Blutige Verfuehrung 6
fahren heute nach Fano, drei in die Innenstadt und der Rest ins Casino. Bitte entscheidet Euch." Und zu mir sagte er:
"Wir gehen ins Casino, weil wir dort Alfonso treffen werden." Ich war etwas enttäuscht, denn meine Kleidung wäre besser für eine Diskothek geeignet gewesen. Doch mein Vater bemerkte, indem er mich von Kopf bis Fuß betrachtete:
"Du siehst heute sehr gut aus, so ähnlich wie deine Mutter in jungen Jahren."
Die Fahrt dauerte nicht lange und nachdem wir drei der Vampire in Fano abgesetzt hatten, fuhren wir zum Casino, zumindest glaubte ich, dass wir in ein normales Spielcasino fuhren.
Die Auffahrtsallee war mit alten Bäumen gesäumt und die Reifen der schwarzen Limousine knirschten auf dem Kiesweg. Links und rechts zwischen den Bäumen waren Ballonlampen aufgestellt, die der Auffahrt etwas Majestätisches gaben. Dann hielt das Auto vor einer alten Villa mit roséfarbener Fassade, einem umlaufenden Balkon, der mit einem dekorativen Eisengitter eingefasst war. Eine freie Treppe führte zu einer breiten Eingangstüre. Wir stiegen aus. Ich sagte zu meinem Vater:
"Das sieht aber nicht aus wie ein Casino." Mein Vater lächelte vielsagend.
"Wir nennen es nur so, aber du wirst bald sehen, was hier geboten ist." Die Fenster waren hell erleuchtet und an der Türe wurden wir von einem Diener eingelassen. Er führte uns über eine Freitreppe in den ersten Stock, die von vielen Kandelabern flankiert war. Flackerndes Kerzenlicht erhellte den unteren Raum, der mit mehreren kleinen Sitzmöbeln ausgestattet war. Wir kamen in eine Bar, die einen langen Tresen hatte, wo unzählige Flaschen in allen Farben auf Glasregalen standen. Die Rückwände waren verspiegelt und wurden von farbigen Strahlern ausgeleuchtet. Der ganze Raum war dadurch in farbiges Licht getaucht.
In der Mitte des Raumes stand ein Rouletttisch, an dessen oberem Ende ein Croupier saß, der die Kugeln immer wieder rotieren ließ. Er sagte immer wieder: Faites vos jeux, Mesdames, Messieurs! Das war wirklich alles, was an ein Casino erinnerte. Ich war etwas enttäuscht. Doch mein Vater führte mich weiter in den nächsten Saal. Dort saßen Spieler an Tischen und spielten Black Jack. Es handelte sich hauptsächlich um junge Männer und Frauen, die ganz normal aussahen. Silvio und Mario, die mit uns unterwegs waren, wurden von ein paar der Frauen mit Kopfnicken begrüßt. Aus dem angrenzenden Raum tönte laute Musik. Mein Vater sagte:
"Dort ist die Disco, aber ich möchte lieber hier bleiben und spielen, also wenn du dorthinein gehst, dann bitte ohne mich. Vielleicht triffst du dort Alfonso." Ich war froh, dass er mich nicht begleiten wollte, denn mit dem Vater in die Disco zu gehen wäre wirklich seltsam gewesen, außerdem musste ich dringend mit Orlando telefonieren. Der Ort war gut geeignet, Mimi und Mario zusammenzuführen. Und Alfonso hoffte ich nicht zu sehen.
Orlando war sofort am Apparat und sagte:
"Wo steckst du denn, ich warte schon lange auf deinen Anruf."
"Wir sind im Casino", sagte ich,
"ist dir das ein Begriff?"
"Ach, das wurde wohl wieder eröffnet. Natürlich weiß ich wo das ist. Wir sind bald da." Ich sah dem Treffen mit Orlando mit gemischten Gefühlen entgegen. Wenn die anderen ihn bemerkten, würde es sicher Probleme geben. Während ich noch überlegte, wo ich mich hinsetzen konnte, tippte mir jemand auf die Schulter. Alfonso strahlte mich an.
"Wie schön, dass du mitgekommen bist", sagte er.
"Wollen wir tanzen?" Ich fühlte mich etwas überrumpelt, doch vielleicht war es das Beste so zu tun, als ob alles normal wäre.
Wir mischten uns unter die Tanzenden, es wurde gerade wilde Techno-Musik gespielt. Mein schwarzes Kleid mit dem tiefen Ausschnitt erregte Aufsehen. Die meisten Jugendlichen trugen nur einfache T-Shirts und Jeans. Auch Alfonso hatte nur ein dunkles Hemd zu einer abgewetzten Jeans an, niemand würde ihn als Führer eines Vampirclans einschätzen. Doch sein großer Siegelring und eine dünne Goldkette mit einem gefassten Zahn zeigten etwas von seiner Extrovertiertheit. Ich musste ihn ständig ansehen, denn sein Tanz war ungewöhnlich, selbstverliebt, sehr weich und wenig rhythmisch, obwohl die Musik eigentlich etwas ganz anderes verlangte. Er bewegte sich wie in Zeitlupe und wiegte seine Hüften zu einem unbekannten Takt. Ich musste unwillkürlich an Nicholas denken, dessen Tanzstil ich noch gar nicht kannte. Warum waren wir nie miteinander tanzen gegangen? Vielleicht war er ja ein Gegner dieser Vergnügung.
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