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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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leid.“ Der Wer beugte sich über mich, ein Hüne, der Sicherheit ausstrahlte. Er roch nicht genau wie Saul, aber es war mir trotzdem ein Trost. „Musste dich von der Straße holen und hab ein bisschen fest gezogen.“
    Diese Schulter ist nicht das erste Mal aus ihrem Gelenk gesprungen. Wenigstens lebe ich noch. „Danke.“ Meine Stimme klang dünn. Einen Moment lang verlor ich das Bewusstsein, ein warmer Strahl auf meinem Gesicht erinnerte mich daran, dass das Tageslicht langsam schwächer wurde, und eben hatte jemand versucht, mich zu töten.
    Mitten am Tag. Mit einem Sturmgewehr. Ganz ohne Zauberei oder Zähne. Ganz so, wie ein Mensch jemanden ermorden würde.
    Warum?

9
     
     
    Ich legte den Gang ein, ließ die Kupplung los, und der Impala reagierte sofort, indem er vorwärtspreschte. Theron klammerte sich am Armaturenbrett fest. Getrocknetes Blut knisterte in meinem Haar, und ich rammte brutal den dritten Gang rein, gab Gas, kuppelte erneut, schaltete in den vierten und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
    „Himmel!“, brüllte Theron über das Brausen des Windes hinweg.
    Männer. Sie mögen meinen Fahrstil nicht. Andererseits mag niemand meinen Fahrstil. Ich war noch in keinen einzigen Unfall verwickelt – dank simpler Hellseherei –, und die Cops kennen mein Auto alle gut genug, um mir nicht auf die Nerven zu fallen, wenn ich die Gesetze von Physik und Verkehr ein wenig übertrete, um von A nach B zu kommen.
    Sie wollen gar nicht wissen, warum ich es eilig habe. Oder wohin ich so schnell kommen möchte.
    Mit quietschenden Reifen nahm ich eine Kurve, als würden wir auf Schienen fahren, und ich dachte darüber nach, wer mir ans Leben wollte. In einem blauen Buick und mit normaler Munition – die noch nicht mal aus Silber war.
    Noch nicht mal Silber. Jeder, der es mit einer von der Hölle verseuchten Jägerin aufnehmen will, bring zumindest Silberkugeln mit. Auch die würden mich zwar nicht töten, aber immerhin würde es bedeuten, dass dieser Jemand weiß, worauf er sich einlässt – dass es länger dauert, von Silber verursachte Wunden zu heilen und dass es außerdem beschissen wehtut. Oder will mich hier jemand aufs Glatteis führen? Ich stieg auf die Bremsen, als vor mir eine verkehrsreiche Kreuzung auftauchte, über der eine rote Ampel prangte. Ich wägte Wahrscheinlichkeit und meine hellseherischen Eingebungen ab, spürte das vertraute Kitzeln, das bedeutete okay, LOS JETZT, und gab wieder Gas.
    Der Impala donnerte über die Kreuzung, kurz bevor die Ampel grün zeigte, wich einem roten Chevrolet aus, als ich das Steuer herumriss, und schoss wie ein geölter Blitz durch den anrollenden Verkehr.
    Und wer würde mich ausgerechnet vor Galinas Haustür killen wollen? Jemand, der mit der Bewahrerin und mir ein Hühnchen zu rupfen hatte? Jemand, der ein Zeichen setzen wollte, oder jemand, der wusste, dass ich den Anschlag überleben würde?
    Oder vielleicht nur jemand, der wusste, dass man mich früher oder später auf jeden Fall bei Galina antreffen würde? Damit wären so ziemlich alle Angehörigen der Schattenseite und ein paar normale Typen im Rennen.
    Wir kamen sogar einige Minuten früher als erwartet in der East Side an. Mein Verkehrs-Karma war noch immer unschlagbar. Während ich mich abschnallte, befreite Theron seine Finger aus dem Armaturenbrett. Ich hörte Blut knistern, das auf meiner Haut trocknete, und mir wurde etwas flau.
    „Geht’s dir gut?“ Theron ließ die Knöchel knacken und streckte sich.
    „Mir ging’s noch nie besser“, log ich. „Erschossen zu werden geht mir nur einfach tierisch auf die Nerven, Fellknäuel. Zu gerne würde ich das jetzt an einem ganzen Nest von Scurf auslassen.“
    „Jetzt beruhige dich erst mal.“ Auf diesen harmlosen Kommentar beschränkte er sich fürs Erste, und der finstere Blick, den ich ihm zuwarf, fegte auf der Stelle jede Besorgnis aus seinem hageren, dunklen Gesicht.
    Das Offensichtliche würdigte ich keiner Antwort. In einem Nest gibt es nichts Schlimmeres, als wütend zu sein. Wut ist zwar ein guter Antrieb – aber sie trübt dein Urteilsvermögen, und als Jäger kann man das nicht riskieren. Keinen klaren Kopf zu bewahren, ist nur einen Schritt davon entfernt, den Arsch aufgerissen zu kriegen.
    Und davon hatte ich heute schon genug gehabt, auf mehr konnte ich dankend verzichten.
    Ein weiterer Gedanke dämmerte mir, der schlimm genug war, dass sich mir erneut die Haare sträubten.
    Man hat mir ins Herz geschossen. Ich hab’s genau

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