Blutige Verfuehrung 6
der gleichen Meinung." Massimo setzte sich widerwillig auf seinen Platz und raunte zu den anderen:
"Es wird Zeit, dass wir einen neuen Fürsten bekommen." Seinen Blick heftete er weiterhin auf den Tisch. Ich wendete mich ab, ohne einen weiteren Kommentar zu geben, denn mir war klar, dass die Männer sich das auf Dauer nicht gefallen lassen würden. Doch um Lucrezia zu spielen fand ich einfach widerwärtig.
Silvio und Lorenzo hatten aus ihrer Ecke neugierig meinen Auftritt verfolgt, und als ich zu ihnen zurückkehrte sagte Silvio:
"Wer wird denn nun der neue Fürst?" Ich wurde etwas verlegen, denn meine Antwort würde in jedem Fall Anlass für Spekulationen geben, deshalb sagte ich:
"Die endgültige Wahl wird erst in ein paar Tagen oder Wochen feststehen."
"Es gibt also mehrere Kandidaten?", wollte Lorenzo wissen.
"Wenige", antwortete ich ausweichend. Die Sache mit Nicholas war so ungewiss und unwahrscheinlich, dass ich nicht wagte, irgendjemanden einzuweihen. Inzwischen war mir klar geworden, dass es ohne einen männlichen Regenten an meiner Seite fast unmöglich war, den Clan zu führen. Allein die Tatsache, dass es bei der nächtlichen Jagd meistens um weibliche Opfer ging und ich ein Hindernis darstellte, würde immer wieder zu Schwierigkeiten führen. Wenn ich jagen wollte, musste ich es entweder allein tun oder mich mit den Frauen zusammenschließen, die mich aber nicht besonders mochten. Sie behandelten mich zwar freundlich, doch ich spürte, wie hinter meinem Rücken getuschelt wurde. Lucrezia war zwar nett und lustig, doch ich hatte in ihr nicht die Freundin gefunden, die ich gesucht hatte. Sie war einfach zu unreif. Und wenn Mimi jetzt zu unserem Clan kommen würde, war es vermutlich das Gleiche. Was sollte ich mit einer 15jährigen anfangen?
Die Regentin eines Clans zu sein, bedeutete Einsamkeit. Deshalb brauchte ich Nicholas mehr denn je.
Ich hatte den Saal wieder verlassen, denn mir war übel, mein Kopf brummte und ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen. Das war mir seit ich Vampir war, noch nie passiert. Ich ging in mein Schlafzimmer und legte mich auf mein Bett, doch dann rumorte es doch so heftig in mir, dass ich ins Badezimmer ging und mich übergab. Ziemlich erschöpft setzte ich mich vor meinen Spiegel. Ich sah wirklich müde und krank aus. Ich hatte dunkle Ringe unter den Augen und meine Haut wirkte fast durchsichtig.
Um mich abzulenken, nahm ich mein Handy aus der Tasche und entdeckte eine SMS von Nicholas. Ich wagte kaum zu hoffen, dass er mir etwas Nettes geschrieben hatte. Mit zitternden Fingern öffnete ich sie und las:
"Lucia, der Teufel persönlich hat meine Schwester entführt. Ich brauche deine Hilfe. Sofort!" Antworte mir.
Nicholas."
Ich erschrak, denn irgendetwas musste schiefgegangen sein. Er meinte mit Teufel natürlich Orlando, doch warum glaubte er, ich könnte ihm helfen? Alles würde auffliegen, wenn ich zugab, dass Orlando oder besser 'Lysander', mein Bruder war. Ich musste mir genau überlegen, was ich Nicholas sagen durfte.
Nicholas SMS klang ziemlich verzweifelt, aber offensichtlich glaubte er, dass ausgerechnet ich ihm helfen konnte, deshalb wählte ich seine Nummer.
Nicholas meldete ich bereits nach dem ersten Klingelzeichen. Ich sagte:
"Hallo, sage mir, was passiert ist."
Nicholas' Stimme klang belegt, als er antwortete:
"Ich weiß mir keinen Rat mehr, denn nun ist Mimi schon wieder verschwunden, aber dieses Mal weiß ich wenigstens, wer sie entführt hat. Es ist ein Typ mit Namen Lysander und er hat sich vor ein paar Tagen an Mimi rangemacht. Als ich ihr verbot, sich mit ihm weiter zu treffen, ist der Typ ausgerastet. Erst hat er Mimi gebissen und als ich versucht habe, ihn von ihr wegzuziehen, biss er mich. Als ich wieder zu mir gekommen bin, waren beide verschwunden. Er hat sie einfach mitgenommen."
Es war also nicht ganz so, wie mir Orlando erzählt hatte. Mimi war jetzt in seiner Gewalt, doch Nicholas würde zur Polizei gehen und dann gäbe es Ermittlungen, die wahrscheinlich im Sande verlaufen würden.
"Hast du diesen Mann vorher schon einmal gesehen?", fragte ich Nicholas. Er antwortete:
"Nein, ich glaube nicht, er ist ja auch viel zu alt für meine Schwester. Bisher waren immer Jungs in ihrem Alter um sie. Ich habe ihr verboten, ihn noch einmal bei uns herein zu lassen, aber sie war ihm gänzlich verfallen. Jetzt weiß ich, dass er ein Vampir ist."
Nicholas Stimme war immer leiser geworden und ich hatte das Gefühl, dass er
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