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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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geklammert, während es sich mit den Krallen in meinem Brustkorb verfangen hatte. Noch war die Metamorphose nicht abgeschlossen. Das Virus hatte die Knochen der Kreatur noch nicht in biegsame Knorpel verwandelt oder ihr die dicke Schleimschicht verpasst, die Scurf so schlüpfrig macht. Aber ihre Augen waren bereits leere, farblose Kugeln ohne Iris oder Pupille – die Viecher müssen nicht sehen. Und obwohl sie erst frisch infiziert und ihre Fressinstinkte noch nicht voll ausgebildet waren, war sie kräftig und verzweifelt.
    Wenn sie sich das erste Mal verwandeln, sind sie sogar noch launenhafter als sonst. Geifernd schnappte das Wesen nach mir, wobei seine Zähne mit einem Laut aufeinandertrafen, der an zusammenprallende Billardkugeln erinnerte. Widerlicher, fauliger Schaum spritzte mir auf die Hand, verätzte mir die Haut und brannte Löcher in meinen Lederärmel. Ich schrie auf, wild vor elendem Ekel, während wir hinaus auf die Hauptstraße torkelten – und in flutendes Morgenlicht hinein.
    Der Scurf fing an zu kreischen, während sein Gesicht sich zu verflüssigen schien, die blinden Augäpfel platzten und Schlieren von glitzerndem Gel seine hageren Wangen hinabrannen. Feiner, saurer Rauch stob auf, und eine Art von Puder erhob sich in die Luft, als das Wesen, das einmal Michael Spilham gewesen war, wie am Spieß brüllend in sich zusammenfiel. Der Geruch war grauenhaft, eine hübsche Mischung aus verbranntem Kandis, Süße und Schlechtigkeit – übrigens auch der Grund, warum den meisten Jägern von Zuckerwatte und Karamell schlecht wird.
    Ein letztes Mal schrie das Ding auf, und Gischt fiel in fetten Tropfen zu Boden, der prompt bei Berührung zu qualmen anfing. Es kostete mich jedes Quäntchen Höllenkraft, das ich aufbringen konnte, das Vieh auf den Gehsteig zu pressen -auch dann noch, als sein Fleisch zu flüssiger Knetmasse wurde, stinkend und rauchend.
    Ich drückte es nieder, mit aller Kraft, und hörte trotz seiner Schreie den Verkehrslärm in der Ferne und das Rauschen des Windes in den Bäumen des Parks.
    Herr, nimm dich dieser Seele an. Ich konnte mir nicht verkneifen, dem Gebet meine persönliche Note aufzudrücken - und mach bitte schnell, wenn’s geht.
    Die Gurgel der Kreatur zerfiel zu miefendem Glibber, der Wind wirbelte Staub empor, der im Sonnenlicht glitzerte. Ein heftiger Husten schüttelte mich, während ich darum kämpfte, dass mir die noch immer zuckende Masse von halbflüssigem Schlick nicht entkam. Sorg dafür, dass es in der Sonne bleibt! Gott, Jill, es muss in der Sonne bleiben – bei allen Heiligen, lass jetzt bloß nicht los …!!!
    Die Kreatur wehrte sich, wand sich beinahe aus meinem Griff. Wenn der Kerl mir jetzt durch die Finger flutschte, würde er zurück in die Gasse krabbeln, und ich müsste mich noch einmal mit ihm anlegen. Und je länger der Kampf, desto höher die Wahrscheinlichkeit, gebissen zu werden.
    Doch endlich starb der Scurf, der früher Michael Spilham gewesen war, einen echten, endgültigen Tod, und ich schickte ein geflüstertes Gebet zum Himmel, das ein halbes Schluchzen war. Noch mal Glück gehabt.
    Erst jetzt bemerkte ich die blutenden Wunden, die seine Klauen in mein Fleisch gerissen hatten. Die klaffenden Furchen wurden immer tiefer, während sich die Säure des pulverigen Schleims verausgabte. Die Amulette in meinem Haar versprühten blaue Funken, und die Narbe an meinem Handgelenk pochte. Der tote Körper sackte in sich zusammen, zerfiel blubbernd zu Staub, und ich riss mir die Handflächen auf dem Asphalt auf, als ich schleunigst von diesem Schmierfleck forthechtete. Du Kind der Fortuna! Das war knapp.
    „Oh Gott“, flüsterte ich, griff nach einer Pistole, zog sie aus dem Holster und richtete sie auf die Lache am Boden.
    Es gibt nämlich ein Problem mit den verfluchten Viechern. Manchmal bleiben Scurf einfach nicht tot.
    Mein Herz tat einen riesigen Sprung und fing an zu schlottern. Ich hustete, schmeckte Blut und Adrenalin, zwischen meinen Rippen schien Feuer zu wüten, als die zischende Säure sich weiter brodelnd durch mein Fleisch fraß. Auch am Oberschenkel prangten Krallenabdrücke, außerdem hatte es mich am Rücken erwischt. Heißes Blut tropfte mir von der Wange. Um ein Haar hätte es mir das Auge ausgekratzt.
    Herr im Himmel, was bin ich doch für ein Glückspilz. Die Narbe fing an, unter dem Lederarmband immer heftiger zu pulsieren, und der übernatürliche Heilungsprozess setzte ein. Endlich hörte das brennende Brodeln auf, als das

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