Blutige Verfuehrung 6
legst, dann kann ich durch Druck auf deinen Brustkorb steuern, dass das Blut von dir zu ihm fließt. Aber wenn er nicht nach kürzester Zeit ein Lebenszeichen zeigt, breche ich die Sache ab."
Der Schnitt in meinen Hals war nicht besonders schmerzhaft, doch als sie den Schlauch hinein schob, schrie ich auf. Mareike legte ihre Hand auf meine Wange und sagte:
"Bleib ganz ruhig!" Dann begann sie mit sanftem Druck auf meinen Oberkörper zu pumpen.
"Es fließt.", sagte sie nach ein paar Augenblicken. Ich blickte starr geradeaus und hoffte, nicht die Besinnung zu verlieren. In meinem Magen rumorte es schon wieder und die Übelkeit, die sich in mir konzentrierte, war kaum auszuhalten. Eigentlich hätte ich mich schon wieder übergeben müssen. Ich wagte nicht zu fragen, ob Nicholas irgendein Lebenszeichen von sich gab. Mareike beobachtete ihn angestrengt und ihre Pumpbewegungen auf meiner Brust wurden langsamer.
"Der Schlauch ist sehr dick.", sagte sie,
"Du verlierst eine Menge Blut."
"Bitte mach weiter!", sagte ich und versuchte nach Nicholas zu sehen, doch ich sah nur das Blut durch den Schlauch fließen.
"Bleib bitte ganz ruhig liegen.", sagte sie leise,
"ich hole ein Tuch, um dich zu verbinden." Dann ging sie in die Küche und kam mit einem Handtuch zurück.
"Es hat keinen Sinn!", sagte sie und zog mit einem Ruck den Schlauch aus meinem Hals. Eine Fontäne spritzte auf den Boden und Mareike drückte schnell das Handtuch dagegen. In diesem Moment wurde mir schwarz vor den Augen. Ich erwachte erst wieder, als Mareike mich schüttelte und mir Ohrfeigen gab. Ich wollte aufstehen, aber sie hielt mich zurück.
"Du bleibst liegen!", sagte sie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Sie hatte eine Decke über mich gebreitet. Ich fühlte mich schwach, dann sah ich Nicholas blasses Gesicht neben dem meinen am Boden liegen.
Mareike beugte sich über ihn und begann mit beiden Händen seinen Brustkorb in schnellem Rhythmus zu pressen. Dann beatmete sie ihn über den Mund, um sofort wieder mit der Herzmassage fortzufahren. Ich sah ihr wie gebannt zu. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn, doch Mareike machte unbeirrt weiter. Nicholas' Augen waren geschlossen und seine Wangen eingefallen. Er sah aus wie eine Statue aus Marmor, der man vergeblich versuchte Leben einzuhauchen. Hatte sie die Blutübertragung zu früh abgebrochen? Warum schlug er nicht die Augen auf? Mareike warf mir einen kurzen Blick zu, der mir zeigte, dass sie nicht viel Hoffnung hatte, ihn wiederzubeleben. Trotzdem bearbeitete sie weiter seinen Brustkorb.
"Soll ich den Notarzt rufen?", fragte ich sie und erhob mich mühsam.
Mareike sah mich verständnislos an.
"Weißt du eigentlich, was ich hier tue?", fragte sie zwischen zwei heftigen Atemzügen.
"Entweder ich erwecke ihn wieder zum Leben, oder man wird mich einsperren!"
Ich wusste ja, dass sie Dinge für mich getan hatte, die aus medizinischer Sicht, unmöglich waren und die eine Studentin im letzten Semester nicht hätte tun dürfen. Jetzt war es zu spät für den Notarzt, wir hätten ihn sofort rufen müssen, nachdem wir Nicholas gefunden hatten. Wenn er nicht mehr aufwachte, würde sie niemals den Arztberuf ausüben können, das war auch mir klar. Neben Nicholas' Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet. Mareike sagte:
"Drücke mit dem Handtuch gegen seinen Hals, damit noch nicht mehr aus ihm heraus fließt." Mit zittrigen Händen befolgte ich ihre Anweisung. Das Geräusch, das durch die Druckmassage in Nicholas' Brustkorb entstanden war, hörte sich an wie das Gurgeln eines Baches und mein Magen schlug schon wieder an. Die Angst und Hoffnungslosigkeit, die uns beide erfasst hatte, hing wie eine schwarze Wolke über uns. Wenn Nicholas nicht mehr wieder erwachte, war alles umsonst gewesen. Der Blutgeruch erfüllte inzwischen den ganzen Raum. Mir war schwindelig und obwohl ich schon lange dringend Nahrung gebraucht hätte, wäre ich nicht in die Versuchung geraten, meine Bedürfnisse zu stillen. Mareike hörte plötzlich mit der Herzmassage auf. Sie ließ sich erschöpft neben Nicholas auf den Boden fallen.
Sie hatte seine Augenlider nacheinander einzeln hochgezogen, dann schüttelte sie den Kopf:
"Es hat keinen Sinn mehr!", sagte sie und blickte mich hilflos an.
"Er lebt nicht mehr." Ich warf mich auf Nicholas. Ich hatte keine Tränen, denn die Anspannung, die ich in mir fühlte, war noch so stark, dass ich ihn nur stumm umklammern konnte. Sein Gesicht war eiskalt und sein Körper
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