Blutige Verfuehrung 6
gibt einen neuen Bewerber für deine Hand."
"Oh, nein!", rutschte mir heraus,
"Ich will nicht schon wieder einen neuen Kandidaten kennenlernen."
"Du kennst ihn schon!", sagte mein Vater und zwinkerte mir aufmunternd zu.
"Ist es Alfonso?" sagte ich leise und der Name kam mir nur schwer über die Lippen.
"Ja, denn die Verbindung mit den Visconti ist und bleibt das wichtigste Ziel unseres Hauses." Die Ausdrücklichkeit, mit der mein Vater dieses 'wichtigste Ziel' aussprach, ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Ich musste mir gut überlegen, was ich ihm antwortete, denn meine Hoffnung, dass Nicholas zu mir zurückkehren würde, hatte durch das Telefongespräch mit Orlando neue Nahrung bekommen. Ich konnte und wollte den fremden Fürsten nicht vorschnell mein Jawort geben. Ich musste irgendwie Zeit gewinnen. Deshalb sagte ich:
"Alfonso ist ein netter Kerl, aber so kurz nach dem Tod seines Bruders kann er doch unmöglich um meine Hand anhalten, das ist doch unmoralisch!"
"Das hat mit Moral nichts zu tun.", sagte mein Vater,
"Es geht allein um die Festigung unserer Macht, die ohne die Viscontis auf sehr wackeligen Beinen steht. Und der Fürst hat sich anscheinend heftig in dich verliebt, das hat er mir jedenfalls gestanden."
"Verliebt?", sagte ich mit gespielter Entrüstung. "Ich habe gedacht, Vampire kennen keine Liebe!"
"Du kannst es nennen wie du willst, er findet dich attraktiv und möchte dich zu seiner Frau machen. Alles andere wird sich finden."
"Gib mir noch etwas Bedenkzeit", sagte ich möglichst freundlich, denn ich wusste ja, dass mein Vater kein 'nein' akzeptieren würde.
"Ich möchte Alfonso noch etwas besser kennenlernen."
"Gut", sagte mein Vater und stand auf:
"Ich werde mich jetzt mit Lucrezia unterhalten." Damit war meine Audienz beendet.
Ich rannte in mein Zimmer. Unter der Dusche überlegte ich fieberhaft, wie ich Alfonso noch eine Zeit lang auf Distanz halten konnte. Schließlich wollte ich Nicholas als meinen Fürsten neben mir auf dem Thron sehen. Das war mein einziger Wunsch. Ich musste unbedingt mit Orlando sprechen, dass er mir Nicholas so schnell wie möglich nach Granada bringen sollte. Das erschien mir als einzige Lösung. Mein Vater musste einsehen, dass ich nur ihn heiraten würde. Doch waren das nicht Hirngespinste? Wollte mich Nicholas überhaupt noch? Und würde er sich wirklich überzeugen lassen, zum Vampir zu werden? Ich war ziemlich verzweifelt.
Als ich aus der Dusche kam, sah ich das rote Armanikleid neben dem Bett liegen. Es war nur noch ein Fetzen, der mit Blut beschmiert war. Ich hob es auf und drückte es an mich. Mit diesem Kleid wollte ich Nicholas überraschen, doch jetzt war es nur noch Müll.
Ich zog mich an und kehrte zurück in den Saal, der für alle Vampire so etwas wie ein Treffpunkt war, ähnlich wie das Refektorium in Bran. Dort traf ich Silvio, der sich mit Lorenzo unterhielt. Eine weitere Gruppe Vampire, die ich erst seit unserer gemeinsamen Fahrt kennengelernt hatte, saß an einem Tisch und spielte Karten. Ich sah ihnen kurz über die Schulter und entdeckte in der Mitte des Tisches einen Stapel Geldscheine.
Ich gesellte mich zu Silvio und Lorenzo, denn die Spieler hatten mich gar nicht bemerkt. Ich sagte zu Silvio:
"Spielen sie immer um so viel Geld?" Er lachte und antwortete:
"Es geht weniger um das Geld, sie nennen es Jackpot und der, der ihn gewinnt, kann sich an Lucrezia heranmachen." In Lorenzos Gesicht zeigte sich ein hämisches Grinsen.
"Was soll das denn bedeuten?", fragte ich ärgerlich.
"Seit wann wird um die Mitglieder unserer Familie gespielt? Das ist doch abartig!"
"Lucrezia ist nur für Geld zu haben!", entgegnete Lorenzo.
"Das ist ihre Bedingung." Ich ließ die beiden stehen und ging zurück zum Spielertisch:
"Aufhören!", sagte ich und nahm einen Kartenstapel und warf ihn mitten auf den Tisch. Die Vampire sahen erstaunt auf und zwei von Ihnen sprangen sofort auf.
"Was ist denn hier los?", rief Massimo, einer der Vampire.
"Glücksspiel ist ab sofort verboten!", sagte ich und sah die Männer der Reihe nach an. Den meisten stand ein unsicheres Grinsen ins Gesicht geschrieben. Sie hatte noch nicht realisiert, dass ich jetzt das Oberhaupt der Familie war und die Regeln aufstellen konnte. Doch das ursprüngliche Grinsen verschwand schnell von den Gesichtern. Massimo konterte sofort:
"Wir lassen uns diesen Spaß von niemandem verbieten! Auch der Fürst…"
Doch ich schnitt ihm das Wort ab und sagte:
"Mein Vater ist
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