Blutige Vergeltung
anderen Ende des Parkplatzes ums Überleben kämpfte, warf scheckige Schatten auf das Auto – noch ein Grund, warum er diesen Platz gewählt hatte.
Ich wartete.
Der nächste Schichtwechsel erfüllte den Parkplatz mit Trubel, Gesprächsfetzen, zuschlagenden Autotüren und aufheulenden Motoren. Meine Beute öffnete die Fahrerseite und stieg ein, seine altersschwache Aktentasche schob er vorsichtig rüber auf den Beifahrersitz. Ich wartete, bis er sich angeschnallt hatte und mit einem kleinen Seufzer nach der Flasche griff, die unter Zeitungspapier im Fußraum des Beifahrers versteckt war.
Ich setzte mich auf, dankbar für die fließenden Schatten. Dann hielt ich Montaigne den Mund zu und piekte ihn mit der Pistole in die Rippen. „Fahr los. Nimm den üblichen Weg nach Hause.“
Das mit der Knarre tat mir leid. Aber ich musste auf Nummer sicher gehen. Völlig sicher.
Er riss die Augen auf, die riesengroß wurden. Aber er erhob keinen Einwand – drehte nur den Zündschlüssel, schmiss den Chevy an und fuhr über den leeren Stellplatz vor seinem Wagen, bog rechts ab und glitt durch die orangefarbenen Lichtkegel der Laternen, die erfolglos versuchten, den Parkplatz gegen die aufziehende Dämmerung zu verteidigen. Als ich mir sicher war, dass er nicht schreien würde, nahm ich die Hand von seinem Stoppelkinn.
Monty schwieg, aber in seinem Nacken bildete sich Schweiß. Seine Krawatte saß locker, und die Anzugjacke war verknittert. Er kaute noch immer auf einer Handvoll Tabletten gegen sein Sodbrennen herum, was dem schweren Hauch von Männlichkeit einen kreideartigen Beigeschmack verlieh – nicht annähernd so rein und moschusartig wie der Geruch eines Werwesens.
Wir fuhren in die Balanciaga Avenue, und Monty steuerte das Wohngebiet an. Noch immer stellte er keine Fragen.
Da beschloss ich, dass es an der Zeit war. „Jemand versucht, mich umzubringen, Monty. Keiner von der Schattenseite, sondern jemand, der nicht weiß, dass man mich nur mit speziellen Kugeln und einer ordentlichen Portion Glück umlegen kann. In den Vororten hat man regelrecht versucht, mich hinzurichten. Und erst heute hat eine ganze Bande von Gangstern Anstoß an mir genommen und angefangen, über Cops zu reden, die einen Nachweis dafür wollen, dass man mein süßes kleines Hinterteil ins Jenseits befördert hat.“ Ich senkte die Waffe noch immer nicht. „Magst du mir verraten, warum du so scharf darauf warst, dass ich mich um Marvs Tod kümmere?“
„Herrgott!“ Er schwitzte noch immer, und es roch sauer. „Nimm das Ding weg, Jill.“
Ich wünschte, das könnte ich, Monty. „Keine Chance, noch nicht.“ Ich hielt inne, als seine Augen zum Rückspiegel hochwanderten und dann sehnsuchtsvoll zum Beifahrersitz lugten. „Bourbon am Steuer, Montaigne? Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?“ Leder knarzte, als ich mein Gewicht verlagerte. Er hielt sich brav an die Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Als Autofahrer auf dem Heimweg von der Arbeit zu trinken ist ein GANZ SCHLECHTES Zeichen.
Der erste Punkt ging an ihn – er klang nüchtern und sachlich. „Das liegt am Stress, den ich deinetwegen habe, verflucht noch mal. Die Meldung kam rein, dass dein Auto im beschissenen Barrio in die Luft gejagt wurde. Es heißt, du seist tot. Alle haben sie das Nervenflattern.“
„Nun ja, soweit es das Polizeidezernat von Santa Luz betrifft, bleibe ich auch tot. Du wirst keinem erzählen, dass du mich gesehen hast. Aber bevor ich untertauche, um den Übeltäter aufzuscheuchen, wirst du mir reinen Wein einschenken, Monty.“ Ich holte tief Luft. „Du weißt, dass Kutchner Dreck am Stecken hatte.“
Auf Montys Hals bildete sich noch mehr Schweiß. Er lehnte sich vor – ganz langsam – und knipste einen Schalter an. Heißer Wind kam ins Wageninnere geblasen – der Motor lief noch nicht lange genug, damit die Klimaanlage etwas ausrichten konnte. „Ich hatte ein schlechtes Gefühl bei ihm. Aber ich habe nur etwas vermutet, ich wusste nicht, was los war. Herrgott noch mal, er war mein Partner]“
Das nehme ich dir nicht ah, Montaigne. Du hattest mehr als nur Vermutungen. Hältst du mich etwa für blöd? „Seine Witwe ist tot, und Winchell auch. Ebenso wie Pedro Ayala. Wie viele Polizisten haben noch dran glauben müssen, Monty? Sollte ich so enden wie sie?“
„Ayala? Willst du mich verarschen?“ Monty klang baff. Aber noch immer rann ihm der Schweiß über die Stirn.
Andererseits war es im Wagen höllisch heiß. Welche Verdachtsmomente hatte ich
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