer an eine alte schwarze Holztüre. Er klopfte immer wieder, bis sich endlich die Pforte auftat. Eine kleine bucklige Gestalt öffnete und verschwand sofort wieder in dem dunklen Hauseingang. Orlando folgte ihr und auch wir traten vorsichtig ein. Vittorio musste den Kopf einziehen, da die Tür so niedrig war. Wir gingen einen breiten Gang entlang bis zu einer Steintreppe, die in breiten flachen Stufen auf einen Absatz führte, dort waren einige Türen. Die bucklige Gestalt ging voran und öffnete die mittlere Türe. Wir traten ein. Ich traute meinen Augen kaum. Der Raum, der sich vor uns öffnete, war prachtvoll. Uraltes Mobiliar und ein hoher bunter Kachelofen standen ziemlich zentral im Raum. Viele bunte Teppiche lagen über einem Mosaikboden, der blitzblank gescheuert war. In einer Ecke befand sich ein Himmelbett, dessen Himmel direkt von der Decke herabhing. Rund um dieses Lager waren meterweise schwer fallende Samtvorhänge drapiert und ein großer mehrarmiger Leuchter stand auf einem Tisch neben dem Kopfende.
Die bucklige Gestalt drehte sich endlich zu uns um und ich konnte eine Frau erkennen, deren Wangen tief eingefallen waren. Ihr Gesicht hatte sicher schon bessere Zeiten gesehen, denn ihre blitzenden Augen, die unter kühn geschwungenen Brauen hervorsahen, gaben ihr einen aristokratischen Ausdruck. Orlando stellte mir die Frau als Marina di Carmelo vor und ich reichte ihr die Hand. Sie entblößte lächelnd ein gelbes Gebiss, das ziemlich unvollständig war. Ein bisschen erinnerte sie mich an meine verstorbene Mutter. Orlando bedankte sich überschwänglich bei ihr, dass sie uns so kurzfristig aufgenommen hatte, das konnte ich mit meinen geringen Italienischkenntnissen gerade so verstehen.
Dann ging sie mit Vittorio aus dem Raum. Orlando sagte:
"Das ist für die nächsten Tage und Nächte dein Domizil. Hier wird dich niemand finden. Morgen kommt noch einmal ein anderer Vampir, der dich zusammen mit Vittorio bewachen wird. Er allein scheint dazu nicht in der Lage zu sein."
"Wie lange wird es denn dauern, bis wir endlich nach Gradara kommen?", fragte ich. Doch Orlando hatte mich bereits um die Taille gefasst und rückwärts in Richtung Himmelbett gedrängt.
"Wir werden ein paar nette Stunden hier verbringen, bevor ich wieder zurückkehre zu den anderen.", sagte er und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Seine Hände waren bereits damit beschäftigt, meine Bluse aufzuknöpfen. Doch ich entwand mich ihm. Ich ging an eines der großen Fenster, die nur mit zipfeligen Spitzenschals eingerahmt waren. Das waren keine Vorhänge, die man zuziehen konnte. Ich beugte mich hinaus und
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