Blutige Verfuehrung 6
schlecht drauf und will wieder nach Hause. Sie jammert mir ständig die Ohren voll, dass ihr Bruder sie suchen wird und sie ihm versprochen hat, nie wieder weg zu gehen."
"Ja, das kann ich verstehen.", sagte ich.
"Doch erst muss Nicholas hier her kommen, vorher kann sie nicht zurück."
"Sie kann überhaupt nicht zurück", sagte Orlando. "Denn ich habe ihr bereits Blut übertragen und ihr wachsen Fänge und Zähne. Das ist nicht mehr zu übersehen. Schließlich hat sie es so gewollt." Ich erschrak. Er hatte also seine Drohung wahrgemacht und Mimi nicht nur gebissen, sondern umgewandelt.
"Wir sollten sie mit Mario zusammenbringen, die beiden waren doch fast ein Paar.", sagte ich, doch dann fiel mir ein, dass ich damit Lucrezia zu meiner Erzfeindin machen würde.
"Wir werden heute Nacht auf die Jagd gehen, da könnte man doch arrangieren, dass sich die beiden treffen." Orlando holte tief Luft, dann sagte er:
"Das klingt gut, aber was ist mit mir? Mich werden sie töten, wenn sie mich erwischen. Dein Vater wird keine Gnade walten lassen gegenüber einem entflohenen Verräter."
"Das wird nicht passieren", sagte ich schnell.
"Ich werde dich beschützen!" Orlando lachte laut auf:
"Du nimmst den Mund wieder einmal zu voll. Aber es wäre auch in deinem Interesse, dass mir nichts passiert."
"Soll das eine Drohung sein?, fragte ich.
"Wenn sich die beiden hier treffen, wird Mimi hierbleiben wollen. Das ist die einzige Chance, dass auch Nicholas hierher kommt, siehst du das nicht ein!" Am anderen Ende herrschte Stille. Dann sagte Orlando:
"Ruf mich an, wenn ihr unterwegs seid." Dann legte er auf.
Ich würde keinen Schlaf mehr bekommen, ich war viel zu aufgeregt. Deshalb ging ich an meinen Kleiderschrank, der eine riesige Auswahl an passenden und unpassenden Klamotten enthielt. Ich suchte lange, bis ich mich für ein ziemlich abgefahrenes Outfit entschied.
Ich verkleidete mich als Vampirbraut. Das schwarze Kleid, das ich mir aussuchte, bestand aus einem knappen Oberteil mit Schößchen, war vorne und hinten tief ausgeschnitten und der Rock hatte viele verschiedene Stofflagen, die alle ziemlich zipfelig übereinander über einen Tüllunterrock hingen. Sogar eine schwarze Samtrose für den Ausschnitt und mein Haar waren bei dem Kleid dabei. Mit Wehmut betrachtete ich das rote Etwas, das einmal mein Armani-Kleid gewesen war. Es lag noch immer über einem Stuhl, aber ich musste es endgültig wegwerfen. Schließlich fand ich noch eine schwarze Federboa und schwarze Schnürstiefeletten. Die waren zwar ziemlich altmodisch, aber zu dem Kleid passten sie perfekt. Ich setzte mich wieder auf mein Bett und lackierte meine Nägel mit schwarzem Nagellack. Dann suchte ich nach passendem Schmuck. Mein Vater hatte mir vor ein paar Tagen eine Schatulle übergeben, die meiner Mutter gehört hatte. Ich war noch nicht dazu gekommen, sie zu öffnen, doch jetzt tat ich es.
Mit einem kleinen Schlüssel, der am Boden des Kästchens mit einem Tesastreifen befestigt war, öffnete ich das zierliche Schloss. Der Inhalt überraschte mich sehr. Denn es gab keine Ordnung in dieser Schatulle. Sie war bis oben hin gefüllt mit Schmuckstücken, die wild miteinander verschlungen waren, ein einziger Knäuel aus Ketten, Armreifen, Ringen Ohrringen und Broschen. Ein heilloses Durcheinander. Es sah so aus, als ob ich den Schmuck von Ali Baba gefunden hätte. Ich konnte nur ein paar Ringe entnehmen, den Rest musste man mit viel Geduld auseinander sortieren. Mit Geduld, über die ich im Moment nicht verfügte. Sogar ein Diadem entdeckte ich in dem Knäuel, das mit Diamanten besetzt schien, falls es überhaupt echt war. Ich hatte keine Ahnung wie man wertvollen Schmuck von billigem Modeschmuck unterscheiden konnte. Die drei Ringe, die ich entnehmen konnte, passten mir recht gut. Sie waren alle mit bunten Steinen besetzt. Zu meinem schwarzen Kleid bildeten sie einen interessanten Kontrast. Ich würde sie heute Abend tragen.
Ich sah nach meinem Handy, ob noch einmal eine neue Nachricht angekommen war, doch Nicholas hatte sich nicht mehr gemeldet und auch Orlando schwieg. Bevor ich Mimi nicht selbst lebendig gesehen hatte, würde ich Nicholas keine Nachricht schicken. Ich musste mich erst überzeugen, ob Orlando die Wahrheit gesprochen hatte. Ich traute ihm nicht.
Als es endlich 23 Uhr war, versammelten sich alle, die zur Jagd gehen wollten im Saal und auf dem Balkon mit der Balustrade. Wir waren zu siebt. Das war nicht viel, und mein Vater sagte:
"Wir
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