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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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können. Jetzt war er klein, braun und unheimlich schnell. Die spiegelartigen Flächen, die oberhalb seiner Wangenknochen anfingen und sich bis in seine Augenbrauen erstreckten, waren wie eine festgewachsene Sonnenbrille. Er war direkt neben mir, noch bevor ich ihn bemerkte, aber wieder einmal rettete mich mein Instinkt – mit dem Messerknauf in den Fingern schnellte meine Hand wie von selbst vorwärts und zerquetschte ihm seine Luftröhre.
    Die Kerle erwarten immer, dass man ihnen in die Eier tritt. Nie rechnen sie mit einem Faustschlag an den Hals. Und ganz egal, wie gut du bist, wenn du nicht mehr atmen kannst, bist du innerhalb von Sekunden kampfunfähig.
    Nur um auf Nummer sicher zu gehen, rammte ich ihm außerdem das Messer in die Rippen, weit oben auf der linken Brustseite – und ich stieß mit einer ordentlichen Portion höllischer Kraft zu, um zum Herzbeutel vorzudringen. Mit ein bisschen Glück hatte ich getroffen.
    Shen stürzte heulend auf den Boden, und ich erhaschte einen Blick unter ihren Kimono. Hätte ich in letzter Zeit etwas gegessen, hätte ich jetzt alles wieder herausgewürgt, aber das Tier in mir war zu beschäftigt damit, überleben zu wollen. Mit einem Hopser brachte ich mich seitlich außer Reichweite der zuckenden Beine des Traders, meine stahlbesetzten Absätze verursachten einen rechten Lärm.
    Wieder dröhnten Schüsse durch den Raum, und der dritte Trader – ein stämmiger Dreckskerl in einer Motorrad-Lederkluft und mit spitz zulaufenden Ohren – brach zusammen, als ein fein säuberliches Loch in seiner Stirn auftauchte, während die Rückseite seines Kopfes verdampfte.
    Irene wusste, wie man zielte.
    Dann wollen wir mal hoffen, dass ich nicht ihr nächstes Ziel bin, was?
    Ich kam auf, rollte mich ab und trat dem letzten Trader gegen die Knie. Er stürzte, und ich verpasste ihm ein paar Messerstiche, um ihn ruhigzustellen.
    Schwer schnaufend blieb ich eineinhalb Sekunden zu lange liegen, und plötzlich weigerte sich mein Körper, mir weiter zu gehorchen. Jetzt mach mal halblang, Miststück, beschwerten sich meine Muskeln. Uns reicht’s, du hast uns lange genug gequält. Wir treten in den Streik!
    Der Körper wird dem Willen gehorchen, ja. Das hab ich in meinem ersten Lehrjahr gelernt. Aber manchmal ist ein williger Geist nicht genug, um den Körper vom Boden hochzustemmen, wenn man das Fleisch schon zu Kunststücken jenseits von Gut und Böse getrieben hat. Auch ein Berserker wird irgendwann müde.
    Plötzlich landete Shen mit peitschenden Tentakeln auf mir, von ihrer rechten Wange tropfte dicker schwarzer Schlick. Wie plumpe, behaarte Finger tasteten sich die biegsamen Stränge vor und gruben sich hart in meine Haut, krallten sich mit winzigen bösartigen Saugnäpfen fest, von denen jeder mit scharfen knorpeligen Auswölbungen versehen war, die mich stark an Zähne erinnerten. Da haben wir wohl dem Schicksal unter den Rock gesehen, was?, keifte die fröhliche Stimme des drohenden Untergangs in meinem Kopf. Und jetzt wirst du dafür zahlen, Jill. Und zwar teuer.
    Schmale kräftige Finger, die aussahen wie die eines Menschen, legten sich um meinen Hals, und wenn meine Halswirbelsäule nicht höllisch verstärkt gewesen wäre, wäre sie einfach gebrochen. Ich zog das Knie an und rammte es in die fleischige Wärme, die unter dem Kimono saß – und fand reichlich wenig Widerstand, wie etwa von Knochen. Tentakel schlangen sich um meine aufgescheuerten Handgelenke, und Shen hauchte mir widerlich süßen Fäulnisgestank ins Gesicht. Sie drückte nun fester zu, schwarzes Dämonenblut troff von ihrem spitzen Kinn und klatschte mir auf die Wangen.
    Ich spuckte aus, trotzig bis zum Letzten, und stemmte mich gegen sie. Keine Chance! Sie übte zu großen Druck auf mich aus. Gottverflucht! Beim Judo lernt man nun einmal nicht, wie man Tentakel abwehrt!
    Wieder fiel ein Schuss.
    Die bislang unverletzte Hälfte von Shens Gesicht löste sich auf. Patronen, gefüllt mit Silberkörnern, können diesen Effekt haben. Schwarzer Schlick spritzte mir ins Gesicht, stinkend und bereits verwesend.
    Die Fangarme zuckten und krampften. Noch einmal schlug sie die Hände in mich, aber ich konnte mich herauswinden. Meine eigenen Finger rissen die von Shen fort, und ich rang hastig und röchelnd nach Atem.
    Irene schluchzte. Der Trader, dessen Kehlkopf ich zerquetscht hatte, war gerade am Ersticken und trat wild auf dem Boden um sich. Aus seiner Brust ragte ein Messergriff. Und noch jemand lag in den letzten

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