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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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sagen, dass wir zwei nicht unbedingt auf gutem Fuß standen. Ich war mir damals sicher gewesen, dass sie bis zum Hals in der Sache mit drinsteckte, aber ich hatte ihr nicht das Geringste nachweisen können. Nicht mal zu meiner eigenen Zufriedenheit hatte ich es beweisen können.
    Wenn es um sie ging, konnte ich generell reichlich wenig beweisen. Was bedeutete, dass ich sie auch nicht mit ruhigem Gewissen töten konnte. Oder auch nur mit einem annähernd ruhigen Gewissen – was in meiner Branche an manchen Tagen alles ist, was man verlangen kann.
    „Hi, Leon“, sagte ich. „Schön, dich zu sehen.“
    „Dein Geschmack, was Restaurants betrifft, ist echt scheiße, Süße“, nuschelte Leon Budge breit. „Lass uns irgendwo hingehen, wo es zivilisiert zugeht und ich mir einen verfluchten Drink gönnen kann, was meinst du?“
    Shen preschte vorwärts, und ich hörte ein vertrautes Schnarren. Leon hatte den Bolzen an seinem Gewehr gespannt. „Aber, aber, Püppchen, lass das besser. Ich und meine Rosita, wir werden immer so nervös, wenn ein Schlitzauge wie du zapplig wird.“
    Himmel, Leon, musst du unbedingt als billiger Abklatsch eines Rassisten auftreten? Ich trat zwei Schritte von dem Tisch weg. Das Helletöng schwoll an, ‚ein Geräusch wie von abrutschender Haut, wenn die Finger eines Ertrinkenden übereinanderreiben, wie von Fliegen aus Chrom, die über Flaschen mit einem Schuss Chlor surren. Als sie ihre Muttersprache hörte, schickte meine Narbe einen nassen Stromschlag durch meinen Arm.
    Noch zwei Schritte. Mit einem raschen Blick stellte ich sicher, dass ich Leon nicht das Schussfeld verstellte.
    Er trug seinen heruntergekommenen Ledermantel, graubraun statt schwarz. Auf seinem Kopf thronte ein Wuschelschopf aus unordentlichen braunen Locken, in die er mit schwarzem kräftigem, gewachstem Seidenfaden Talismane aus Kupfer gebunden hatte. Eine leichte Brise brachte sie leise zum Klimpern. Er stand inmitten der rauchenden, zertrümmerten Flügeltüren. Das Gewehr hielt er ganz lässig. Man hätte nicht vermutet, dass er damit, dank der kleinen Änderungen, die er daran vorgenommen hatte, eine Höllenbrut in zwei Hälften schießen konnte.
    Er hatte ein pausbackiges Engelsgesicht, breite Schultern, eine Figur, die er dank des andauernden Jägertrainings gut in Form hielt – und trotzdem schaffte er es, dicklich zu wirken. Leon sah aus wie ein Nachrichtensprecher, gefangen im Aufzug eines Grufties – wozu auch die tiefdunklen Ringe um beide haselnussbraunen Augen beitrugen, die so schwarz waren, dass der zusätzliche Eyeliner gar nicht nötig gewesen wäre, und die scheppernde Masse an Amuletten, die an Kordeln, Lederriemen und dünnen Kupferketten um seinen Hals baumelten. Vier schlichte Silberringe saßen an seiner linken Hand, alle spuckten blaue Funken, antworteten dem Silber in meinem Haar. Einer davon war sein Lehrlingsring, den sein Meister ihm gegeben hatte.
    Unter seinem dunklen Stoppelbart trug Leon ein breites Grinsen und zeigte weiße Zähne. „Soll ich sie übern Haufen schießen, Kiss?“
    Nenn mich nicht so, verflucht! „Nur, wenn sie eine falsche Bewegung macht.“ Ich kehrte Shen An Dua und ihren versammelten Stiefelleckern und Kunden den Rücken zu und ließ die Pistolen in ihren Holstern verschwinden. „Oder falls du ihre Frisur nicht magst, mir egal.“
    „Die ist allerdings ’ne Sache für sich.“ Sein gut gelaunter, nachdenklicher Tonfall änderte sich keine Sekunde lang, und er blinzelte auch nicht. In den Lederriemen, die quer über seiner Brust saßen, steckten kleine silberbeschlagene Wurfmesser, jedes einzelne scharf genug, um einen Finger abzutrennen.
    Oder um direkt durch das Auge einer Höllenbrut zu gleiten und das Hirn dahinter mit geweihtem Metall zu durchbohren.
    „Naja, die Friseurin war Amateur.“ Ich zuckte mit den Schultern, doch meine Knie drohten mit jedem geraden schlurfenden Schritt nachzugeben.
    Faustregel, wenn man es mit den mordlustigen Abgesandten der Hölle zu tun bekommt: Zeige auf keinen Fall Schwäche. Das geilt sie nur auf.
    „Sie haben sich meinen Hass zugezogen.“ Nun flüsterte Shen wieder. „Hölle und Erde sind meine Zeugen, Jägerin: Sie werden hierfür büßen!“
    Klar, auf die eine oder andere Art bestimmt. Sicher doch. „Das hast du schon erwähnt, hochverehrte Shen An Dua. Lass dir ’nen neuen Spruch einfallen.“ Ich hätte ja ein Gähnen vorgetäuscht, aber meine Hände zitterten zu sehr, weil es mich danach juckte, die Knarren

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